Sämtliche Dramen
Pompejus!
Motte
. Liebster Herr, laßt mich Euch ein wenig herabstimmen; seht Ihr denn nicht, daß Pompejus schon seinen Rock auszieht? Was denkt Ihr denn! Ihr kommt um all Eure Reputation!
Armado
. Edle Herrn und Kriegsfürsten, haltet mir zu gut, ich will nicht im Hemde fechten.
Dumain
. Ihr dürft’s nicht ausschlagen, Pompejus hat gefodert.
Armado
. Süße Seele, ich kann es, und ich will es.
Biron
. Welchen Grund habt Ihr dafür?
Armado
. Die nackte Wahrheit ist, ich habe kein Hemd; ich gehe in Wolle zur Pönitenz.
Boyet
. ’s ist wahr, das ward ihm in Rom auferlegt, weil er kein Leinzeug hatte: seit der Zeit, ich will’s beschwören, besitzt er keins, außer einem von Jacquenettens Wischtüchern; und das trägt er zunächst am Herzen; es ist ein Andenken.
Mercade tritt auf.
Mercade
.
Heil, Fürstin!
Prinzessin
.
Sehr willkommen, Freund Mercade;
Nur daß du unsre Lustbarkeit hier störst.
Mercade
.
Ich nah’ Euch traurig, Fürstin, meine Botschaft
Weilt auf der Zunge schwer; der König, Euer Vater –
Prinzessin
.
Tot, fürcht’ ich?
Mercade
.
Ja, mein Auftrag ist gesagt.
Biron
.
Jetzt, Helden, fort, die Szene wird bewölkt.
Armado
. Ich, meines Teils, atme freier Atem; ich schaute die Tage der Kränkung durch den kleinen Spalt der Klugheit, und werde mir Recht verschaffen wie ein Soldat.
Die Helden gehn ab.
König
.
Wie geht’s, Eu’r Majestät? –
Prinzessin
.
Boyet, trefft Anstalt, ich will fort zu Nacht.
König
.
Nicht so, Prinzessin: ich ersuch’ Euch, bleibt!
Prinzessin
.
Trefft Anstalt, sag’ ich. – Dank, ihr edlen Herrn,
Für all eu’r hold Bemühen, und ich bitt’ euch
Aus neu betrübtem Herzen – ihr entschuldigt,
Oder vergeßt in euerm klugen Sinn
Die Schalkheit und das Necken unsres Scherzes.
Wenn unsre Kühnheit sich zu weit verging
Im Tausch der Rede, – eure Höflichkeit
War schuld daran. Lebt wohl, erlauchter Fürst;
Gebeugtes Herz führt nicht behende Zunge.
Entschuldigt, ist mein Dank nicht angemessen
Der wichtigen Gewähr, so leicht erhalten.
König
.
Der Zeiten letzter Augenblick gestaltet
Den letzten Ausgang oft nach dem Bedarf;
Ja im Entschwinden selber schlichtet sie,
Was lange Prüfung nicht zu lösen wußte.
Und ob der Tochter gramverhüllte Stirn
Der Liebe heiterm Werben nicht vergönnt
Das fromme Wort, das gern bereden möchte;
Dennoch, weil Lieb’ im Feld zuerst erschien,
Laß nicht des Kummers Wolke sie verscheuchen
Aus ihrer Bahn; verlornen Freund bejammern
Ist lange nicht so heilsam, noch gedeihlich,
Als sich des neu gefundnen Freunds erfreun.
Prinzessin
.
Ich kann Euch nicht verstehn: mein Gram ist doppelt.
Biron
.
Gram faßt ein einfach schlichtes Wort am besten;
Und was der König meint, bezeichn’ Euch dies:
Um eure Huld versäumten wir die Zeit
Und spielten falsch mit unserm Schwur; eu’r Reiz
Entstellt’ uns sehr und wandelt’ unser Ziel,
Daß es sich in sein Gegenteil verlor.
So kam’s, daß wir euch lächerlich erschienen;
Denn Lieb’ ist voller Eigensinn und Unart,
Mutwillig wie ein Kind, abspringend, eitel,
Erzeugt durchs Aug’ und deshalb, gleich dem Auge,
Voll flücht’ger Bilder, Formen, Phantasien,
Und wechselt bunt, wie in des Auges Spiegel
Der Dinge Wechsel schnell vorüberrollt.
Wenn, so gescheckte Tracht leichtsinn’ger Liebe
Anlegend, wir in euren Himmelsaugen
Unziemlich schienen unserm Schwur und Ernst,
Verführt’ uns euer Himmelsauge selbst
Zu Fehlern, die ihr tadelt. Deshalb, Holde,
Ist unsre Lieb’ eu’r Werk, ist’s auch der Irrtum,
Den sie erzeugt: abtrünnig wurden wir,
Daß, einmal falsch, euch ewig dauernd bliebe,
Die ihr uns falsch wie treu macht, unsre Liebe.
So läutert Falschheit, Sünde sonst an sich,
Die eigne Schuld und wandelt sie in Tugend.
Prinzessin
.
Wir nahmen eure Briefe, reich an Liebe,
Die Gaben auch, Botschafter eurer Liebe,
Und schätzten sie in unserm Jungfrau’nrat
Für Courtoisie und höflich feinen Witz,
Als müß’ge Zier und Stickerei der Zeit.
Nicht ernstlicher verpflichtet sahn wir uns
In unsrer Würdigung; deshalb ward eu’r Lieben
Nach eignem Maß als leichter Scherz erwidert.
Dumain
.
Die Briefe, Fürstin, zeigten mehr als Scherz.
König
.
Auch unser Blick.
Rosaline
.
Wir lasen sie nicht so.
König
.
Jetzt, mit der Stunde letztem Schlag verheißt
Uns eure Liebe!
Prinzessin
.
Viel zu kurze Frist,
Zu schließen solchen endlos ew’gen Kauf.
Nein, nein, Mylord, Eu’r Meineid mahnt Euch
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