Sämtliche Dramen
sie ziehn Euch nur aus, Junker Schaum, und Ihr bringt sie an den Galgen. Geht Eurer Wege, und laßt mich nichts mehr von Euch hören!
Schaum
. Ich danke Eurer Herrlichkeit. Ich für mein Teil bin auch nie in eine Schenkstube gekommen, daß ich’s nicht recht anziehend gefunden hätte.
Escalus
. Schon gut, Junker Schaum; geht mit Gott!
Schaum ab.
Jetzt kommt Ihr einmal heran, Meister Bierzapfer; wie heißt Ihr, Meister Zapfer?
Pompejus
. Pompejus.
Escalus
. Wie weiter?
Pompejus
. Pumphose.
Escalus
. So! An Eurer Pumphose habt Ihr freilich etwas Großes, und so wäret Ihr, wo von Hosen die Rede ist, Pompejus der Große. – Pompejus, Ihr seid ein Stück von einem Kuppler, Pompejus, obgleich Ihr Euch hinter Euer Bierzapferamt verstecken wollt. Seid Ihr’s nicht? Kommt, sagt mir die Wahrheit, es soll Euer Schade nicht sein.
Pompejus
. In Wahrheit, Herr, ich bin ein armer Junge, der gern leben will.
Escalus
. Wovon willst du leben, Pompejus? Vom Kuppeln? Was dünkt dich von diesem Gewerbe, Pompejus? Ist das ein gesetzlich erlaubtes Gewerbe?
Pompejus
. Wenn das Gesetz nichts dagegen hat, Herr –
Escalus
. Aber das Gesetz hat etwas dagegen, Pompejus, und wird in Wien immer etwas dagegen haben.
Pompejus
. Will denn Eure Herrlichkeit aus allen jungen Leuten in der Stadt Wallachen und Kapaunen machen?
Escalus
. Nein, Pompejus.
Pompejus
. Sieht Eur’ Herrlichkeit, so werden sie nach meiner geringen Meinung nicht davon lassen. Wenn Eu’r Herrlichkeit nur die lüderlichen Dirnen und losen Buben in Ordnung halten kann, so braucht sie die Kuppler gar nicht zu fürchten.
Escalus
. Es fängt auch jetzt ein hübsches Regiment an, kann ich dir sagen; es handelt sich nur um Köpfen und Hängen.
Pompejus
. Wenn Ihr nur zehn Jahre lang hinter einander alle die hängen und köpfen laßt, die sich in diesem Stücke vergehn, so könnt Ihr Euch bei Zeiten danach umsehn, woher Ihr mehr Köpfe verschreiben wollt. Wenn dies Gesetz zehn Jahre in Wien besteht, will ich im schönsten Hause das Stockwerk für sechs Dreier mieten; solltet Ihr’s erleben, daß es so weit kommt, so sagt nur, Pompejus hab’ es Euch vorausgesagt.
Escalus
. Dank, trefflicher Pompejus. Nun, um dir die Prophezeiung zu erwidern, so rat’ ich dir, verstehst du, laß dich auf keiner neuen Klage betreffen, und ebensowenig in deiner jetzigen Wohnung; denn wenn das geschehn sollte, Pompejus, so werde ich dich in dein Zelt zurückschlagen und ein schlimmer Cäsar für dich werden: und, grade heraus zu sagen, Pompejus, ich werde dich peitschen lassen. So, für diesmal, Pompejus, gehab’ dich wohl!
Pompejus
. Ich dank’ Eu’r Herrlichkeit für Euern guten Rat; aber folgen werd’ ich ihm, wie Fleisch und Schicksal es fügen. Mich peitschen? Peitschen laßt den Kärrner seine Mähre: Wer peitscht aus dem Beruf je einen Mann von Ehre? Ab.
Escalus
. Kommt einmal her, Meister Elbogen, kommt einmal her, Meister Konstabel. Wie lange ist es her, daß Ihr Eurem Amt als Konstabel vorsteht? –
Elbogen
. Sieben und ein halbes Jahr, gnädiger Herr.
Escalus
. Ich dachte mir’s nach Eurer Fertigkeit im Amt, Ihr müßtet es schon eine Weile verwaltet haben. Sieben ganze Jahre, sagt Ihr?
Elbogen
. Und ein halbes.
Escalus
. Ach! Da hat es Euch viel Mühe gemacht. Es geschieht Euch Unrecht, daß man Euch so oft zum Dienst requiriert; sind denn nicht andre Leute in Euerm Kirchspiel, die imstande wären, ihn zu versehn?
Elbogen
. Meiner Treu, gnädiger Herr, es sind wenige, die etwas Einsicht in solchen Dingen haben; wenn sie gewählt werden, sind sie immer froh, mich wieder statt ihrer zu wählen; ich tu’s für ein Stück Geld und übernehme es so für sie alle.
Escalus
. Hört, schafft mir die Namen von sechs oder sieben Leuten, die die brauchbarsten in Euerm Kirchspiele sind.
Elbogen
. In Euer Herrlichkeit Haus, mein gnädiger Herr?
Escalus
. In mein Haus. Lebt wohl! Was ist wohl die Uhr?
Elbogen ab.
Richter
.
Elf, gnädiger Herr.
Escalus
.
Wollt Ihr so gut sein und mit mir essen?
Richter
.
Ich danke Euch untertänig.
Escalus
.
Es ist mir herzlich leid um Claudios Tod,
Doch seh’ ich keinen Ausweg.
Richter
.
Lord Angelo ist streng!
Escalus
.
Das tut auch not;
Ihr seid nicht gnädig, zeigt sich immer Huld:
Verzeihung ist nur Mutter neuer Schuld.
Und doch, du armer Claudio! ’s ist kein Ausweg! –
Kommt. Herr!
Gehn ab.
¶
Zweite Szene
Ein andres Zimmer daselbst.
Es treten auf der Schließer und ein Diener.
Diener
. Er hält noch ein
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