Sämtliche Dramen
gewagt,
Den Staub von Englands Erde zu berühren?
Noch mehr Warum: warum so viele Meilen
Gewagt zu ziehn auf ihrem milden Busen,
So kriegerisch mit schnöder Waffen Pomp
Die bleichen Dörfer schreckend? – Kommst du her,
Weil der gesalbte König fern verweilt?
Ei, junger Tor, der König blieb daheim:
In meiner treuen Brust liegt seine Macht.
Wär’ ich nur jetzt so heißer Jugend voll,
Als da dein wackrer Vater Gaunt und ich
Den Schwarzen Prinzen, diesen jungen Mars,
Aus der Franzosen dichten Reih’n gerettet:
O dann, wie schleunig sollte dieser Arm,
Den jetzt die Lähmung fesselt, dich bestrafen
Und Büßung deinem Fehler auferlegen!
Bolingbroke
.
Mein gnäd’ger Oheim, lehrt mich meinen Fehler,
In welcher Übertretung er besteht?
York
.
In Übertretung von der schlimmsten Art:
In grobem Aufruhr, schändlichem Verrat.
Du bist verbannt, und bist hieher gekommen,
Eh’ die gesetzte Zeit verstrichen ist,
In Waffen trotzend deinem Landesherrn.
Bolingbroke
.
Da ich verbannt ward, galt es mir als Hereford;
Nun, da ich komme, ist’s um Lancaster.
Und, edler Oheim, ich ersuch’ Eu’r Gnaden,
Seht unparteilich meine Kränkung an:
Ihr seid mein Vater, denn mich dünkt, in Euch
Lebt noch der alte Gaunt: O dann, mein Vater!
Wollt Ihr gestatten, daß ich sei verdammt
Als irrer Flüchtling, meine Recht’ und Leh’n
Mir mit Gewalt entrissen, hingegeben
An niedre Prasser? – Was hilft mir die Geburt?
So gut mein Vetter König ist von England,
Gesteht mir, bin ich Herzog auch von Lancaster.
Euch ward ein Sohn, Aumerle, mein edler Vetter:
Starbt Ihr zuerst, und trat man ihn so nieder,
Sein Oheim Gaunt wär’ Vater ihm geworden,
Der seine Kränkungen zu Paaren triebe.
Man weigert mir die Mutung meiner Leh’n,
Die meine Gnadenbriefe mir gestatten;
Mein Erb’ wird eingezogen und verkauft,
Und dies und alles übel angewandt.
Was soll ich tun? Ich bin ein Untertan
Und fodre Recht; Anwalte wehrt man mir,
Und darum nehm’ ich in Person Besitz
Von meinem Erbteil, das mir heimgefallen.
Northumberland
.
Der edle Herzog ward zu sehr mißhandelt.
Ross
.
Eu’r Gnaden kommt es zu, ihm Recht zu schaffen.
Willoughby
.
Mit seinen Lehen macht man Schurken groß.
York
.
Ihr Lords von England, laßt mich dies euch sagen:
Ich fühlte meines Vetters Kränkung wohl
Und strebte, was ich konnt’, ihm Recht zu schaffen;
Doch so in droh’nden Waffen herzukommen,
Für sich zugreifen, seinen Weg sich haun,
Nach Recht mit Unrecht gehn, – es darf nicht sein;
Und ihr, die ihr ihn bei der Art bestärkt,
Hegt Rebellion und seid zumal Rebellen.
Northumberland
.
Der edle Herzog schwor, er komme bloß
Um das, was sein ist; bei dem Recht dazu
Ihn zu beschützen, schworen wir ihm teuer,
Und wer das bricht, dem geh’ es nimmer wohl!
York
.
Gut! gut! ich sehe dieser Waffen Ziel,
Ich kann’s nicht ändern, wie ich muß bekennen:
Denn meine Macht ist schwach, und nichts in Ordnung.
Doch könnt’ ich es: bei dem, der mich erschaffen!
Ich nähm’ euch alle fest und nötigt’ euch,
Begnadigung vom König anzuflehn.
Doch da ich’s nicht vermag, so sei euch kund:
Ich nehme nicht Partei. Somit lebt wohl, –
Wenn es euch nicht beliebt, ins Schloß zu kommen
Und da für diese Nacht euch auszuruhn!
Bolingbroke
.
Wir nehmen, Oheim, dies Erbieten an.
Wir müssen Euch gewinnen, mitzugehn
Nach Bristol-Schloß, das, wie man sagt, besetzt ist
Von Bushy, Bagot und von ihrem Troß,
Dem gift’gen Wurmfraß des gemeinen Wesens,
Den auszurotten ich geschworen habe.
York
.
’s ist möglich, daß ich mit Euch geh’, – doch halt!
Denn ungern tu’ ich dem Gesetz Gewalt.
Als Freund, als Feind seid ihr mir nicht willkommen:
Wo nichts mehr hilft, bin ich der Sorg’ entnommen.
Alle ab.
¶
DRITTER AUFZUG
Erste Szene
Ein Lager in Wales.
Salisbury und ein Hauptmann treten auf.
Hauptmann
.
Lord Salisbury, wir warteten zehn Tage
Und hielten unser Volk mit Müh’ beisammen,
Doch hören wir vom König keine Zeitung,
Drum wollen wir uns nun zerstreun. Lebt wohl!
Salisbury
.
Bleib’ einen Tag noch, redlicher Walliser!
Der König setzt sein ganz Vertrau’n auf dich.
Hauptmann
.
Man glaubt den König tot, wir warten nicht.
Die Lorbeerbäum’ im Lande sind verdorrt,
Und Meteore drohn den festen Sternen,
Der blasse Mond scheint blutig auf die Erde,
Hohläugig flüstern Seher furchtbar’n Wechsel;
Der Reiche bangt, Gesindel tanzt und springt:
Der, in der Furcht, was er
Weitere Kostenlose Bücher