Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sämtliche Werke

Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
Vom Netzwerk:
sagt’ er, an mein Zimmer, wir wollen weiter reden.
    Götz .
    Kamst Du?
    Georg .
    Wohl kam ich und musst’ im Vorsaal stehn, lang’, lang’. Und die seidnen Buben beguckten mich von vorn und hinten. Ich dachte, guckt ihr – Endlich führte man mich hinein, er schien böse, mir war’s einerlei. Ich trat zu ihm und legte meine Kommission ab. Er tat feindlich böse, wie einer, der kein Herz hat und ’s nit will merken lassen. Er verwunderte sich, dass Ihr ihn durch einen Reitersjungen zur Rede setzen ließt. Das verdross mich. Ich sagte, es gäbe nur zweierlei Leut’, brave und Schurken, und ich diente Götzen von Berlichingen. Nun fing er an, schwatzte allerlei verkehrte Zeug, das darauf hinausging: Ihr hättet ihn übereilt, er sei Euch keine Pflicht schuldig und wolle nichts mit Euch zu tun haben.
    Götz .
    Hast Du das aus seinem Munde?
    Georg .
    Das und noch mehr – Er drohte mir –
    Götz .
    Es ist genug! Der wäre nun auch verloren! Treu und Glaube, Du hast mich wieder betrogen. Arme Marie! Wie wird’ ich Dir’s beibringen!
    Selbitz .
    Ich wollte lieber mein ander Bein dazu verlieren, als so ein Hundsfott sein. (Ab.)
    (Bamberg.)
    Adelheid. Weislingen.
    Adelheid .
    Die Zeit fängt mir an, unerträglich lang’ zu werden; reden mag ich nicht und ich schäme mich, mit Euch zu spielen. Langeweile, Du bist ärger als ein kaltes Fieber.
    Weislingen .
    Seid Ihr mich schon müde?
    Adelheid .
    Euch nicht sowohl als Euern Umgang. Ich wollte, Ihr wärt, wo Ihr hin wolltet, und wir hätten Euch nicht gehalten.
    Weislingen .
    Das ist Weibergunst! Erst brütet sie, mit Mutterwärme, unsere liebsten Hoffnungen an; dann, gleich einer unbeständigen Henne, verlässt sie das Nest und übergibt ihre schon keimende Nachkommenschaft dem Tod und der Verwesung.
    Adelheid .
    Scheltet die Weiber! Der unbesonnene Spieler zerbeißt und zerstampft die Karten, die ihn unschuldiger Weise verlieren machten. Aber lasst mich Euch was von Mannsleuten erzählen. Was seid denn ihr, um von Wankelmut zu sprechen? Ihr, die ihr selten seid, was ihr sein wollt, niemals, was ich sein solltet. Könige im Festtagsornat, vom Pöbel beneidet. Was gäb’ eine Schneidersfrau drum, eine Schnur Perlen um ihren Hals zu haben, von dem Saum Eures Kleids, den Eure Absätze verächtlich zurückstoßen!
    Weislingen .
    Ihr seid bitter.
    Adelheid .
    Es ist die Antistrophe von Euerm Gesang. Eh ich Euch kannte, Weislingen, ging mir’s wie der Schneidersfrau. Der Ruf, hundertzüngig, ohne Metapher gesprochen, hatte Euch so zahnarztmäßig herausgestrichen, dass ich mich überreden ließ zu wünschen: Möchtest Du doch diese Quintessenz des männlichen Geschlechts, den Phönix Weislingen zu Gesicht kriegen! Ich ward meines Wunsches gewährt.
    Weislingen .
    Und der Phönix präsentierte sich als ein ordinärer Haushahn.
    Adelheid .
    Nein, Weislingen, ich nahm Anteil an Euch.
    Weislingen .
    Es schien so –
    Adelheid .
    Und war. Denn wirklich Ihr übertraft Euern Ruf. Die Menge schätzt nur den Widerschein des Verdienstes. Wie mir’s denn nun geht, dass ich über die Leute nicht denken mag, denen ich wohl will; so lebten wir eine Zeitlang nebeneinander, es fehlte mir was, und ich wusste nicht, was ich an statt des aktiven Mannes, der die Geschäfte eines Fürstentums belebte, der sich und seinen Ruhm dabei nicht vergaß, der auf hundert großen Unternehmungen, wie auf übereinander gewälzten Bergen, zu den Wolken hinaufgestiegen war; den sah ich auf einmal, jammernd wie einen kranken Poeten, melancholisch wie ein gesundes Mädchen und müßiger als einen alten Junggesellen. Anfangs schrieb ich’s Euerm Unfall zu, der Euch noch neu auf dem Herzen lag und entschuldigte Euch, so gut ich konnte. Jetzt, da es von Tag zu Tag schlimmer mit Euch meine Gunst entreiße. Ihr besitzt sie ohne Recht, ich schenkte sie einem andern auf Lebenslang, der sie Euch nicht übertragen konnte.
    Weislingen .
    So lasst mich los.
    Adelheid .
    Nicht, bis alle Hoffnung verloren ist. Die Einsamkeit ist in diesen Umständen gefährlich. – Armer Mensch! Ihr sied so missmutig, wie einer, dem sein erstes Mädchen untreu wird, und eben darum geb’ ich Euch nicht auf. Gebt mir die Hand, verzeiht mir, was ich aus Liebe gesagt habe.
    Weislingen .
    Könntest Du mich lieben, könntest Du meiner heißen Leidenschaft einen Tropfen Linderung gewähren! Adelheid! Deine Vorwürfe sind höchst ungerecht. Könntest Du den hundertsten Teil ahnen von dem, was die Zeit her in mir arbeitet, Du würdest

Weitere Kostenlose Bücher