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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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freundschaftliche Fäden
    Sich an den Tropfen in gesell’gem Gram,
    Wie treue, unzertrennliche Gemüter,
    Die fest im Mißgeschick zusammenhalten.
    Constanze
.
    Nach England, wenn Ihr wollt!
    König Philipp
.
    Bind’t Euer Haar auf!
    Constanze
.
    Das will ich, ja: und warum will ich’s tun?
    Ich riß sie aus den Banden und rief laut:
    »O lösten diese Hände meinen Sohn,
    Wie sie in Freiheit dieses Haar gesetzt!«
    Doch nun beneid’ ich ihre Freiheit ihnen
    Und will sie wieder in die Banden schlagen:
    Mein armes Kind ist ein Gefangner ja. –
    Ich hört’ Euch sagen, Vater Kardinal,
    Wir sehn und kennen unsre Freund’ im Himmel;
    Ist das, so seh’ ich meinen Knaben wieder;
    Denn seit des Erstgebornen Kain Zeit,
    Bis auf das Kind, das erst seit gestern atmet,
    Kam kein so liebliches Geschöpf zur Welt.
    Nun aber nagt der Sorgen Wurm mein Knöspchen
    Und scheucht den frischen Reiz von seinen Wangen,
    Daß er so hohl wird aussehn wie ein Geist,
    So bleich und mager wie ein Fieberschauer,
    Und wird so sterben; und so auferstanden,
    Wenn ich ihn treffe in des Himmels Saal,
    Erkenn’ ich ihn nicht mehr: drum werd’ ich nie,
    Nie meinen zarten Arthur wiedersehn.
    Pandulpho
.
    Ihr übertreibt des Grames Bitterkeit.
    Constanze
.
    Der spricht zu mir, der keinen Sohn je hatte.
    König Philipp
.
    Ihr liebt den Gram so sehr als Euer Kind.
    Constanze
.
    Gram füllt die Stelle des entfernten Kindes,
    Legt in sein Bett sich, geht mit mir umher,
    Nimmt seine allerliebsten Blicke an,
    Spricht seine Worte nach, erinnert mich
    An alle seine holden Gaben, füllt
    Die leeren Kleider aus mit seiner Bildung;
    Drum hab’ ich Ursach’, meinen Gram zu lieben.
    Gehabt Euch wohl! Wär’ Euch geschehn, was mir,
    Ich wollt’ Euch besser trösten als Ihr mich.
    Sie reißt ihren Kopfputz ab.
    Ich will die Zier nicht auf dem Haupt behalten,
    Da mein Gemüt so wild zerrüttet ist.
    O Gott, mein Kind! Mein holder Sohn! Mein Arthur!
    Mein Leben! Meine Lust! Mein alles du!
    Mein Witwentrost und meines Kummers Heil!
    Ab.
    König Philipp
.
    Ich fürcht’ ein Äußerstes und will ihr folgen.
    Ab.
    Louis
.
    Es gibt nichts in der Welt, was mich kann freun;
    Das Leben ist so schal wie ’n altes Märchen,
    Dem Schläfrigen ins dumpfe Ohr geleiert;
    Und Schmach verdarb des süßen Worts Geschmack,
    Daß es nur Schmach und Bitterkeit gewährt.
    Pandulpho
.
    Vor der Genesung einer heft’gen Krankheit,
    Im Augenblick der Kraft und Bess’rung, ist
    Am heftigsten der Anfall; jedes Übel,
    Das Abschied nimmt, erscheint am übelsten.
    Was büßt Ihr ein durch dieses Tags Verlust?
    Louis
.
    Des Ruhmes, Heils und Glücks gesamte Tage.
    Pandulpho
.
    Gewißlich, wenn Ihr ihn gewonnen hättet.
    Nein, wenn das Glück den Menschen wohltun will,
    So blickt es sie mit droh’nden Augen an.
    Unglaublich ist’s, wie viel Johann verliert
    Durch das, was er für rein gewonnen achtet.
    Grämt dich’s, daß Arthur sein Gefangner ist?
    Louis
.
    So herzlich, wie er froh ist, ihn zu haben.
    Pandulpho
.
    Eu’r Sinn ist jugendlich wie Euer Blut.
    Nun hört mich reden mit prophet’schem Geist;
    Denn selbst der Hauch des, was ich sprechen will,
    Wird jeden Staub und Halm, den kleinsten Anstoß
    Wegblasen aus dem Pfad, der deinen Fuß
    Zu Englands Thron soll führen: drum gib acht!
    Johann hat Arthurn jetzt in der Gewalt,
    Und, weil noch warmes Leben in den Adern
    Des Kindes spielt, kann, seinem Platze fremd,
    Johann unmöglich eine Stunde, ja
    Nur einen Odemzug der Ruh’ genießen.
    Ein Szepter, mit verwegner Hand ergriffen,
    Wird ungestüm behauptet wie erlangt;
    Und wer auf einer glatten Stelle steht,
    Verschmäht den schnöd’sten Halt zur Stütze nicht.
    Auf daß Johann mag stehn, muß Arthur fallen:
    So sei es, denn es kann nicht anders sein.
    Louis
.
    Doch was werd’ ich durch Arthurs Fall gewinnen?
    Pandulpho
.
    Ihr, kraft des Rechtes Eurer Gattin Bianca,
    Habt jeden Anspruch dann, den Arthur machte.
    Louis
.
    Und büße alles ein, wie’s Arthur machte.
    Pandulpho
.
    Wie neu Ihr seid in dieser alten Welt!
    Johann macht Bahn, die Zeit begünstigt Euch;
    Denn wer sein Heil in echtes Blut getaucht,
    Der findet nur ein blutig, unecht Heil.
    Der Frevel wird die Herzen seines Volks
    Erkälten und den Eifer frieren machen;
    Daß, wenn sich nur der kleinste Vorteil regt,
    Sein Reich zu stürzen, sie ihn gern ergreifen:
    Am Himmel kein natürlich Dunstgebild,
    Kein Spielwerk der Natur, kein trüber Tag,
    Kein leichter Windstoß, kein gewohnter Vorfall,
    Die sie nicht

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