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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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und süßes Geliebtsein.
    Sie liebt mich! sie liebt mich! die holde Jungfrau!
    Jetzt steht sie daheim, am Erker des Hauses,
    Und schaut in die Dämmrung hinaus, auf die Landstraß’,
    Und horcht und sehnt sich nach mir – wahrhaftig!
    Vergebens späht sie umher und sie seufzet,
    Und seufzend steigt sie hinab in den Garten,
    Und wandelt in Duft und Mondschein,
    Und spricht mit den Blumen, erzählet ihnen,
    Wie ich, der Geliebte, so lieblich bin
    Und so liebenswürdig – wahrhaftig!
    Nachher im Bette, im Schlafe, im Traum,
    Umgaukelt sie selig mein teures Bild,
    Sogar des Morgens, beim Frühstück,
    Auf dem glänzenden Butterbrote,
    Sieht sie mein lächelndes Antlitz,
    Und sie frißt es auf vor Liebe – wahrhaftig!«
    Also prahlt er und prahlt er,
    Und zwischendrein schrillen die Möwen,
    Wie kaltes, ironisches Kichern.
    Die Dämmrungsnebel steigen herauf;
    Aus violettem Gewölk, unheimlich,
    Schaut hervor der grasgelbe Mond;
    Hochaufrauschen die Meereswogen,
    Und tief aus hochaufrauschendem Meer,
    Wehmütig wie flüsternder Windzug,
    Tönt der Gesang der Okeaniden,
    Der schönen, mitleidigen Wasserfraun,
    Vor allen vernehmbar die liebliche Stimme
    Der silberfüßigen Peleus-Gattin,
    Und sie seufzen und singen:
    »O Tor, du Tor, du prahlender Tor!
    Du kummergequälter!
    Dahingemordet sind all deine Hoffnungen,
    Die tändelnden Kinder des Herzens,
    Und, ach! dein Herz, Nioben gleich,
    Versteinert vor Gram!
    In deinem Haupte wird’s Nacht,
    Und es zucken hindurch die Blitze des Wahnsinns,
    Und du prahlst vor Schmerzen!
    O Tor, du Tor, du prahlender Tor!
    Halsstarrig bist du wie dein Ahnherr,
    Der hohe Titane, der himmlisches Feuer
    Den Göttern stahl und den Menschen gab,
    Und geiergequälet, felsengefesselt,
    Olymp-auf trotzte und trotzte und stöhnte,
    Daß wir es hörten im tiefen Meer,
    Und zu ihm kamen mit Trostgesang.
    O Tor, du Tor, du prahlender Tor!
    Du aber bist ohnmächtiger noch,
    Und es wäre vernünftig, du ehrtest die Götter,
    Und trügest geduldig die Last des Elends,
    Und trügest geduldig so lange, so lange,
    Bis Atlas selbst die Geduld verliert,
    Und die schwere Welt von den Schultern abwirft
    In die ewige Nacht.«
    So scholl der Gesang der Okeaniden,
    Der schönen, mitleidigen Wasserfraun,
    Bis lautere Wogen ihn überrauschten –
    Hinter die Wolken zog sich der Mond,
    Es gähnte die Nacht,
    Und ich saß noch lange im Dunkeln und weinte.
    6.
Die Götter Griechenlands
    Vollblühender Mond! In deinem Licht,
    Wie fließendes Gold, erglänzt das Meer;
    Wie Tagesklarheit, doch dämmrig verzaubert,
    Liegt’s über der weiten Strandesfläche;
    Und am hellblaun, sternlosen Himmel
    Schweben die weißen Wolken,
    Wie kolossale Götterbilder
    Von leuchtendem Marmor.
    Nein, nimmermehr, das sind keine Wolken!
    Das sind sie selber, die Götter von Hellas,
    Die einst so freudig die Welt beherrschten,
    Doch jetzt, verdrängt und verstorben,
    Als ungeheure Gespenster dahinziehn
    Am mitternächtlichen Himmel.
    Staunend, und seltsam geblendet, betracht ich
    Das luftige Pantheon,
    Die feierlich stummen, grau’nhaft bewegten
    Riesengestalten.
    Der dort ist Kronion, der Himmelskönig,
    Schneeweiß sind die Locken des Haupts,
    Die berühmten, olymposerschütternden Locken.
    Er hält in der Hand den erloschenen Blitz,
    In seinem Antlitz liegt Unglück und Gram,
    Und doch noch immer der alte Stolz.
    Das waren bessere Zeiten, o Zeus,
    Als du dich himmlisch ergötztest
    An Knaben und Nymphen und Hekatomben;
    Doch auch die Götter regieren nicht ewig,
    Die jungen verdrängen die alten,
    Wie du einst selber den greisen Vater
    Und deine Titanen-Öhme verdrängt hast,
    Jupiter Parricida!
    Auch dich erkenn ich, stolze Juno!
    Trotz all deiner eifersüchtigen Angst
    Hat doch eine andre das Zepter gewonnen.
    Und du bist nicht mehr die Himmelskön’gin,
    Und dein großes Aug’ ist erstarrt,
    Und deine Lilienarme sind kraftlos,
    Und nimmermehr trifft deine Rache
    Die gottbefruchtete Jungfrau
    Und den wundertätigen Gottessohn.
    Auch dich erkenn ich, Pallas Athene!
    Mit Schild und Weisheit konntest du nicht
    Abwehren das Götterverderben?
    Auch dich erkenn ich, auch dich, Aphrodite,
    Einst die goldene! jetzt die silberne!
    Zwar schmückt dich noch immer des Gürtels Liebreiz,
    Doch graut mir heimlich vor deiner Schönheit,
    Und wollt mich beglücken dein gütiger Leib,
    Wie andere Helden, ich stürbe vor Angst –
    Als Leichengöttin erscheinst du mir,
    Venus Libitina!
    Nicht mehr mit Liebe blickt nach dir,
    Dort, der

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