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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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die dem Kriege, der entbrannt ist, zum Grunde liegt?
    Antwort. Nein, keineswegs.
    Frage. Warum nicht?
    Antwort. Weil sie zu weitläufig und umfassend ist.
    Frage. Woraus also schließest du, daß die Sache, die die Deutschen führen, gerecht sei?
    Antwort.. Weil Kaiser Franz von Österreich es versichert hat.
    Frage. Wo hat er dies versichert?
    Antwort. In dem, von seinem Bruder, dem Erzherzog Karl, an die Nation erlassenen Aufruf.
    Frage. Also, wenn zwei Angaben vorhanden sind, die eine von Napoleon, dem Korsenkaiser, die andere von Franz, Kaiser von Österreich: welcher glaubst du?
    Antwort. Der Angabe Franzens, Kaisers von Österreich.
    Frage. Warum?
    Antwort. Weil er wahrhaftiger ist.
     
    Viertes Kapitel
     
    Vom Erzfeind
    Frage. Wer sind deine Feinde, mein Sohn?
    Antwort. Napoleon, und solange er ihr Kaiser ist, die Franzosen.
    Frage. Ist sonst niemand, den du hassest?
    Antwort.. Niemand, auf der ganzen Welt.
    Frage. Gleichwohl, als du gestern aus der Schule kamst, hast du dich mit jemand, wenn ich nicht irre, entzweit?
    Antwort. Ich, mein Vater? – Mit wem?
    Frage. Mit deinem Bruder. Du hast es mir selbst erzählt.
    Antwort. Ja, mit meinem Bruder! Er hatte meinen Vogel nicht, wie ich ihm aufgetragen hatte, gefüttert.
    Frage. Also ist dein Bruder, wenn er dies getan hat, dein Feind, nicht Napoleon, der Korse, noch die Franzosen, die er beherrscht?
    Antwort. Nicht doch, mein Vater! – Was sprichst du da?
    Frage. Was ich da spreche?
    Antwort. Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll.
    Frage. Wozu haben die Deutschen, die erwachsen sind, jetzt allein Zeit?
    Antwort. Das Reich, das zertrümmert ward, wiederherzustellen.
    Frage. Und die Kinder?
    Antwort. Dafür zu beten, daß es ihnen gelingen möge.
    Frage. Wenn das Reich wiederhergestellt ist: was magst du dann mit deinem Bruder, der deinen Vogel nicht fütterte, tun?
    Antwort. Ich werde ihn schelten; wenn ich es nicht vergessen habe.
    Frage. Noch besser aber ist es, weil er dein Bruder ist?
    Antwort. Ihm zu verzeihn.
     
    Fünftes Kapitel
     
    Von der Wiederherstellung Deutschlands
    Frage. Aber sage mir, wenn ein fremder Eroberer ein Reich zertrümmert, mein Sohn: hat irgendjemand, wer es auch sei, das Recht, es wiederherzustellen?
    Antwort. Ja, mein Vater; das denk ich.
    Frage. Wer hat ein solches Recht, sag an?
    Antwort. Jedweder, dem Gott zwei Dinge gegeben hat: den guten Willen dazu und die Macht, es zu vollbringen.
    Frage. Wahrhaftig? – Kannst du mir das wohl beweisen?
    Antwort. Nein, mein Vater; das erlaß mir.
    Frage. So will ich es dir beweisen.
    Antwort. Das will ich dir erlassen, mein Vater.
    Frage. Warum?
    Antwort. Weil es sich von selbst versteht.
    Frage. Gut! – Wer nun ist es in Deutschland, der die Macht und den guten Willen und mithin auch das Recht hat, das Vaterland wiederherzustellen?
    Antwort. Franz der Zweite, der alte Kaiser der Deutschen.
     
    Sechstes Kapitel
     
    Von dem Krieg Deutschlands gegen Frankreich
    Frage. Wer hat diesen Krieg angefangen, mein Sohn?
    Antwort. Franz der Zweite, der alte Kaiser der Deutschen.
    Frage. In der Tat? – Warum glaubst du dies?
    Antwort. Weil er seinen Bruder, den Erzherzog Karl, ins Reich geschickt hat, mit seinen Heeren, und die Franzosen, da sie bei Regensburg standen, angegriffen hat.
    Frage. Also, wenn ich mit Gewehr und Waffen neben dir stehe, den Augenblick erlauernd, um dich zu ermorden, und du, ehe ich es vollbracht habe, den Stock ergreifst, um mich zu Boden zu schlagen; so hast du den Streit angefangen?
    Antwort. Nicht doch, mein Vater; was sprach ich!
    Frage. Wer also hat den Krieg angefangen?
    Antwort. Napoleon, Kaiser der Franzosen.
     
    Siebentes Kapitel
     
    Von der Bewunderung Napoleons
    Frage. Was hältst du von Napoleon, dem Korsen, dem berühmten Kaiser der Franzosen?
    Antwort. Mein Vater, vergib, das hast du mich schon gefragt.
    Frage. Das hab ich dich schon gefragt? – Sage es noch einmal, mit den Worten, die ich dich gelehrt habe.
    Antwort. Für einen verabscheuungswürdigen Menschen; für den Anfang alles Bösen und das Ende alles Guten; für einen Sünder, den anzuklagen, die Sprache der Menschen nicht hinreicht, und den Engeln einst, am jüngsten Tage, der Odem vergehen wird.
    Frage. Sahst du ihn je?
    Antwort. Niemals, mein Vater.
    Frage. Wie sollst du ihn dir vorstellen?
    Antwort. Als einen, der Hölle entstiegenen, Vatermördergeist, der herumschleicht, in dem Tempel der Natur, und an allen Säulen rüttelt, auf welchen er gebaut ist.
    Frage. Wann hast du dies im

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