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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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unendlich elend, stolzes Herz,
    Und jetzo bist du elend.
    25.
    Die Jahre kommen und gehen,
    Geschlechter steigen ins Grab,
    Doch nimmer vergeht die Liebe,
    Die ich im Herzen hab.
    Nur einmal noch möcht ich dich sehen,
    Und sinken vor dir aufs Knie,
    Und sterbend zu dir sprechen:
    »Madame, ich liebe Sie!«
    26.
    Mir träumte: Traurig schaute der Mond,
    Und traurig schienen die Sterne;
    Es trug mich zur Stadt, wo Liebchen wohnt,
    Viel hundert Meilen ferne.
    Es hat mich zu ihrem Hause geführt,
    Ich küßte die Steine der Treppe,
    Die oft ihr kleiner Fuß berührt
    Und ihres Kleides Schleppe.
    Die Nacht war lang, die Nacht war kalt,
    Es waren so kalt die Steine;
    Es lugt’ aus dem Fenster die blasse Gestalt,
    Beleuchtet vom Mondenscheine.
    27.
    Was will die einsame Träne?
    Sie trübt mir ja den Blick.
    Sie blieb aus alten Zeiten
    In meinem Auge zurück.
    Sie hatte viel leuchtende Schwestern,
    Die alle zerflossen sind,
    Mit meinen Qualen und Freuden,
    Zerflossen in Nacht und Wind.
    Wie Nebel sind auch zerflossen
    Die blauen Sternelein,
    Die mir jene Freuden und Qualen
    Gelächelt ins Herz hinein.
    Ach, meine Liebe selber
    Zerfloß wie eitel Hauch!
    Du alte, einsame Träne,
    Zerfließe jetzunder auch!
    28.
    Der bleiche, herbstliche Halbmond
    Lugt aus den Wolken heraus;
    Ganz einsam liegt auf dem Kirchhof
    Das stille Pfarrerhaus.
    Die Mutter liest in der Bibel,
    Der Sohn, der starret ins Licht,
    Schlaftrunken dehnt sich die ältre,
    Die jüngere Tochter spricht:
    »Ach Gott, wie einem die Tage
    Langweilig hier vergehn!
    Nur wenn sie einen begraben,
    Bekommen wir etwas zu sehn.«
    Die Mutter spricht zwischen dem Lesen:
    »Du irrst, es starben nur vier,
    Seit man deinen Vater begraben
    Dort an der Kirchhofstür.«
    Die ältre Tochter gähnet:
    »Ich will nicht verhungern bei euch,
    Ich gehe morgen zum Grafen,
    Und der ist verliebt und reich.«
    Der Sohn bricht aus in Lachen:
    »Drei Jäger zechen im Stern,
    Die machen Gold und lehren
    Mir das Geheimnis gern.«
    Die Mutter wirft ihm die Bibel
    Ins magre Gesicht hinein:
    »So willst du, Gottverfluchter,
    Ein Straßenräuber sein!«
    Sie hören pochen ans Fenster,
    Und sehn eine winkende Hand;
    Der tote Vater steht draußen
    Im schwarzen Pred’gergewand.
    29.
    Das ist ein schlechtes Wetter,
    Es regnet und stürmt und schneit;
    Ich sitze am Fenster und schaue
    Hinaus in die Dunkelheit.
    Da schimmert ein einsames Lichtchen,
    Das wandelt langsam fort;
    Ein Mütterchen mit dem Laternchen
    Wankt über die Straße dort.
    Ich glaube, Mehl und Eier
    Und Butter kaufte sie ein;
    Sie will einen Kuchen backen
    Fürs große Töchterlein.
    Die liegt zu Haus im Lehnstuhl,
    Und blinzelt schläfrig ins Licht;
    Die goldnen Locken wallen
    Über das süße Gesicht.
    30.
    Man glaubt, daß ich mich gräme
    In bitterm Liebesleid,
    Und endlich glaub ich es selber,
    So gut wie andre Leut’.
    Du Kleine mit großen Augen,
    Ich hab es dir immer gesagt,
    Daß ich dich unsäglich liebe,
    Daß Liebe mein Herz zernagt.
    Doch nur in einsamer Kammer
    Sprach ich auf solche Art,
    Und ach! ich hab immer geschwiegen
    In deiner Gegenwart.
    Da gab es böse Engel,
    Die hielten mir zu den Mund;
    Und ach! durch böse Engel
    Bin ich so elend jetzund.
    31.
    Deine weißen Lilienfinger,
    Könnt ich sie noch einmal küssen,
    Und sie drücken an mein Herz,
    Und vergehn in stillem Weinen!
    Deine klaren Veilchenaugen
    Schweben vor mir Tag und Nacht,
    Und mich quält es: was bedeuten
    Diese süßen, blauen Rätsel?
    32.
    »Hat sie sich denn nie geäußert
    Über dein verliebtes Wesen?
    Konntest du in ihren Augen
    Niemals Gegenliebe lesen?
    Konntest du in ihren Augen
    Niemals bis zur Seele dringen?
    Und du bist ja sonst kein Esel,
    Teurer Freund, in solchen Dingen.«
    33.
    Sie liebten sich beide, doch keiner
    Wollt es dem andern gestehn;
    Sie sahen sich an so feindlich,
    Und wollten vor Liebe vergehn.
    Sie trennten sich endlich und sahn sich
    Nur noch zuweilen im Traum;
    Sie waren längst gestorben,
    Und wußten es selber kaum.
    34.
    Und als ich euch meine Schmerzen geklagt,
    Da habt ihr gegähnt und nichts gesagt;
    Doch als ich sie zierlich in Verse gebracht,
    Da habt ihr mir große Elogen gemacht.
    35.
    Ich rief den Teufel, und er kam,
    Und ich sah ihn mit Verwundrung an.
    Er ist nicht häßlich und ist nicht lahm,
    Er ist ein lieber, scharmanter Mann,
    Ein Mann in seinen besten Jahren,
    Verbindlich und höflich und welterfahren.
    Er ist ein gescheuter Diplomat,
    Und spricht recht schön über Kirch’und Staat
    Blaß ist

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