Sämtliche Werke
lassen, die, aller politischen Beziehungen bar, überall die Zensur passieren würden…
Mit solcher Resignation schickte ich Ihnen den dritten Teil des »Salons«, welcher eine harmlose Märchensammlung und eine literarisch wilde, doch politisch sehr zahme Vorrede enthielt; das Buch erlangte wirklich das volle Imprimatur, bis auf die Vorrede, womit sich sonderbare Dinge zutrugen. Diese war nämlich gegen den Stuttgarter Denunzianten gerichtet, und derselbe, wie ich erst später erfuhr, genoß damals bei gewissen Behörden eines außerordentlichen Schutzes. Freilich, der Angeber muß vom Staate geschützt werden, wenn er auch der erbärmlichste Schuft ist; sonst ist keine Polizei möglich. Zum Unglück für meine arme Vorrede ward dem erwähnten Denunzianten noch außerdem, durch die heimlichen Umtriebe seiner Wahlverwandten, überall Vorschub geleistet. Er stand nicht allein; so wie seine Denunziationen nicht bloß öffentlicher Art waren, so hatte er auch eine Menge im Dunkel einherschleichender Gehülfen. Ja, jene Denunziationen waren nicht bloß öffentlicher Art, bestanden nicht bloß in gedruckten Artikeln; vielleicht erinnern Sie sich, daß Sie sich damals erboten, mir einen eigenhändigen Brief zu verschaffen, den Herr Wolfgang Menzel kurz vor dem Erscheinen der Bundestagsbeschlüsse an Theodor Mundt geschrieben und worin er blödsinnigerweise seine häscherlichen Schelmereien selber verriet.
Aber Sie vergessen alles, lieber Campe, Sie vergessen sogar, daß Sie selber, bei Gelegenheit der Vorrede zum dritten Teile des »Salons«, gegen die geheimen Umtriebe der Menzelschen Wahlverwandten mit aller Macht zu kämpfen hatten und dergleichen nur durch Gegenlist vereiteln konnten. Namentlich beklagten Sie sich damals über einen gewissen Dr. Adrian, Zensor in Gießen, wohin Sie das Buch zum Druck gegeben; auf ihn warfen Sie die Schuld, daß der Inhalt, der bis zum Erscheinen desselben ein Geheimnis bleiben sollte, schon gleich in Stuttgart bekannt wurde. In Ihrem Briefe vom 21. Oktober 1836 schrieben Sie mir:
»Gesagt habe ich Ihnen, daß
Adrian
Ihr Zensor in Gießen ist, derselbe, der ›Bilder aus England‹ schrieb.
Dieser
gab in den ›Phönix‹ eine Notiz, daß der ›Salon‹ III mit hessischer Zensur in Gießen gedruckt würde. Ich mittelte das aus und habe durch den Redakteur Duller den Beweis in Händen, daß
er
es mitteilte. Diese Notiz ging in andre Blätter über und könnte so die Konfiskation
des Ganzen
zur Folge haben.
Die Absicht dieser Insinuation liegt nicht tief.«
In einem späteren Briefe klagten Sie, daß man Sie mit dem Imprimatur monatelang hinhalte – (in der Tat, es verflossen über neun Monate, ehe das Buch erschien) –, und Ihr Verdacht steigerte sich. Endlich, nachdem man Sie lange an der Nase herumgeführt, schrieben Sie mir folgendes in Ihrem Briefe vom 5. April 1837:
»Denken Sie, Adrian will das Imprimatur nicht für die Vorrede erteilen. Der Drucker hat an das Ministerium requiriert. Die Minister haben
gelacht
, aber so ein H……tt, der ›Skizzen aus England‹ schreibt, ist auf
seinem
Posten allmächtig,
sein Rezensent Menzel
gilt ihm mehr als Heine, er will also Pietät üben.«
Diese Erinnerungen mögen Ihnen einen ungefähren Begriff davon geben, was ich unter dem Ausdruck »
die geheimen Umtriebe der Wahlverwandten«
eigentlich verstehe. Eine präzise Definition ist hier unmöglich. Das sind Dinge, die weit eher gerochen als gesehen und betastet werden. Sie könnten mir ebensogut zumuten, den Wind mit fester Hand zu erfassen oder die Dunkelheit zu beleuchten… Es kann mir da wohl begegnen, daß, sowie ich mit der Laterne herankomme, die Schatten, die ich jedem zeigen wollte, spurlos verschwunden sind.
Polemische Arbeiten, wobei das Interesse des Augenblicks in Anspruch genommen wird, verlieren durch Verzögerung des Drucks den besten Teil ihres Wertes; nichtsdestoweniger dankte ich Ihnen, daß Sie unter dem Titel »Über den Denunzianten« die erwähnte Vorrede des dritten »Salon«-Teils als Broschüre unverstümmelt herausgaben. Ich schöpfte wieder neuen Glauben an Ihren Druckmut, ich ward wieder sicher. Nicht wenig mußte ich mich daher verwundern, als ich, bei Ihnen anfragend, wie es mit dem Druck des zweiten Bandes des »Buchs der Lieder« aussehe, die Antwort erhielt: Nicht so dumm, diesmal sei das Manuskript nicht nach Gießen zur Zensur geschickt worden, sondern nach Darmstadt, und von dort wäre noch keine Nachricht angelangt. Ich mußte herzlich
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