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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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mein Herzchen? Sag mir an.
     
    Käthchen.
Auf einer schönen grünen Wiese bin ich,
Wo alles bunt und voller Blumen ist.
     
    Der Graf vom Strahl.
Ach, die Vergißmeinnicht! Ach, die Kamillen!
     
    Käthchen.
Und hier die Veilchen; schaut ein ganzer Busch.
     
    Der Graf vom Strahl.
Ich will vom Pferde niedersteigen, Käthchen,
Und mich ins Gras ein wenig zu dir setzen.
- Soll ich?
     
    Käthchen.    Das tu, mein hoher Herr.
     
    Der Graf vom Strahl (als ob er riefe). He! Gottschalk! –
Wo laß ich doch das Pferd; – Gottschalk! Wo bist du?
     
    Käthchen.
Je, laß es stehn. Die Liese läuft nicht weg.
     
    Der Graf vom Strahl (lächelt).
Meinst du? – Nun denn, so seis!
    (Pause. – Er rasselt mit seiner Rüstung.)
    Mein liebes Käthchen!
    (Er faßt ihre Hand.)
     
    Käthchen.
Mein hoher Herr!
     
    Der Graf vom Strahl. Du bist mir wohl recht gut.
     
    Käthchen.
Gewiß! Von Herzen.
     
    Der Graf vom Strahl.    Aber ich – was meinst du?
Ich nicht.
     
    Käthchen (lächelnd). O Schelm!
     
    Der Graf vom Strahl.      Was, Schelm! Ich hoff –?
     
    Käthchen.   O geh!
Verliebt ja, wie ein Käfer, bist du mir.
     
    Der Graf vom Strahl.
Ein Käfer! Was! Ich glaub du bist –
     
    Käthchen.     Was sagst du?
     
    Der Graf vom Strahl (mit einem Seufzer).
Ihr Glaub ist, wie ein Turm, so fest gegründet! –
Seis! Ich ergebe mich darin. – Doch, Käthchen,
Wenns ist, wie du mir sagst –
     
    Käthchen.   Nun? Was beliebt?
     
    Der Graf vom Strahl.
Was, sprich, was soll draus werden?
     
    Käthchen.     Was draus soll werden?
     
    Der Graf vom Strahl.
Ja! hast dus schon bedacht?
     
    Käthchen.   Je, nun.
     
    Der Graf vom Strahl. – Was heißt das?
     
    Käthchen.
Zu Ostern, übers Jahr, wirst du mich heuern.
     
    Der Graf vom Strahl (das Lachen verbeißend).
So! Heuern! In der Tat! Das wußt ich nicht!
Kathrinchen, schau! – Wer hat dir das gesagt?
     
    Käthchen.
Das hat die Mariane mir gesagt.
     
    Der Graf vom Strahl.
So! Die Mariane! Ei! – Wer ist denn das?
     
    Käthchen.
Das ist die Magd, die sonst das Haus uns fegte.
     
    Der Graf vom Strahl.
Und die, die wußt es wiederum – von wem?
     
    Käthchen.
Die sahs im Blei, das sie geheimnisvoll
In der Silvesternacht, mir zugegossen.
     
    Der Graf vom Strahl.
Was du mir sagst! Da prophezeite sie –?
     
    Käthchen.
Ein großer, schöner Ritter würd mich heuern.
     
    Der Graf vom Strahl.
Und nun meinst du so frischweg, das sei ich?
     
    Käthchen.
Ja, mein verehrter Herr.
     
    (Pause.)
     
    Der Graf vom Strahl (gerührt). – Ich will dir sagen,
Mein Kind, ich glaub, es ist ein anderer.
Der Ritter Flammberg. Oder sonst. Was meinst du?
     
    Käthchen.
Nein, nein!
     
    Der Graf vom Strahl. Nicht?
     
    Käthchen.       Nein, nein, nein!
     
    Der Graf vom Strahl.    Warum nicht? Rede!
     
    Käthchen.
- Als ich zu Bett ging, da das Blei gegossen,
In der Silvesternacht, bat ich zu Gott,
Wenns wahr wär, was mir die Mariane sagte,
Möcht er den Ritter mir im Traume zeigen.
Und da erschienst du ja, um Mitternacht,
Leibhaftig, wie ich jetzt dich vor mir sehe,
Als deine Braut mich liebend zu begrüßen.
     
    Der Graf vom Strahl.
Ich wär dir –? Herzchen! Davon weiß ich nichts.
- Wann hätt ich dich –?
     
    Käthchen. In der Silvesternacht.
Wenn wiederum Silvester kommt, zwei Jahr.
     
    Der Graf vom Strahl.
Wo? In dem Schloß zu Strahl?
     
    Käthchen.    Nicht! In Heilbronn;
Im Kämmerlein, wo mir das Bette steht.
     
    Der Graf vom Strahl.
Was du da schwatzst, mein liebes Kind. – Ich lag
Und obenein todkrank, im Schloß zu Strahl.
     
    (Pause. – Sie seufzt, bewegt sich, und lispelt etwas.)
     
    Der Graf vom Strahl.
Was sagst du?
     
    Käthchen.     Wer?
     
    Der Graf vom Strahl.    Du!
     
    Käthchen.       Ich? Ich sagte nichts.
     
    (Pause.)
     
    Der Graf vom Strahl (für sich).
Seltsam, beim Himmel! In der Silvesternacht –
    (Er träumt vor sich nieder.)
- Erzähl mir doch etwas davon, mein Käthchen!
Kam ich allein?
     
    Käthchen.      Nein, mein verehrter Herr.
     
    Der Graf vom Strahl.
Nicht? – Wer war bei mir?
     
    Käthchen.   Ach, so geh!
     
    Der Graf vom Strahl. So rede!
     
    Käthchen.
Das weißt du nicht mehr?
     
    Der Graf vom Strahl.     Nein, so wahr ich lebe.
     
    Käthchen.
Ein Cherubim, mein hoher Herr, war bei dir,
Mit Flügeln, weiß wie Schnee, auf beiden Schultern,
Und Licht – o Herr! das funkelte! das glänzte! –
Der führt’, an seiner Hand, dich zu mir

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