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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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Ihrer Majestät der verewigten Königin, und einige andere Herren, waren bei dieser Feierlichkeit gegenwärtig. Von hier aus ging der Zug, in einer finsteren, und gegen das Ende regnichten Nacht, unter Bedeckung einer Kompanie königlicher Fußgarde, durch die Linden, für deren Erleuchtung von neuem, auf beiden Seiten, gesorgt worden war, nach dem Brandenburger Tor; mehrere königliche Stallbediente mit Fackeln ritten nebenher. Der Zug kam, bei Anbruch des Tages, in Charlottenburg an, wo die hohe Leiche beigesetzt wurde, und der Probst Herr Ribbeck, in Gegenwart Sr. Majestät des Königs, der mit den Prinzen, seinen erlauchten Söhnen, von Potsdam herübergekommen war, zur Einweihung der Ihrer Majestät der verewigten Königin zum Begräbnisort dienenden Kapelle, eine passende Rede hielt. Das Schauspiel war an diesem Tage in Berlin geschlossen, und der ganze Hof, so wie mehrere andere, denen das Andenken an die beste Landesmutter noch im Herzen lebte, gingen schwarz. – Dem Publiko werden, wie es heißt, Tage bestimmt werden, an welchen ihm erlaubt sein wird, jene, die teuren Reste der königlichen Frau enthaltende, Kapelle zu Charlottenburg zu besuchen.
     

Anfrage
     
    Es ist unverkennbar, daß die französische Gemeinde hiesiger Residenz ein Geist der Frömmigkeit und der Gottesdienstlichkeit auszeichnet, den wir den deutschen Gemeinden wohl wünschen möchten. – Daher zeigt sich auch in den wohltätigen Anstalten der französischen Kolonie, und überhaupt in allen Gemeindeangelegenheiten, ein musterhafter Wetteifer der Größten und Geringsten für alles Fördernde und Gute. – Und so hat es nicht fehlen können, daß einerseits das Bedürfnis dieser Gemeinde nach ausgezeichneten Kanzelrednern immer befriedigt worden, und daß andrerseits viele und distinguierte Glieder der deutschen Gemeinden sich in Rücksicht auf den sonntäglichen Gottesdienst an die französische angeschlossen haben.
    Bei dieser Gelegenheit möchten wir fragen, warum in den sonntäglichen Kirchenlisten im Berliner Intelligenzblatte, die inden französischen Kirchen Predigenden nicht mehr wie vormals angezeigt «werden, da doch in den Verzeichnissen der Aufgebotenen desselben Blattes die französischen Gemeinden nicht übergangen werden. Mehrere freiwillige Glieder dieser Gemeinde, die den Nachfolger des Herrn Staatsrat Ancillon, dieses vortrefflichen Kanzelredners, zu hören wünschten, haben nur mit Mühe erfahren können, daß er am ersten Weihnachtsfeiertage Vormittags in der Werderschen Kirche predigen wird.
     

Über die Aufhebung des laßbäuerlichen Verhältnisses
     
    Wenn in dem Edikt vom 27. Okt.   die Aufhebung des laßbäuerlichen Verhältnisses angedeutet, und demjenigen Teil der Untertanen, der sich bisher keines Eigentums seiner Besitzungen erfreute, die Erteilung desselben angekündigt wird; so folgt, trotz der augenscheinlichen Wohltätigkeit dieser Maßregel und der heilsamen Wirkungen, die sich davon ohne Zweifel für jede Art ländlicher Industrie ergeben werden, doch nicht, daß dieselbe plötzlich und mit einem Schlage werde ins Leben gerufen werden.
    Jede Beschränkung der Freiheit hat die notwendige Folge, daß der Beschränkte dadurch in eine Art von Unmündigkeit tritt. Wer seine Kräfte nicht gebrauchen darf, verliert das Vermögen, sie zu gebrauchen, und zwar, wenn es geistige Kräfte sind, noch rascher und sicherer, als wenn die Beschränkung sich auf bloß körperliche Kräfte erstreckt. Wenn nun die Schranken, die diese Kräfte hemmten, niederfallen: entsteht dadurch auch plötzlich wiederum, wie durch den Schlag einer Zauberrute, das Talent, davon die zweckmäßigste Anwendung zu machen; Keineswegs! Vielmehr durch die lange Dauer einer solchen Beschränkung kann der Mensch so zurückkommen, daß er gänzlich die Fähigkeit dazu einbüßt, und sich durch Aufhebung des Zwanges weit unglücklicher fühlt, als durch den Zwang selbst. Auch der Leibeigene wird ohne Zweifel anfangs stutzen, wenn er nicht, wie bisher, zur Zeit der Not, bei seinem Herrn Unterstützung findet, und, wenn er dienstfrei wird, die Zeit, welche er bisher im Frondienst beschäftigt war, nun zur Erwerbung seines eignen Unterhalts anwenden soll. Kurz, wird ein Mensch, demso lange der Gebrauch gewisser Kräfte untersagt war, in deren freien Gebrauch wieder eingesetzt, so muß er erst lernen, von dieser Freiheit Gebrauch zu machen, so wie ein Blindgeborner, der durch die wohltätige Hand des Arztes sein Gesicht wieder erhielt, allmählich

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