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Sämtliche Dramen

Sämtliche Dramen

Titel: Sämtliche Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Shakespeare
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verfluch’ ich!
    Amen!
    Geht ab.
    ¶

Zweite Szene
    In Timons Hause.
    Flavius tritt auf und mehrere Diener Timons.
    Erster Diener
.
    Sprecht, Hausverwalter, wo ist unser Herr?
    Sind wir vernichtet? abgedankt? Bleibt nichts?
    Flavius
.
    Gefährten, ach, was soll ich euch doch sagen?
    Es sei’n mir Zeugen die gerechten Götter,
    Ich bin so arm wie ihr.
    Erster Diener
.
    Solch Haus gefallen!
    Solch edler Herr verarmt! Verloren alles!
    Kein Freund, der bei der Hand sein Schicksal faßt
    Und mit ihm geht!
    Zweiter Diener
.
    Wie wir den Rücken wenden
    Von dem Gefährten, den das Grab verschlang:
    So schleichen vom begrabnen Glück sich alle
    Die Freund’, hinwerfend ihm die hohlen Schwüre,
    Gleich leeren Beuteln; und sein armes Selbst,
    Ein Bettler nur, der Luft anheim gefallen,
    Mit seiner Krankheit, allvermiedner Armut,
    Geht nun, wie Schmach, allein. – Noch mehr Gefährten!
    Es kommen noch andere Diener.
    Flavius
.
    Zerbrochenes Geschirr der Hauszerstörung!
    Dritter Diener
.
    Und doch trägt unser Herz noch Timons Kleid,
    Das zeigt eu’r Antlitz; wir sind noch Kam’raden,
    All’ in des Kummers Dienst: leck ist das Fahrzeug;
    Wir Schiffer stehn auf sinkendem Verdeck
    Und sehn die Wellen dräun: wir müssen scheiden
    In diese See der Luft.
    Flavius
.
    Ihr guten Freunde,
    Hier teil’ ich unter euch mein letztes Gut.
    Laßt uns, wo wir uns sehn, um Timons willen,
    Kam’raden sein, die Häupter schütteln, sagen,
    Als Grabgeläut’ dem Glücke unsers Herrn:
    »Wir kannten beßre Tage.« Jeder etwas!
    Er gibt ihnen Geld.
    Nein, alle reicht die Hand! Und nun kein Wort!
    So gehn wir arm, doch reich an Kummer, fort.
    Die Diener gehn ab.
    Oh, furchtbar Elend, das uns Pracht bereitet!
    Oh, wer will wohl nach Glanz und Reichtum ringen,
    Wenn sie uns hin zu Schmach und Armut zwingen?
    Wer nähme so die Pracht als Hohn? Wer lebte
    Wohl gern in einem Traum der Freundschaft nur?
    Ansehn und Pracht und Wohlstand zu besitzen,
    Gemalt nur, so wie die geschminkten Freunde?
    Du Redlicher, verarmt durch Herzensgüte,
    Durch Mild’ erwürgt! Wie ist Natur verdreht,
    Wenn Allzugut als schlimmste Sünde steht;
    Wer hilft durch Tugenden noch anderer Nöten,
    Wenn sie nur Götter schaffen, Menschen töten?
    O teurer Herr, – gesegnet, um verflucht,
    Reich, elend nur zu sein, – dein groß Vermögen
    Ist nun dein tiefstes Leid. Ach, güt’ger Herr!
    Er brach in Wut aus dem hartherz’gen Wohnsitz
    Der vieh’schen Freunde. Nichts hat er bei sich
    Zur Fristung und Erleicht’rung seines Lebens.
    Ich will ihm nach und, wo er ist, erforschen;
    So gut ich kann, will ich für ihn noch schalten,
    Was mir an Geld verblieb, für ihn verwalten.
    Er geht ab.
    ¶

Dritte Szene
    Wald.
    Timon tritt auf.
    Timon
.
    O Lichtgott, Segen zeugend, zieh’ hinauf
    Dunstfäulnis; deiner Schwester Luftbahn sei
    Vergiftet! Zwillingsbrüder eines Schoßes, –
    Deren Erzeugung, Wohnung und Geburt
    Fast ungetrennt, – trifft sie verschiednes Glück, –
    Der Größre höhnt den Niedern: ja, Natur
    (Von Wunden rings bedrängt), sie kann groß Glück
    Ertragen nur, wenn sie Natur verachtet.
    Heb’ diesen Bettler und versag’s dem Lord, –
    Folgt angeerbte Schmach dem Senatoren,
    Dem Bettler eingeborne Ehre.
    Besitztum schwellt des Bruders Seiten auf,
    Der Mantel zeugt den Abfall. Wer, wer darf
    In reiner Mannheit aufrecht stehn und sagen:
    »Ein Schmeichler ist der Mensch.« Wenn’s einer ist,
    So sind es all’; denn jeder höhern Staffel
    Des Glücks schmiegt sich die untre: goldnem Dummkopf
    Duckt der gelehrte Schädel: schief ist alles;
    Nichts grad’ in unsrer fluchbeladnen Menschheit,
    Als Bosheit ungekrümmt. Drum seid verabscheut,
    Gelage all’, Gesellschaft, Menschendrang!
    Denn Timon haßt die Gleichgeschaffnen, ja sich selbst.
    Zernichtung dem Geschlecht der Menschen! – Erde,
    Gib Wurzeln mir!
    Er gräbt.
    Wer Beßres in dir sucht, dem würz’ den Gaumen
    Mit deinem schärfsten Gift! Was find’ ich hier?
    Gold? kostbar, flimmernd, rotes Gold? Nein, Götter!
    Nicht eitel fleht’ ich. Wurzeln, reiner Himmel!
    So viel hievon macht schwarz weiß, häßlich schön,
    Schlecht gut, alt jung, feig tapfer, niedrig edel.
    Ihr Götter! warum dies? warum dies, Götter?
    Ha! dies lockt euch den Priester vom Altar,
    Reißt Halbgenes’nen weg das Schlummerkissen.
    Ja, dieser rote Sklave löst und bindet
    Geweihte Bande; segnet den Verfluchten.
    Er macht den Aussatz lieblich, ehrt den Dieb
    Und gibt ihm Rang, gebeugtes Knie und Einfluß
    Im Rat der

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