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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Ende.
    57.
    Habe mich mit Liebesreden
    Festgelogen an dein Herz,
    Und, verstrickt in eignen Fäden,
    Wird zum Ernste mir mein Scherz.
    Wenn du dich mit vollem Rechte
    Scherzend nun von mir entfernst,
    Nahn sich mir die Höllenmächte,
    Und ich schieß mich tot im Ernst.
    58.
    Zu fragmentarisch ist Welt und Leben!
    Ich will mich zum deutschen Professor begeben.
    Der weiß das Leben zusammenzusetzen,
    Und er macht ein verständlich System daraus;
    Mit seinen Nachtmützen und Schlafrockfetzen
    Stopft er die Lücken des Weltenbaus.
    59.
    Ich hab mir lang den Kopf zerbrochen,
    Mit Denken und Sinnen, Tag und Nacht,
    Doch deine liebenswürdigen Augen,
    Sie haben mich zum Entschluß gebracht.
    Jetzt bleib ich, wo deine Augen leuchten,
    In ihrer süßen, klugen Pracht –
    Daß ich noch einmal würde lieben,
    Ich hätt es nimmermehr gedacht.
    60.
    Sie haben heut abend Gesellschaft,
    Und das Haus ist lichterfüllt.
    Dort oben am hellen Fenster
    Bewegt sich ein Schattenbild.
    Du schaust mich nicht, im Dunkeln
    Steh ich hier unten allein;
    Noch wen’ger kannst du schauen
    In mein dunkles Herz hinein.
    Mein dunkles Herze liebt dich,
    Es liebt dich und es bricht,
    Und bricht und zuckt und verblutet,
    Aber du siehst es nicht.
    61.
    Ich wollt, meine Schmerzen ergössen
    Sich all in ein einziges Wort,
    Das gäb ich den lustigen Winden,
    Die trügen es lustig fort.
    Sie tragen zu dir, Geliebte,
    Das schmerzerfüllte Wort;
    Du hörst es zu jeder Stunde,
    Du hörst es an jedem Ort.
    Und hast du zum nächtlichen Schlummer
    Geschlossen die Augen kaum,
    So wird dich mein Wort verfolgen
    Bis in den tiefsten Traum.
    62.
    Du hast Diamanten und Perlen,
    Hast alles, was Menschenbegehr,
    Und hast die schönsten Augen –
    Mein Liebchen, was willst du mehr?
    Auf deine schönen Augen
    Hab ich ein ganzes Heer
    Von ewigen Liedern gedichtet –
    Mein Liebchen, was willst du mehr?
    Mit deinen schönen Augen
    Hast du mich gequält so sehr,
    Und hast mich zugrunde gerichtet –
    Mein Liebchen, was willst du mehr?
    63.
    Wer zum ersten Male liebt,
    Sei’s auch glücklos, ist ein Gott;
    Aber wer zum zweiten Male
    Glücklos liebt, der ist ein Narr.
    Ich, ein solcher Narr, ich liebe
    Wieder ohne Gegenliebe!
    Sonne, Mond und Sterne lachen,
    Und ich lache mit – und sterbe.
    64.
    Gaben mir Rat und gute Lehren,
    Überschütteten mich mit Ehren,
    Sagten, daß ich nur warten sollt,
    Haben mich protegieren gewollt.
    Aber bei all ihrem Protegieren,
    Hätte ich können vor Hunger krepieren,
    Wär nicht gekommen ein braver Mann,
    Wacker nahm er sich meiner an.
    Braver Mann! Er schafft mir zu essen!
    Will es ihm nie und nimmer vergessen!
    Schade, daß ich ihn nicht küssen kann!
    Denn ich bin selbst dieser brave Mann.
    65.
    Diesen liebenswürd’gen Jüngling
    Kann man nicht genug verehren;
    Oft traktiert er mich mit Austern,
    Und mit Rheinwein und Likören.
    Zierlich sitzt ihm Rock und Höschen,
    Doch noch zierlicher die Binde,
    Und so kommt er jeden Morgen,
    Fragt, ob ich mich wohl befinde;
    Spricht von meinem weiten Ruhme,
    Meiner Anmut, meinen Witzen;
    Eifrig und geschäftig ist er,
    Mir zu dienen, mir zu nützen.
    Und des Abends, in Gesellschaft,
    Mit begeistertem Gesichte,
    Deklamiert er vor den Damen
    Meine göttlichen Gedichte.
    Oh, wie ist es hoch erfreulich,
    Solchen Jüngling noch zu finden,
    Jetzt in unsrer Zeit, wo täglich
    Mehr und mehr die Bessern schwinden.
    66.
    Mir träumt’: Ich bin der liebe Gott,
    Und sitz im Himmel droben,
    Und Englein sitzen um mich her,
    Die meine Verse loben.
    Und Kuchen eß ich und Konfekt
    Für manchen lieben Gulden,
    Und Kardinal trink ich dabei,
    Und habe keine Schulden.
    Doch Langeweile plagt mich sehr,
    Ich wollt, ich wär auf Erden,
    Und wär ich nicht der liebe Gott,
    Ich könnt des Teufels werden.
    »Du langer Engel Gabriel,
    Geh, mach dich auf die Sohlen,
    Und meinen teuren Freund Eugen
    Sollst du herauf mir holen.
    Such ihn nicht im Kollegium,
    Such ihn beim Glas Tokaier;
    Such ihn nicht in der Hedwigskirch’,
    Such ihn bei Mamsell Meyer.«
    Da breitet aus sein Flügelpaar
    Und fliegt herab der Engel,
    Und packt ihn auf, und bringt herauf
    Den Freund, den lieben Bengel.
    »Ja, Jung’, ich bin der liebe Gott,
    Und ich regiere die Erde!
    Ich hab’s ja immer dir gesagt,
    Daß ich was Rechts noch werde.
    Und Wunder tu ich alle Tag’,
    Die sollen dich entzücken,
    Und dir zum Spaße will ich heut
    Die Stadt Berlin beglücken.
    Die Pflastersteine auf der Straß’,
    Die sollen jetzt sich spalten,
    Und eine

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