Sämtliche Werke
die Sie selbst anerkannt, und auf die allerhöchste Autorität der Logik. Das Faktum der erwähnten Umtriebe steht daher nicht direkt in Frage; später, wenn die Einmischung mancher Personen weniger indiskret und meine Furcht vor einer gewissen roten Kreide weniger hemmend sein wird, werde ich auf jenes Faktum zurückkehren. Heute beschränke ich mich auf einige Erörterungen, wonach das Publikum selbst beurteilen möge, ob Sie, teurer Freund, hinlänglich berechtigt waren, meinen Worten in der erwähnten inoffiziosen Weise zu widersprechen.
Ich gestehe Ihnen, ich wollte kaum meinen Augen trauen, als mir im »Telegraphen« die besagte Erklärung zu Gesicht kam. Hätte ich nicht längst gewußt, unter welchen Einflüssen Sie stehen, wahrhaftig, die größten Besorgnisse für die Gesundheit Ihres Hauptes wären in mir aufgestiegen. Armer Freund! als Sie jene Erklärung schrieben oder unterschrieben, litten Sie jedenfalls an einer entsetzlichen Untreue des Gedächtnisses, Sie hatten ganz vergessen, was in Ihren jüngsten Briefen steht, und am allerwenigsten erinnerten Sie sich dessen, was Sie mir zu anderen Zeiten schrieben, wo ich ebenfalls über Verstümmelung meiner Schriften Klage führte. In der Tat, es war Ihre Schuld, wenn solche Klagen sich mehrmals wiederholten, wenn ich, getränkt von diesen Bitternissen, alle Lust und Freude an der leidigen Schriftstellerei einbüßte, wenn ich lieber mit verbissenen Lippen ganz schwieg, als daß ich mein gefälschtes Wort den schmählichsten Mißverständnissen bloßstellte. Das fing an mit den »Französischen Zuständen«. Milde und billigdenkend, wie ich bin, verzieh ich Ihnen gern die ungeheuren Verwüstungen in der Vorrede; Sie gestanden mir, daß Sie letztere, um großen Ungelegenheiten vorzubeugen, der Zensur überliefert, obgleich das Buch über zwanzig Druckbogen enthielt… Sie waren damals eben in den heiligen Ehestand getreten, hatten jetzt Frau und Kind, und ich konnte Sie nicht geradezu verdammen. Ich berücksichtigte auch bei meiner nächsten Publikation diese veränderte Lage des vermählten Verlegers, und den ersten Teil des »Salons« konnten Sie getrost ohne die Vorsichtsmaßregel der Zensur in Druck geben. Sie hatten mich sicher gemacht, und vertrauungsvoll schickte ich Ihnen den zweiten Teil des »Salons«, der ebenfalls über zwanzig Bogen stark und keiner Zensur unterworfen war; auch hatten Sie damals wieder so viel Keckes in die Welt hineingedruckt, z.B. Börnes Briefe, daß ich meinte, der Campe sei wieder der alte Campe… Aber ich verrechnete mich, eben weil Sie so viele ultraliberale Bücher und Büchlein verlegt hatten, glaubten Sie bedeutend einlenken zu müssen, und es war eben mein armer zweiter Band des »Salons«, den Sie sakrifizierten, den Sie auf den Altar der Zensur niederlegten, als Sühnopfer für Ihre Preßsünden. Das Buch wurde gehörig abgeschlachtet und dergestalt vermetzgert, daß seine ganze patriotische Bedeutung verlorenging, daß man eine gewisse theologische Polemik, die bittere Schale, für den eigentlichen Kern desselben halten konnte, daß dadurch zur Verkennung und zur Verleumdung meines Strebens vollauf Gelegenheit gegeben ward. In der Anzeige, die ich deshalb publizierte, mochte ich vielleicht zu weit gehen, indem ich das mir widerfahrene Mißgeschick Ihnen allein zur Last legte; aber ganz konnte ich Sie niemals von aller Schuld freisprechen. Wir brouillierten uns damals und versöhnten uns wieder, flickten das geborstene Zutrauen, und bald darauf sandte ich Ihnen »Die romantische Schule«, die Sie ebenfalls druckten… nachdem Sie dieselbe aus plötzlicher Angst, Gott weiß an welchem Orte, wieder zur Zensur geliefert und an Leib und Leben verstümmeln ließen! Diesmal brauchte ich mich etwas weniger zu ärgern, da unter dem Titel »Zur Geschichte der neuern schönen Literatur« in einer hier zu Paris erschienenen Ausgabe der unverstümmelte Text jenes Buches zum größten Teil enthalten und ich mich also vor boshaften Mißdeutungen einigermaßen geschützt glaubte. Auch war Ihre Furcht vor greller Verantwortlichkeit damals nicht ungegründet, eine gewisse Schwüle verkündigte das Gewitter, welches bald darauf, als Bundestagbeschluß gegen das Junge Deutschland, bei uns einschlug. Während es schon donnerte und gelinde blitzte, reichte ich Ihnen die versöhnliche Hand, zuckte die Achsel, unterwarf mich den regierenden Sternen, der fatalen Notwendigkeit, und beschloß, hinfüro nur leichte Phantasiespiele drucken zu
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