Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)
es aber den Gulden, so solle man es auch töten. Dem wird gefolgt; das Kind aber ergreift den Apfel lachend, wird also aller Strafe ledig erkannt.«
[Wickram. Rollwagenbüchlein]
Diese rührende Geschichte aus einem alten Buche gewinnt ein neues Interesse durch das letzte kleine Trauerspiel Werners, Der vierundzwanzigste Februar genannt, welches in Weimar und Lauchstädt schon oft mit einem so lebhaften Anteil gesehen worden ist, als vielleicht kein Werk eines modernen Dichters. Das unselige Mordmesser, welches in jener Tragödie der unruhige Dolch des Schicksals ist (vielleicht derselbe, den Macbeth vor sich her zur Schlafkammer des Königs gehen sieht), ist dasselbe Messer, womit der eine Knabe den andern getötet, und er empfängt in jener Tat seine erste blutige Weihe. Wir wissen nicht, ob Werner die obige Geschichte ganz gekannt oder erzählt hat, denn jenes trefflichste und darstellbarste Werk Werners, zu dem nur drei Personen, Vater und Mutter und Sohn, nur eine doppelte durchgeschlagene Schweizer Bauerstube, ein Schrank, ein Messer und etwas Schnee, den der Winter gewiß bald bringen wird, die nötigen Requisite sind, ist auf unsrer Bühne noch nicht aufgeführtworden. Gleichwohl besitzen wir mehr, als die Weimaraner, um es zu geben, einen Iffland, eine Bethmann und Schauspieler, um den Sohn darzustellen, im Überfluß. Möge diese kleine Mitteilung den Sinn und den guten Willen dazu anregen.
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Theaterneuigkeit
Das Singspiel: Die Schweizerfamilie , vom Herrn Kapellmeister Weigl, das in Wien, Stuttgart, München, Frankfurt usw. mit lebhaftem fast ausschweifendem Beifall aufgeführt worden ist, wird nun auch auf dem hiesigen Königl. Nationaltheater einstudiert. Die Direktion verdient dafür den lebhaftesten Dank; wir zweifeln, daß im Fach des Gefälligen und Anmutigen etwas Vorzüglicheres geleistet worden ist. Wie nun die Rolle der Emeline (von welcher, als der Hauptfigur, das ganze Glück dieses Stückes abhängt) besetzt werden wird, und ob sie der Mademoiselle Schmalz, wegen des Umfangs und der Gediegenheit ihrer Stimme – wegen Übung und Gewandtheit im Spiel der Madam Müller, oder wegen der glücklichen Verbindung beider der Madam Eunicke (welches wohl das Zweckmäßigste wäre) zufallen wird, steht dahin; in Wien ist sie der Mademoiselle Milder übertragen, eine der tüchtigsten, von Seiten der musikalischen sowohl als mimischen Kunst, trefflichsten Schauspielerinnen, die Deutschland in diesem Augenblicke besitzt.
rz.
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Aufforderung
Die Expedition der Vossischen Zeitung (s. 135. Stück derselben) hat die, in französischen und [süddeutschen] Blättern, verbreitete Beschuldigung, daß die Theaterkritiker, die in ihren Blättern auftreten, von der Direktion des Königl. Nationaltheaters, mit Geld und Freibillets, bestochen wären, widerlegt und erklärt: sie habe für die Hrn. Rezensenten niemals etwas von der Direktion empfangen. Diese Erklärung ist von dem Publikum mit großem Vergnügen gelesen worden; und um ein Gerücht so häßlicher Art gänzlich niederzuschlagen, bleibt nichts übrig, als daß die Hrn. Rezensenten, von welchen diese Kritiken herrühren, eineähnliche Erklärung von sich geben. Da sich die Sache ohne Zweifel so, wie jedermann, zur Ehre der Nation, wünscht, verhält, und das Theater, mancher Schwächen ungeachtet, Seiten genug, die zu ehren und zu schätzen sind, darbietet: so sieht das Publikum, zur gänzlichen Vernichtung dieser skandalösen Anekdote, mit welcher ganz Europa unterhalten worden ist, mit Ungeduld einer Erklärung dieser Art, von Seiten der Hrn. Rezensenten selbst, entgegen.
zr
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Folgender Brief eines redlichen Berliners, das hiesige Theater betreffend, an einen Freund im Ausland , ist uns von unbekannter Hand zugesandt worden. Wir haben, in diesen Blättern, so manchen Beweis von Unparteilichkeit gegeben; dergestalt, daß wir, der gegen uns gerichteten Persönlichkeiten, die darin befindlich sind, ungeachtet, keinen Anstand nehmen, ihn dem Publiko vorzulegen.
(Die Redaktion)
Schreiben eines redlichen Berliners, das hiesige Theater betreffend, an einen Freund im Ausland
Der Herr Theaterdirektor Iffland, hat nach dem Geständnis eines großen Teils von Berlin, seit er an der Spitze des hiesigen Theaters steht, die Gestalt und das Ansehn desselben, auf eine merkwürdige und außerordentliche, jedem Freunde der Kunst gewiß höchst überraschende Art, umgewandelt und bestimmt; und wenn wir ihn, wie uns
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