Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
Vom Netzwerk:
hätte.
    Freier
. Ich glaubte das auch, und würde gern mein halbes Vermögen darum geben, daß wir miteinander noch auf demselben Fuße stehen sollten.
    Doctor
. Die Unmäßigkeit ihrer Augen hat das Gleichgewicht ihrer übrigen Sinne gestört. Diese können sich ermannen und ihre regelmäßigen Functionen wieder aufnehmen, doch vor der Hand sind sie in der größten Verwirrung. Was Ihr zu thun habt, ist Folgendes: Haltet sie in einem Zimmer, in welches nur wenig Tageslicht hineinscheint. Ihr, junger Freund, nehmt den Namen Palämon an und sagt, Ihr kämet zu ihr, um mit ihr zu essen und in Liebe zu verkehren. Das wird ihre Aufmerksamkeit erregen und ihren Geist auf einen bestimmten Punkt festhalten, während sonst alle andern Gegenstände, die zwischen ihr Auge und ihr Begriffsvermögen treten, zum Spielball ihrer Tollheit werden. Singt ihr solche Lenz- und Liebeslieder vor, wie sie von Palämon im Gefängniß gehört hat, steckt Euch schöne Blumen ins Knopfloch, wie die Jahreszeit gerade bietet, und benetzt dieselben außerdem noch mit wohlriechenden Essenzen, die den Sinnen schmeicheln. Alles das wird sie an Palämon erinnern, denn Palämon versteht zu singen, ist immer sanft und freundlich und stets guter Dinge. Besteht darauf, mit ihr zu essen, schneidet ihr vor, trinkt ihr zu und thut überhaupt Euer Bestes, ihre Liebe und Zuneigung zu gewinnen. Erkundigt Euch, wer von den jungen Mädchen ihre Spielgenossinnen gewesen sind, und sorgt dafür, daß dieselben den Namen Palämon immer im Munde führen und häufige Anspielungen auf ihn machen. Der Zustand, in welchem sie sich befindet, ist ein unwahrer und deshalb muß er auch mit Unwahrheiten bekämpft werden. – Auf diese Weise, hoffe ich, wird sie dahin gebracht werden, wieder zu essen und zu schlafen, wodurch alles, was bei ihr jetzt in Unordnung gerathen ist, wieder in die frühere Ordnung zurückkehrt. Das habe ich schon oft bewährt gefunden, öfter, als ich es Euch sagen kann, und daß dies auch hier der Fall sein wird, davon bin ich fest überzeugt. Im weitern Verlaufe der Cur steht Euch meine ärztliche Hülfe natürlich immer zu Diensten. Beginnt nur nun damit und beschleunigt auf diese Weise den Erfolg, der Euch Trost und Erleichterung bringen möge.
    (Alle ab.)
    (Der Vorhang fällt.)
    ¶

FÜNFTER AUFZUG
Erste Szene
    (Athen. Man sieht drei Altäre mit den Inschriften: Mars, Venus und Diana.)
    Theseus, Hippolyta und Pirithous nebst Gefolge treten auf. Trompetenstöße.
    Theseus
.
    Sie mögen nun sich nah’n und zu den Göttern
    In frommer Andacht flehen. Laßt die Tempel
    Von heil’gen Feuern flammen und empor
    Von den Altären reichen Weihrauch steigen
    Zu jenen über uns. Versäumet nichts,
    Denn edel ist das Werk, zu dem sie schreiten,
    Und ehren soll’s die gnadenreichen Götter!
    Pirithous
.
    Sie nahen, Herr!
    (Arcites und Palämon, ein jeder mit seinen drei Rittern, treten auf).
    Theseus
.
    Ihr blutsverwandten Fürsten,
    Unausgesöhnte Feinde, die ihr kamt,
    Den Hader zwischen euch heut auszutragen,
    Vergeßt in dieser Stunde euren Zorn
    Und beugt in Demuth eure trotz’gen Leiber
    Vor eurer Helfer heiligen Altären,
    Der Götter, die ihr fürchtet. Euer Groll
    Ist mehr als menschlich, so sei euer Beistand!
    Die Götter schaun auf euch; drum kämpfet ehrlich!
    Ich wünsche Glück dem einen wie dem andern.
    Pirithous
.
    Dem Würdigsten von euch der Ehre Kranz!
    (Theseus, Hippolyta, Pirithous und Gefolge ab.)
    Palämon
.
    Eh’ jetzt der Sand im Stundenglas verronnen,
    Ist einer von uns todt. Bedenk’ nur dies:
    Wär’ etwas in mir, das in dieser Sache
    Mich hindern wollt’, etwa ein Aug’ das andre,
    Ein Arm den andern, von mir würf’ ich es,
    Ob’s schon ein Theil von mir, – das thät’ ich, Vetter!
    Daran erkenn’, ob ich dich schonen kann.
    Arcites
.
    Mir kostet’s Müh’ und Arbeit, deinen Namen,
    Unsre Verwandtschaft, deine alte Liebe
    Aus meinem Angedenken zu verbannen
    Und etwas andres dafür hinzustellen,
    Das ich vernichten möcht’. Doch laß uns nun
    Die Segel hissen, welche unsre Schiffe
    Zu jenen Häfen tragen, die die Götter
    Bestimmt uns haben.
    Palämon
.
    Das war wohlgesprochen!
    Bevor ich geh’, laß dich umarmen, Vetter,
    Noch einmal – nie dann wider!
    (Sie umarmen sich.)
    Arcites
.
    Lebe wohl!
    Palämon
.
    Das Schicksal will es, lebe wohl!
    Arcites
.
    Leb’ wohl!
    (Palämon mit seinen drei Rittern ab.)
    Arcites
.
    Ihr, edle, Ritter, Freunde, Anverwandte,
    Die ihr bereit seid, euch für mich zu

Weitere Kostenlose Bücher