Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
Vom Netzwerk:
hundert andere Bedingungen, loszukommen? Haben wir nicht seinen Buben? Hätt’ ich nicht Gelds genug gegeben und ihn wieder beruhigt? Unsere Anschläge auf ihn und seine Gesellen wären fort gegangen – Ach ich denke nicht, dass ich mit seinem Freund rede, der nun wider mich arbeitet und die Minen leicht entkräften kann, die er selbst gegraben hat.
    Weislingen .
    Gnädiger Herr!
    Bischof .
    Und doch – wenn ich wieder Dein Angesicht sehe, Deine Stimme höre. Es ist nicht möglich, nicht möglich.
    Weislingen .
    Lebt wohl, gnädiger Herr.
    Bischof .
    Ich gebe Dir meinen Segen. Sonst, wenn Du gingst, sagt’ ich: Auf Wiedersehn. Jetzt – Wollte Gott, wir sähen einander nie wieder!
    Weislingen .
    Es kann sich vieles ändern.
    Bischof .
    Es hat sich leider nur schon zu viel geändert. Vielleicht seh’ ich Dich noch einmal als Feind vor meinen Mauern, die Felder verheeren, die ihren blühenden Zustand Dir jetzo danken.
    Weislingen .
    Nein, gnädiger Herr.
    Bischof .
    Du kannst nicht Nein sagen. Die weltlichen Stände, meine Nachbarn, haben alle einen Zahn auf mich. Solang’ ich Dich hatte – Geht, Weislingen! Ich habe Euch nichts mehr zu sagen. Ihr habt vieles zunichte gemacht. Geht!
    Weislingen .
    Und ich weiß nicht, was ich sagen soll.
    (Bischof ab.)
    Franz tritt auf.
    Franz .
    Adelheid erwartet Euch. Sie ist nicht wohl. Und doch will Sie Euch ohne Abschied nicht lassen.
    Weislingen .
    Komm.
    Franz .
    Gehen wir denn gewiss?
    Weislingen .
    Noch diesen Abend. –
    Franz .
    Mir ist, als wenn ich aus der Welt sollte.
    Weislingen .
    Mir auch, und noch darzu, als wüsst’ ich nicht wohin.
    (Adelheids Zimmer.)
    Adelheid. Fräulein.
    Fräulein .
    Ihr seht blass, gnädige Frau.
    Adelheid .
    – Ich lieb’ ihn nicht und wollte doch, dass er bliebe. Siehst Du, ich könnte mit ihm leben, ob ich ihn gleich nicht zum Mann haben möchte.
    Fräulein .
    Glaubt Ihr, er geht?
    Adelheid .
    Er ist zum Bischof, um Lebewohl zu sagen.
    Fräulein .
    Er hat darnach noch einen schweren Stand.
    Adelheid .
    Wie meinst Du?
    Fräulein .
    Was fragt Ihr, gnädige Frau? Ihr habt sein Herz geangelt, und wenn er sich losreißen will, verblutet er.
    Adelheid .
    Weislingen.
    Weislingen .
    Ihr seid nicht wohl, gnädige Frau?
    Adelheid .
    Das kann Euch einerlei sein. Ihr verlasst uns, verlasst uns auf immer. Was fragt Ihr, ob wir leben oder sterben.
    Weislingen .
    Ihr verkennt mich.
    Adelheid .
    Ich nehme Euch, wie Ihr Euch gebt.
    Weislingen .
    Das Ansehn trügt.
    Adelheid .
    So seid Ihr ein Chamäleon?
    Weislingen .
    Wenn Ihr mein Herz sehen könntet!
    Adelheid .
    Schöne Sachen würden mir vor die Augen kommen.
    Weislingen .
    Gewiss! Ihr würdet Euer Bild drin finden.
    Adelheid .
    In irgend einem Winkel bei den Porträten ausgestorbener Familien. Ich bitt’ Euch, Weislingen, bedenkt, Ihr redet mit mir. Falsche Worte gelten zum höchsten, wenn sie Masken unserer Taten sind. Ein vermummter, der kenntlich ist, spielt eine armselige Rolle. Ihr leugnet Eure Handlungen nicht und redet das Gegenteil. Was soll man von Euch halten?
    Weislingen .
    Was Ihr wollt. Ich bin so geplagt mit dem, was ich bin, dass mir wenig bang ist, für was man mich nehmen mag.
    Adelheid .
    Ihr kommt um Abschied zu nehmen.
    Weislingen .
    Erlaubt mir Eure Hand zu küssen, und ich will sagen: Lebt wohl. Ihr erinnert mich! Ich bedachte nicht – Ich bin beschwerlich, gnädige Frau.
    Adelheid .
    Ihr legt’s falsch aus. Ich wollte Euch fort helfen. Denn Ihr wollt fort.
    Weislingen .
    O sagt: Ich muss. Zöge mich nicht die Ritterpflicht, der heilige Handschlag –
    Adelheid .
    Geht! Geht! Erzählt das Mädchen, die den Theuerdank lesen und sich so einen Mann wünschen. Ritterpflicht! Kinderspiel!
    Weislingen .
    Ihr denkt nicht so.
    Adelheid .
    Bei meinem Eid, Ihr verstellt Euch! Was habt Ihr versprochen? Und wem? Einem Mann, der seine Pflicht gegen den Kaiser und das Reich verkennt, in eben dem Augenblick Pflicht zu leisten, da er durch Eure Gefangennehmung in die Strafe der Acht verfällt. Pflicht zu leisten! Die nicht gültiger sein kann als ein ungerechter, gezwungener Eid. Entbinden nicht unsere Gesetze von solchen Schwüren? Macht das Kindern weiß, die den Rübezahl glauben. Es stecken andere Sachen dahinter. Ein Feind des Reichs zu werden, ein Feind der bürgerlichen Ruh’ und Glückseligkeit! Ein Feind des Kaisers! Geselle eines Räubers! Du, Weislingen, mit Deiner sanften Seele!
    Weislingen .
    Wenn Ihr ihn kenntet –
    Adelheid .
    Ich wollt’ ihm Gerechtigkeit

Weitere Kostenlose Bücher