Sämtliche Werke
Liebe taucht er unter,
Kühlt im Wasser seine Gluten.
Wollustatmend, in der Schwüle,
Schnäbeln weiße Turteltäubchen;
Flimmernd, wie zum Liebesspiele,
Fliegt der Glühwurm nach dem Weibchen.
Lüftlein schauern wundersüße,
Ziehen feiernd durch die Bäume,
Werfen Kuß und Liebesgrüße
Nach den Schatten weicher Träume.
Blümlein hüpfet, Bächlein springet,
Sternlein kommt herabgeschossen,
Alles wacht und lacht und singet –
Liebe hat ihr Reich erschlossen.
ZULEIMAS STIMME
im Schloß.
Ist es ein Traum, der freundlich mich umgaukelt
Und liebe Töne in mein Ohr zurückruft?
Ist es ein Unhold, der, mich zu verlocken,
Des Freundes süße Stimme künstlich nachäfft?
Ist’s gar der tote, irrende Almansor,
Der in der Nacht gespenstisch mich umschleicht?
ALMANSOR.
Es ist kein Traum, der täuschend dich umgaukelt,
Es ist kein Unhold, der dich will verlocken,
Auch ist’s kein toter, irrender Almansor –
Es ist Almansor selbst, der Sohn Abdullahs.
Er ist zurückgekehrt, und trägt noch immer
Lebend’ge Liebe im lebend’gen Herzen.
Zuleima tritt, mit einem Lichte, auf den Balkon.
ZULEIMA.
Sei mir gegrüßt, Almansor ben Abdullah,
Sei mir gegrüßt im Reiche der Lebend’gen!
Denn längst kam uns die trübe Mär: tot sei
Almansor – und Zuleimas Augen wurden
Zwei unversiegbar stille Tränenquellen.
ALMANSOR.
O süße Lichter, holde Veilchenaugen,
So seid ihr mir noch immer treu geblieben,
Als meiner schon vergaß Zuleimas Seele!
ZULEIMA.
Die Augen sind der Seele klare Fenster,
Und Tränen sind der Seele weißes Blut.
ALMANSOR.
Und floß auch Blut schon aus Almansors Seele,
Am Grab der Mutter und am Grab des Vaters,
So muß sie jetzt doch ganz und gar verbluten,
Hier an dem Grabe von Zuleimas Liebe.
ZULEIMA.
O schlimme Worte und noch schlimmre Kunden!
Ihr bohrt euch schneidend ein in meine Brust,
Und auch Zuleimas Seele muß verbluten.
Sie weint.
ALMANSOR.
O weine nicht! Wie glühnde Naphthatropfen,
So fallen deine Tränen auf mein Herz.
Mein Wort soll dich jetzt nimmermehr verletzen!
Verehren will ich dich wie’n Heiligtum,
In dessen Näh’ sogar des Blutes Rächer
Die scharfe Spitze abbricht von der Lanze;
In dessen Näh’ die Taube und Gazelle
Gesichert sind vor schlimmen Jägerspfeilen;
In dessen Näh’ selbst gier’ge Räubershände
Sich demutsvoll nur zum Gebet bewegen.
Zuleima, du bist meine heil’ge Kaaba,
Dich glaubte ich zu küssen, als zu Mekka
Mein glühnder Mund berührt den heil’gen Stein; –
Du bist so süß, doch auch so kalt wie er!
ZULEIMA.
Bin ich dein Heiligtum, so brich sie ab,
Die scharfe Lanzenspitze deiner Worte;
So laß im Köcher ruhn die argen Pfeile,
Die luftbefiedert in mein Herze treffen;
Und falte nicht wie zum Gebet die Hände,
Um desto sichrer meine Ruh’ zu rauben.
Genug schon schmerzt mich deine böse Kunde
Vom Tod Abdullahs und Fatymas; beide
Hab ich wie eigne Eltern stets geliebt,
Und beide nannten mich auch gerne »Tochter!«
O sprich, wie starb Fatyma, unsre Mutter?
ALMANSOR.
Auf ihrem Ruhebette lag die Mutter,
Zur Linken kniete ich und weinte still,
Zur Rechten stand Abdullah, starr und stumm,
Und mit der Friedenspalme schwebte sichtbar
Der Todesengel über Mutters Haupt.
Ich wollte sie entreißen diesem Engel,
Und ängstlich hielt ich fest der Mutter Hand.
Doch wie die Sanduhr leis und leiser rinnet,
So rann das Leben aus der Hand der Mutter;
Auf ihrem bleichen Antlitz zuckten wechselnd
Ein Lächeln und ein Schmerz, und wie ich leise
Mich hinbog über sie, da seufzte sie
Aus tiefer Brust: »Bring diesen Kuß Zuleimen.«
Bei diesem Namen stöhnte auf Abdullah,
Wie ein zu Tod getroffnes wildes Tier.
Die Mutter sprach nicht mehr, die kalte Hand nur
Lag in der meinigen, wie ein Versprechen.
ZULEIMA.
O Mutter, o Fatyma, du hast noch
Bis in den Tod geliebt dein armes Kind!
Abdullah aber hat mich noch gehaßt,
Als er hinabstieg in sein dunkles Haus.
ALMANSOR.
Nicht mit ins Grab nahm er den Haß. Obzwar,
Wenn nur durch Zufall ihm ins Ohr geklungen
Die Namen Aly und Zuleima, so
Erwacht’ in seiner Brust der Sturm, wie Wolken
Umzog es seine Stirn, sein Auge blitzte,
Und seinem Mund entquoll Verwünschungsfluch.
Doch einst nach solchem Sturme fiel der Vater,
Ermattet und betäubt, in tiefen Schlaf.
Ich stand bei ihm, auf sein Erwachen harrend.
Wie staunte ich! Als er die Wimper aufschlug,
Da lag in seinem Blick, statt Zornesglühen,
Nur klare Freundlichkeit und
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