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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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    Ja, zählt auf mich und helft euch selbst,
    Dann wird auch Gott euch helfen!«
    Das war die Rede, die ich hielt,
    Ganz ohne Vorbereitung;
    Verstümmelt hat Kolb sie abgedruckt
    In der »Allgemeinen Zeitung«.
    Caput XIII
    Die Sonne ging auf bei Paderborn,
    Mit sehr verdroßner Gebärde.
    Sie treibt in der Tat ein verdrießlich Geschäft –
    Beleuchten die dumme Erde!
    Hat sie die eine Seite erhellt,
    Und bringt sie mit strahlender Eile
    Der andern ihr Licht, so verdunkelt schon
    Sich jene mittlerweile.
    Der Stein entrollt dem Sisyphus,
    Der Danaiden Tonne
    Wird nie gefüllt, und den Erdenball
    Beleuchtet vergeblich die Sonne! –
    Und als der Morgennebel zerrann,
    Da sah ich am Wege ragen,
    Im Frührotschein, das Bild des Manns,
    Der an das Kreuz geschlagen.
    Mit Wehmut erfüllt mich jedesmal
    Dein Anblick, mein armer Vetter,
    Der du die Welt erlösen gewollt,
    Du Narr, du Menschheitsretter!
    Sie haben dir übel mitgespielt,
    Die Herren vom hohen Rate.
    Wer hieß dich auch reden so rücksichtslos
    Von der Kirche und vom Staate!
    Zu deinem Malheur war die Buchdruckerei
    Noch nicht in jenen Tagen
    Erfunden; du hättest geschrieben ein Buch
    Über die Himmelsfragen.
    Der Zensor hätte gestrichen darin,
    Was etwa anzüglich auf Erden,
    Und liebend bewahrte dich die Zensur
    Vor dem Gekreuzigtwerden.
    Ach! hättest du nur einen andern Text
    Zu deiner Bergpredigt genommen,
    Besaßest ja Geist und Talent genug,
    Und konntest schonen die Frommen!
    Geldwechsler, Bankiers, hast du sogar
    Mit der Peitsche gejagt aus dem Tempel –
    Unglücklicher Schwärmer, jetzt hängst du am Kreuz
    Als warnendes Exempel!
    Caput XIV
    Ein feuchter Wind, ein kahles Land,
    Die Chaise wackelt im Schlamme;
    Doch singt es und klingt es in meinem Gemüt:
    »Sonne, du klagende Flamme!«
    Das ist der Schlußreim des alten Lieds,
    Das oft meine Amme gesungen –
    »Sonne, du klagende Flamme!« Das hat
    Wie Waldhornruf geklungen.
    Es kommt im Lied ein Mörder vor,
    Der lebt’ in Lust und Freude;
    Man findet ihn endlich im Walde gehenkt
    An einer grauen Weide.
    Der Mörders Todesurteil war
    Genagelt am Weidenstamme;
    Das haben die Rächer der Feme getan –
    »Sonne, du klagende Flamme!«
    Die Sonne war Kläger, sie hatte bewirkt,
    Daß man den Mörder verdamme.
    Ottilie hatte sterbend geschrien:
    »Sonne, du klagende Flamme!«
    Und denk ich des Liedes, so denk ich auch
    Der Amme, der lieben Alten;
    Ich sehe wieder ihr braunes Gesicht,
    Mit allen Runzeln und Falten.
    Sie war geboren im Münsterland,
    Und wußte, in großer Menge,
    Gespenstergeschichten, grausenhaft,
    Und Märchen und Volksgesänge.
    Wie pochte mein Herz, wenn die alte Frau
    Von der Königstochter erzählte,
    Die einsam auf der Heide saß
    Und die goldnen Haare strählte.
    Die Gänse mußte sie hüten dort
    Als Gänsemagd, und trieb sie
    Am Abend die Gänse wieder durchs Tor,
    Gar traurig stehen blieb sie.
    Denn angenagelt über dem Tor
    Sah sie ein Roßhaupt ragen,
    Das war der Kopf des armen Pferds,
    Das sie in die Fremde getragen.
    Die Königstochter seufzte tief:
    »O Falada, daß du hangest!«
    Der Pferdekopf herunterrief:
    »O wehe! daß du gangest!«
    Die Königstochter seufzte tief:
    »Wenn das meine Mutter wüßte!«
    Der Pferdekopf herunterrief:
    »Ihr Herze brechen müßte!«
    Mit stockendem Atem horchte ich hin,
    Wenn die Alte ernster und leiser
    Zu sprechen begann und vom Rotbart sprach,
    Von unserem heimlichen Kaiser.
    Sie hat mir versichert, er sei nicht tot,
    Wie da glauben die Gelehrten,
    Er hause versteckt in einem Berg
    Mit seinen Waffengefährten.
    Kyffhäuser ist der Berg genannt,
    Und drinnen ist eine Höhle;
    Die Ampeln erhellen so geisterhaft
    Die hochgewölbten Säle.
    Ein Marstall ist der erste Saal,
    Und dorten kann man sehen
    Viel tausend Pferde, blankgeschirrt,
    Die an den Krippen stehen.
    Sie sind gesattelt und gezäumt,
    Jedoch von diesen Rossen
    Kein einziges wiehert, kein einziges stampft,
    Sind still, wie aus Eisen gegossen.
    Im zweiten Saale, auf der Streu,
    Sieht man Soldaten liegen,
    Viel tausend Soldaten, bärtiges Volk,
    Mit kriegerisch trotzigen Zügen.
    Sie sind gerüstet von Kopf bis Fuß,
    Doch alle diese Braven,
    Sie rühren sich nicht, bewegen sich nicht,
    Sie liegen fest und schlafen.
    Hochaufgestapelt im dritten Saal
    Sind Schwerter, Streitäxte, Speere,
    Harnische, Helme, von Silber und Stahl,
    Altfränkische Feuergewehre.
    Sehr wenig Kanonen, jedoch genug,
    Um eine Trophäe zu bilden.
    Hoch ragt daraus eine Fahne hervor,
    Die Farbe

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