Sämtliche Werke
ihr leises Todeswimmern.
Verändert sind die Namen und die Menschen;
Was eh’mals Liebe hieß, heißt jetzo Haß. –
Doch hör ich schon die lieben Gäste kommen,
Und gar bescheiden geh ich aus dem Weg. –
Geht ab.
Das Schloßtor öffnet sich ganz; buntes Gewühl und verworrene Stimmen. Bediente mit Lichtern treten hervor.
ALYS STIMME.
Nein, Señor, nein, das leid ich nimmermehr.
EINE ANDRE STIMME.
Die Nacht ist ja recht schön und sternenhell.
Unweit von hier stehn unsre Pferd’ und Maultier’,
Und weiche Sänften für die weichen Damen.
EINE DRITTE STIMME
beschwichtigend.
Nur eine kleine Strecke ist’s, Señora,
Und nicht zu groß für Euren kleinen Fuß.
Damen, Ritter, Fackelträger, Musikanten usw. kommen aus dem Schlosse. Jede Dame wird von einem Ritter geführt.
ERSTER RITTER.
Verstandet Ihr den leisen Wink, Señora?
SEINE DAME
lächelnd.
Ihr seid heut boshaft, boshaft, Don Antonio.
Gehn vorüber.
EINE ANDRE DAME
heftig.
Doch überladen war die Stickerei,
Und noch ein bißchen maurisch war der Schnitt.
IHR RITTER
mit verstelltem Ernste.
Jedoch, was soll das arme Mädchen machen
Mit all den alten, reichen Maurenkleidern?
DIE DAME.
Gibt’s keine Maskenbälle, süßer Spötter?
Gehn vorüber.
Zwei Ritter gehn im Arm gefaßt.
DER ERSTE.
Dem alten Herrn sah man den Ärger an,
Als ihm der Diener, mit gekreuzten Armen,
Des Bratens Unfall in der Angst berichtet.
DER ZWEITE
spöttisch.
Das war noch nichts. Er biß sich blau die Lippen,
Als Carlos laut den wilden Schweinskopf lobte
Und scherzhaft drollig den Propheten schalt,
Der seinem Volk ein solch Gericht versagt hat.
DER ERSTE
gutmütig.
Aus lieber Dummheit tat’s der alte Schlemmer,
Dem Wein und Bratenduft den Sinn umnebelt.
DER ZWEITE
mit schlauem Seitenblick.
Die Dummheit geht oft Hand in Hand mit Bosheit.
Gehn vorüber.
Zwei andre Ritter kommen sprechend.
DER EINE RITTER
sieht sich sorgsam um.
Wir waren wohl die einz’gen Maurenchristen,
Die Aly eingeladen, und als Carlos –
DER ANDRE RITTER.
Versteh, Schmerz zuckte über Alys Antlitz,
Er sah uns forschend an – wem traut man jetzt?
Gehn langsam vorüber.
Musikanten, ihre Instrumente stimmend, gehen vorüber.
EIN JUNGER FIEDLER.
Gesprungen ist mir wieder eine Saite.
DER ALTE.
Ja, ja, im Kopfe springt dir sicher keine;
Die Saiten des Gehirns strengst du nicht an,
Und plagst mich immer mit den dümmsten Fragen.
DER JUNGE FIEDLER
schmeichelnd.
Nur eins noch sag mir, dein Verstand ist ja
So fein wie eines Fiedelbogens Härchen;
Und du bist ja der Klügste von uns allen,
Du stehst ja zwischen uns, so wie dein Brummbaß
Großmächtig stehet zwischen unsern Geigen –
Doch du bist auch so brummig wie dein Brummbaß –
O sag mir doch: warum denn Don Gonzalvo
So hastig und so ängstlich auf uns einsprang,
Als wir den hübschen Maurentanz, den Zambra,
Aufspielen wollten, und warum statt dessen
Hieß er den spanischen Fandango spielen?
DER ALTE
mit selbstgefällig pfiffiger Miene.
He! he! das weiß ich wohl, doch sag ich’s nicht;
Denn so was spielt schon in die Politik.
Sie gehn vorüber.
Man hört im Schlosse Don Enriques Stimme.
DON ENRIQUE.
Ich hab genug an e i n e m Fackelträger.
Mein Esel, der Diego, leuchtet mir; –
Zärtlich. –
Und vor mir schweben immer, freundlich leitend,
Zwei Liebessternlein, Doña Claras Augen!
Verworrene Stimmen. Die Türe wird geschlossen. Don Enrique und Don Diego treten auf; letzterer in Bedientenkleidung und eine Fackel tragend.
DON DIEGO
stolz.
Wir tauschen jetzt die Rollen, gnäd’ger Herr,
Und Ihr seid jetzt der Diener und – der Esel.
DON ENRIQUE
nimmt die Fackel.
Ich tat nach Kräften, Señor, seid nicht launisch.
DON DIEGO
mit Grandezza.
Auf Ehre, Señor, ganz ein andrer schient Ihr,
Als ich zuerst Bekanntschaft mit Euch machte,
Im Zuchthaus zu Puente del Sahurro.
DON ENRIQUE
beschwichtigend.
Grollt nicht, ich bin Eu’r treuer Zögling, Señor.
DON DIEGO.
Mein Zögling muß mit beßren Schmeichelei’n
Sich reicher Damen Gunst erwerben können.
Was soll denn der Vergleich mit schmächt’gen Sternlein?
Mit Sonnen muß man so ein Lieb vergleichen!
Lernt nur auswendig besser unsre Dichter,
Und schmiert mit Öl geschmeidig Eure Zung’,
Die Euch wie eingerostet lag im Munde,
Als Ihr so stumm an Claras Seite saßet.
DON ENRIQUE
schmachtend.
Ich sah entzückt auf ihr schneeweißes Händchen!
DON
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