Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
Vom Netzwerk:
Farben seiner Herzensdame.
    Von Alter mag er fünfunddreißig sein,
    Und in den Händen hält er eine Lanze
    Mit Silber eingelegt.
    Theseus
.
    Sind all’ ihm ähnlich?
    Pirithous
.
    Sie alle sind der Ehre wahre Söhne.
    Theseus
.
    O, kaum erwarten kann ich ihren Anblick!
    Nun Liebste, sollst du sehn, wie Männer fechten.
    Hippolyta
.
    Gern säh’ ich es, wär’ es um andres nur,
    Zum Beispiel um zwei mächt’ge Königreiche.
    O, daß doch Liebe so tyrannisch ist!
    Was meinst du, liebe Schwester, zarte Seele?
    Nein, weine nicht, eh’ sie noch Blut geweint.
    Es muß ja sein!
    Theseus
.
    Mit deiner Schönheit stählest
    Du sie! Pirithous, dir überlass’ ich
    Das Kampffeld, ordne alles so dort an,
    Wie es sich ziemt für die, die kämpfen werden.
    Pirithous
.
    Seid überzeugt –
    Theseus
.
    Und nun, schnell auf den Weg,
    Mich duldet’s länger nicht, bis ich sie sehe.
    Mach’s fürstlich, Freund!
    Pirithous
.
    Es soll gewiß nichts fehlen.
    Emilia
.
    Du aber weine! Denn wer auch gewinnt,
    Den Vetter tödtet er! – Ich armes Kind!
    ¶

Dritte Szene
    (Athen; ein Zimmer im Gefängniß).
    (Kerkermeister, Doctor und Freier treten auf.)
    Doctor
. Nicht wahr, wenn der Mond scheint, so pflegt es immer schlimmer mit ihr zu gehen?
    Kerkermeister
. Sie ist immerfort nicht bei Sinnen; aber auf eine harmlose Weise, schläft wenig, ißt fast gar nichts, trinkt viel und spricht nur immer von einer andern, bessern Welt. Was ihr auch durch den Kopf geht, in alles mischt sie den Namen Palämon ein. Seht, da kommt sie. Beobachtet sie genau.
    (Die Tochter tritt auf.)
    Tochter
. Ich hab’ es ganz vergessen. Der Refrain war »Ducke dich, ducke dich«, und kein Schlechterer hat es gemacht, als Gerrold, Emiliens Schulmeister. Er ist ein solcher Phantast, wie es keinen zweiten mehr auf Erden gibt; in der andern Welt aber wird Dido den Palämon zu sehen bekommen, und dann ist es mit der Liebe zu Aeneas aus.
    Doctor
. Was sie für Unsinn redet. Armes Mädchen!
    Kerkermeister
. So geht es den ganzen Tag.
    Tochter
. Was den Zauber anbetrifft, von dem ich Euch sagte, so müßt Ihr Euch ein Silberstück auf die Zungenspitze legen, sonst geht es nicht. Wenn wir dann zu den seligen Geistern kommen – und warum sollte das nicht geschehen? – so werden wir Mädchen, die ihre Herzen verloren haben, weil die Liebe sie in Stücke brach, den ganzen Tag über nichts weiter thun, als mit Proserpina Blumen pflücken, dann werd’ ich einen Strauß binden für Palämon und werde dann – merkt auf – werde –
    Doctor
. Wie lieblich sie in ihrem Wahnsinn ist! Laßt sie mich noch etwas länger beobachten.
    Tochter
. Ihr könnt mir’s glauben, manchmal gehen wir auch zum Erntetanz, das heißt, wir Seligen. Ach, die an dem andern Ort da führen ein trauriges Leben; nichts als Brennen, Braten, Sieden, Heulen, Zähnklappern und Fluchen. Hu, hu! Sie leiden schreckliche Qualen. Nehmt euch in Acht! Ist einer toll oder erhängt oder ersäuft sich, so kommt er dahin. Zeus bewahre uns davor. Da steckt man uns in große bleierne Kessel mit Wuchererschmalz, zusammen mit tausend Beutelschneidern und kocht uns darin wie Schinken, ewig, ewig!
    Doctor
. Was das für Phantasien sind!
    Tochter
. Vornehme Herren und Hofleute, die Mädchen geschwängert haben, sind auch da drin: dort müssen sie bis zum Nabel im Feuer und bis zum Herzen in Eis stehen. Womit sie gesündigt haben, das brennt, und womit sie betrogen haben, das friert. Doch eine harte Strafe für solch eine Kleinigkeit. Mancher würde lieber eine aussätzige Hexe heirathen, um nur davon loszukommen, das könnt ihr mir glauben.
    Doctor
. Sie hält immer ein und dasselbe fest. Ausgesprochene Tollheit ist das nicht, aber eine schwere Melancholie.
    Tochter
. Horch! Da heulen eine vornehme Dame und ein stolzes Kaufmannsweib miteinander. Ein Vieh wär’ ich, wenn ich daran Vergnügen fände. – Die eine schreit: »O, dieser Rauch«; die andre: »O, dieses Feuer«. Die eine jammert: »Ach, daß ich es hinter dem Vorhang that«, und heult dann; die andere verflucht den drängenden Bewerber und das Gartenhaus. (Singt.) »Mein Glück, mein Stern, dir bleib’ ich treu!« (Ab.)
    Doctor
. Ich meine, ihr Geist ist zerrüttet, und da kann ich wohl nicht helfen.
    Kerkermeister
. Ach, was soll dann werden?!
    Doctor
. Habt Ihr einen Begriff davon, ob sie je einem gut war, bevor sie Palämon erblickte?
    Kerkermeister
. Vordem hoffte ich stark, daß sie ihre Neigung diesem meinem jungen Freunde hier geschenkt

Weitere Kostenlose Bücher