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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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euch,
    Nur wenn wir im Kot uns fanden,
    So verstanden wir uns gleich.
    79.
    Doch die Kastraten klagten,
    Als ich meine Stimm’ erhob;
    Sie klagten und sie sagten:
    Ich sänge viel zu grob.
    Und lieblich erhoben sie alle
    Die kleinen Stimmelein,
    Die Trillerchen, wie Kristalle,
    Sie klangen so fein und rein.
    Sie sangen von Liebessehnen,
    Von Liebe und Liebeserguß;
    Die Damen schwammen in Tränen
    Bei solchem Kunstgenuß.
    80.
    Auf den Wällen Salamankas
    Sind die Lüfte lind und labend;
    Dort, mit meiner holden Doña,
    Wandle ich am Sommerabend.
    Um den schlanken Leib der Schönen
    Hab ich meinen Arm gebogen,
    Und mit sel’gem Finger fühl ich
    Ihres Busens stolzes Wogen.
    Doch ein ängstliches Geflüster
    Zieht sich durch die Lindenbäume,
    Und der dunkle Mühlbach unten
    Murmelt böse, bange Träume.
    »Ach, Señora, Ahnung sagt mir:
    Einst wird man mich relegieren,
    Und auf Salamankas Wällen
    Gehn wir nimmermehr spazieren.«
    81.
    Neben mir wohnt Don Henriquez,
    Den man auch den Schönen nennet;
    Nachbarlich sind unsre Zimmer,
    Nur von dünner Wand getrennet.
    Salamankas Damen glühen,
    Wenn er durch die Straßen schreitet,
    Sporenklirrend, schnurrbartkräuselnd,
    Und von Hunden stets begleitet.
    Doch in stiller Abendstunde
    Sitzt er ganz allein daheime,
    In den Händen die Gitarre,
    In der Seele süße Träume.
    In die Saiten greift er bebend
    Und beginnt zu phantasieren –
    Ach! wie Katzenjammer quält mich
    Sein Geschnarr und Quinquilieren.
    82.
    Kaum sahen wir uns, und an Augen und Stimme
    Merkt ich, daß du mir gewogen bist;
    Stand nicht dabei die Mutter, die schlimme,
    Ich glaube, wir hätten uns gleich geküßt.
    Und morgen verlasse ich wieder das Städtchen,
    Und eile fort im alten Lauf;
    Dann lauert am Fenster mein blondes Mädchen,
    Und freundliche Grüße werf ich hinauf.
    83.
    Über die Berge steigt schon die Sonne,
    Die Lämmerherde läutet fern;
    Mein Liebchen, mein Lamm, meine Sonne und Wonne,
    Noch einmal säh ich dich gar zu gern!
    Ich schaue hinauf, mit spähender Miene –
    Leb wohl, mein Kind, ich wandre von hier!
    Vergebens! Es regt sich keine Gardine;
    Sie liegt noch und schläft – und träumt von mir?
    84.
    Zu Halle auf dem Markt,
    Da stehn zwei große Löwen.
    Ei, du hallischer Löwentrotz,
    Wie hat man dich gezähmet!
    Zu Halle auf dem Markt,
    Da steht ein großer Riese.
    Er hat ein Schwert und regt sich nicht,
    Er ist vor Schreck versteinert.
    Zu Halle auf dem Markt,
    Da steht eine große Kirche.
    Die Burschenschaft und die Landsmannschaft,
    Die haben dort Platz zum Beten.
    85.
    Dämmernd liegt der Sommerabend
    Über Wald und grünen Wiesen;
    Goldner Mond, im blauen Himmel,
    Strahlt herunter, duftig labend.
    An dem Bache zirpt die Grille,
    Und es regt sich in dem Wasser,
    Und der Wandrer hört ein Plätschern
    Und ein Atmen in der Stille.
    Dorten an dem Bach alleine,
    Badet sich die schöne Elfe;
    Arm und Nacken, weiß und lieblich,
    Schimmern in dem Mondenscheine.
    86.
    Nacht liegt auf den fremden Wegen,
    Krankes Herz und müde Glieder; –
    Ach, da fließt, wie stiller Segen,
    Süßer Mond, dein Licht hernieder.
    Süßer Mond, mit deinen Strahlen
    Scheuchest du das nächt’ge Grauen;
    Es zerrinnen meine Qualen,
    Und die Augen übertauen.
    87.
    Der Tod, das ist die kühle Nacht,
    Das Leben ist der schwüle Tag.
    Es dunkelt schon, mich schläfert,
    Der Tag hat mich müd’ gemacht.
    Über mein Bett erhebt sich ein Baum,
    Drin singt die junge Nachtigall;
    Sie singt von lauter Liebe,
    Ich hör es sogar im Traum.
    88.
    »Sag, wo ist dein schönes Liebchen,
    Das du einst so schön besungen,
    Als die zaubermächt’gen Flammen
    Wunderbar dein Herz durchdrungen?«
    Jene Flammen sind erloschen,
    Und mein Herz ist kalt und trübe,
    Und dies Büchlein ist die Urne
    Mit der Asche meiner Liebe.

    Götterdämmerung
    Der Mai ist da mit seinen goldnen Lichtern
    Und seidnen Lüften und gewürzten Düften,
    Und freundlich lockt er mit den weißen Blüten,
    Und grüßt aus tausend blauen Veilchenaugen,
    Und breitet aus den blumreich grünen Teppich,
    Durchwebt mit Sonnenschein und Morgentau,
    Und ruft herbei die lieben Menschenkinder.
    Das blöde Volk gehorcht dem ersten Ruf.
    Die Männer ziehn die Nankinghosen an
    Und Sonntagsröck’ mit goldnen Spiegelknöpfen;
    Die Frauen kleiden sich in Unschuldweiß;
    Jünglinge kräuseln sich den Frühlingsschnurrbart;
    Jungfrauen lassen ihre Busen wallen;
    Die Stadtpoeten stecken in die Tasche
    Papier und Bleistift und Lorgnett’; – und jubelnd
    Zieht

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