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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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Schloß.
    Dort tanzen die Fräulein und Ritter,
    Es jubelt der Knappentroß.
    Es rauschen die seidenen Schleppen,
    Es klirren die Eisenspor’n,
    Die Zwerge trompeten und pauken,
    Und fiedeln und blasen das Horn.
    Doch dich soll mein Arm umschlingen,
    Wie er Kaiser Heinrich umschlang; –
    Ich hielt ihm zu die Ohren,
    Wenn die Trompet’ erklang.
Die Nordsee
    1825–1826
    ~
    Erster Zyklus
    Zweiter Zyklus
    ~
Erster Zyklus
    ~
    1. Krönung
    2. Abenddämmerung
    3. Sonnenuntergang
    4. Die Nacht am Strande
    5. Poseidon
    6. Erklärung
    7. Nachts in der Kajüte
    8. Sturm
    9. Meeresstille
    10. Seegespenst
    11. Reinigung
    12. Frieden
    ~
    1.
Krönung
    Ihr Lieder! Ihr meine guten Lieder!
    Auf, auf! und wappnet euch!
    Laßt die Trompeten klingen,
    Und hebt mir auf den Schild
    Dies junge Mädchen,
    Das jetzt mein ganzes Herz
    Beherrschen soll, als Königin.
    Heil dir! du junge Königin!
    Von der Sonne droben
    Reiß ich das strahlend rote Gold,
    Und webe draus ein Diadem
    Für dein geweihtes Haupt.
    Von der flatternd blauseidnen Himmelsdecke,
    Worin die Nachtdiamanten blitzen,
    Schneid ich ein kostbar Stück,
    Und häng es dir, als Krönungsmantel,
    Um deine königliche Schulter.
    Ich gebe dir einen Hofstaat
    Von steifgeputzten Sonetten,
    Stolzen Terzinen und höflichen Stanzen;
    Als Läufer diene dir mein Witz,
    Als Hofnarr meine Phantasie,
    Als Herold, die lachende Träne im Wappen,
    Diene dir mein Humor.
    Aber ich selber, Königin,
    Ich knie vor dir nieder,
    Und huld’gend, auf rotem Sammetkissen,
    Überreiche ich dir
    Das bißchen Verstand,
    Das mir, aus Mitleid, noch gelassen hat
    Deine Vorgängerin im Reich.
    2.
Abenddämmerung
    Am blassen Meeresstrande
    Saß ich gedankenbekümmert und einsam.
    Die Sonne neigte sich tiefer, und warf
    Glührote Streifen auf das Wasser,
    Und die weißen, weiten Wellen,
    Von der Flut gedrängt,
    Schäumten und rauschten näher und näher –
    Ein seltsam Geräusch, ein Flüstern und Pfeifen,
    Ein Lachen und Murmeln, Seufzen und Sausen,
    Dazwischen ein wiegendliedheimliches Singen –
    Mir war als hört’ ich verschollne Sagen,
    Uralte, liebliche Märchen,
    Die ich einst, als Knabe,
    Von Nachbarskindern vernahm,
    Wenn wir am Sommerabend,
    Auf den Treppensteinen der Haustür,
    Zum stillen Erzählen niederkauerten,
    Mit kleinen, horchenden Herzen
    Und neugierklugen Augen; –
    Während die großen Mädchen,
    Neben duftenden Blumentöpfen,
    Gegenüber am Fenster saßen,
    Rosengesichter,
    Lächelnd und mondbeglänzt.
    3.
Sonnenuntergang
    Die glühend rote Sonne steigt
    Hinab ins weitaufschauernde,
    Silbergraue Weltenmeer;
    Luftgebilde, rosig angehaucht,
    Wallen ihr nach; und gegenüber,
    Aus herbstlich dämmernden Wolkenschleiern,
    Ein traurig todblasses Antlitz,
    Bricht hervor der Mond,
    Und hinter ihm, Lichtfünkchen,
    Nebelweit, schimmern die Sterne.
    Einst am Himmel glänzten,
    Eh’lich vereint,
    Luna, die Göttin, und Sol, der Gott,
    Und es wimmelten um sie her die Sterne,
    Die kleinen, unschuldigen Kinder.
    Doch böse Zungen zischelten Zwiespalt,
    Und es trennte sich feindlich
    Das hohe, leuchtende Eh’paar.
    Jetzt am Tage, in einsamer Pracht,
    Ergeht sich dort oben der Sonnengott,
    Ob seiner Herrlichkeit
    Angebetet und vielbesungen
    Von stolzen, glückgehärteten Menschen.
    Aber des Nachts,
    Am Himmel, wandelt Luna,
    Die arme Mutter,
    Mit ihren verwaisten Sternenkindern,
    Und sie glänzt in stiller Wehmut,
    Und liebende Mädchen und sanfte Dichter
    Weihen ihr Tränen und Lieder.
    Die weiche Luna! Weiblich gesinnt,
    Liebt sie noch immer den schönen Gemahl.
    Gegen Abend, zitternd und bleich,
    Lauscht sie hervor aus leichtem Gewölk,
    Und schaut nach dem Scheidenden, schmerzlich,
    Und möchte ihm ängstlich rufen: »Komm!
    Komm! die Kinder verlangen nach dir –«
    Aber der trotzige Sonnengott,
    Bei dem Anblick der Gattin erglüht er
    In doppeltem Purpur,
    Vor Zorn und Schmerz,
    Und unerbittlich eilt er hinab
    In sein flutenkaltes Witwerbett.
    *
    Böse, zischelnde Zungen
    Brachten also Schmerz und Verderben
    Selbst über ewige Götter.
    Und die armen Götter, oben am Himmel
    Wandeln sie, qualvoll,
    Trostlos unendliche Bahnen,
    Und können nicht sterben,
    Und schleppen mit sich
    Ihr strahlendes Elend.
    Ich aber, der Mensch,
    Der niedriggepflanzte, der todbeglückte,
    Ich klage nicht länger.
    4.
Die Nacht am Strande
    Sternlos und kalt ist die Nacht,
    Es gärt das Meer;
    Und über dem Meer, platt auf dem Bauch,
    Liegt der ungestaltete Nordwind,
    Und heimlich, mit ächzend gedämpfter

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