Sämtliche Dramen
Gattin ins Gesicht mir schleudern,
Die sünd’ge Haut mir reißen von der Stirn,
Den Trauring abhaun von der falschen Hand
Und ihn zerbrechen mit der Trennung Fluch; –
Ich weiß, du kannst; und darum tu’ es auch!
Des Eh’bruchs Makel trag’ ich schon an mir,
Mein Blut ist angesteckt von sünd’ger Lust;
Denn sind wir zwei wie eins, und du bist falsch,
So wohnt das Gift in meinen Adern auch:
Von dir berührt, werd’ ich zur Buhlerin.
Drum halt’ den Bund! Dem echten Bett sei treu;
Dann leb’ ich rein, und du von Schande frei.
Antipholus
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Gilt mir das, schöne Frau? Ich kenn’ Euch nicht;
Ich bin zwei Stunden erst in Ephesus
Und Eurer Stadt so fremd als Eurer Rede;
Denn wie mein Witz die Worte prüf’ und wende,
Mir fehlt’s an Witz, der nur ein Wort verstände.
Luciana
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Pfui, Bruder! Kann die Welt sich so verändern?
Wenn spracht Ihr je mit meiner Schwester so?
Sie ließ durch Dromio Euch zum Essen rufen.
Antipholus
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Durch Dromio?
Dromio von Syrakus
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Durch mich?
Adriana
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Durch dich; und diese Antwort bracht’st du mir:
Er habe dich gezaust und unter Schlägen
Mein Haus als seins, mich als sein Weib verleugnet.
Antipholus
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Sprachst du vorhin mit dieser Dame schon?
Was wollt ihr? Wohin zielt die Heimlichkeit?
Dromio von Syrakus
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Ich, Herr? Ich sah sie nie, bis eben jetzt.
Antipholus
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Schurke, du lügst; denn eben diese Worte
Hast du mir richtig auf dem Markt bestellt.
Dromio von Syrakus
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Ich sprach in meinem Leben nicht mit ihr!
Antipholus
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Wie könnte sie uns dann bei Namen nennen,
Wenn es durch Offenbarung nicht geschah?
Adriana
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Wie schlecht mit deiner Würde sich’s verträgt,
Mit deinem Knecht so plump den Gaukler spielen
Und ihn verhetzen, mir zum Ärgernis!
Von dir getrennt erduld’ ich schon so viel:
Treib’ nicht mit meinem Gram ein grausam Spiel! –
O laß mich, fest am Ärmel häng’ ich dir!
Ihr Männer seid der Stamm, die Reben wir,
Die unsre Schwäch’ an eure Stärke ranken
Und euch geteilte Kraft und Hülfe danken.
Ach! wuchernd Unkraut wuchs schon übergroß!
Habsücht’ger Epheu, Dorn, unnützes Moos,
Das, weil man’s nicht vertilgt, mit gift’ger Gärung
Den Saft dir raubt und droht dem Baum Zerstörung.
Antipholus
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Bin ich’s denn wirklich, den ihr Vorwurf schmält?
Ward sie vielleicht im Traum mit mir vermählt?
Hab’ ich im Schlaf dies alles nur gehört?
Was für ein Wahn hat Aug’ und Ohr betört?
Bis ich den sichern Zweifel klar erkannt,
Biet’ ich dem dargebotnen Trug die Hand.
Luciana
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Geh, Dromio, heiß’ sie decken, mach’ geschwinde!
Dromio von Syrakus
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Nun, beim Sankt Veit, verzeih’ uns Gott die Sünde!
Hier walten Feen, der Himmel sei mir gnädig,
Mit Alp und Kauz und Elfengeistern red’ ich! –
Und tun wir ihren Willen nicht genau,
Man saugt uns tot, man kneipt uns braun und blau.
Luciana
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Was redst du mit dir selbst und rührst dich nicht,
Dromio, du Drohne! Schnecke, Tölpel, Wicht!
Dromio von Syrakus
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Herr, sagt, bin ich vertauscht, bin ich noch ich?
Antipholus
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Du bist vertauscht, mein Sohn, das bin auch ich.
Dromio von Syrakus
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Zweifelt Ihr noch, daß man mich neu erschaffe?
Antipholus
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Du siehst noch aus wie sonst!
Dromio von Syrakus
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Nein, wie ein Affe.
Luciana
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Du bist zum Esel worden, glaub’ mir das.
Dromio von Syrakus
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’s ist wahr, sie reiten mich; schon witt’r ich Gras;
Es kann nicht anders sein; ’nen Esel nennt mich,
Sonst müßt’ ich sie ja kennen, denn sie kennt mich.
Adriana
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Genug, ich will nicht länger wie ein Kind
Die Hand ans Auge tun und töricht weinen,
Indes Gemahl und Diener mich verhöhnt.
Kommt, Herr, zum Essen: Dromio, hüt’ das Tor; –
Wir woll’n heut oben speisen, lieber Mann,
Und tausend Sünden sollst du mir gestehn.
Bursch, wenn dich jemand fragt nach deinem Herrn,
Sag, er sei auswärts; laß mir niemand ein!
Komm, Schwester! Dromio, du behüt’ die Schwelle! –
Antipholus
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Ist dies die Erd’? Ist’s Himmel oder Hölle?
Schlaf oder wach’ ich? Bin ich bei Verstand?
Mir selbst ein Rätsel, bin ich hier bekannt? –
Ich mach’s wie sie, und dabei will ich bleiben,
Durch Nebel auf dem Meer des Schicksals treiben.
Dromio von Syrakus
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Herr, soll ich wirklich Wache stehn am Tor?
Adriana
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Laß niemand ein, sonst schlag’ ich dich aufs Ohr.
Luciana
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Kommt denn, das Essen geht jetzt allem vor.
Sie gehn ab.
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DRITTER AUFZUG
Erste Szene
Vor dem Hause.
Es treten auf
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