Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)
glücklich überstandenen schweren Krankheit, an welcher die neue Niederlage des deutschen Vaterlandes nicht fremd gewesen sein mag und nach Abschluß des am 14. October zu stande gekommenen Schönbrunner Friedens kehrte K. nach Preußen zurück. Er schien diese Reise indessen weniger um in Berlin zu bleiben, als wegen Verwerthung seines wahrscheinlich letzten Erbantheils am elterlichen Hause gemacht zu haben, wie dies aus dem rein geschäftlichen kurzen Schreiben hervorgeht, das er am 23. November 1809 der in Pommern sich aufhaltenden Ulrike übersandte und in welchem er ihr anzeigt, daß er „nach dem Oesterreichischen“ zurückgehe. Sein Gemüth schien versöhnter zu sein, er traf in Frankfurt Luise v. Zenge und als zufällig die Rede auf den Selbstmord kam, äußerte er, ein Mensch, der einen solchen begehe, komme ihm vor wie ein trotziges Kind, dem der Vater nicht geben wolle, was es verlange und das dann hinauslaufe und die Thür hinter sich zuwerfe. Nach Berlin zurückgekehrt, bestimmte ihn die Familie, die inzwischen immerhin Proben seines anerkannten Dichtertalentes erhalten hatte, vornehmlich aber wol die vielbewährte, ihm sehr nahe stehende Gemahlin des Adjutanten des Königs, v. Kleist, dort zu bleiben und eröffnete ihm die Aussicht durch die Dichtung eines vaterländischen Drama’s eine öffentliche Belohnung (Bülow sagt Unterstützung) zu erhalten. So dichtete K. in überraschend kurzer Zeit den Prinzen von Homburg und konnte schon am 19. März 1810 der Schwester schreiben, das Stück würde bei dem Fürsten Radziwil aufgeführt, solle auf die Nationalbühne kommen und wenn es gedruckt ist der Königin übergeben werden. Diese, deren Sympathie für K. wir bereits kennen, war am 23. December 1809 mit dem Könige wieder nach Berlin zurückgekehrt und am darauffolgenden 10. März, ihrem Geburtstage, überreichte K. ihr das bekannte Sonett, von dem er in dem letzterwähnten Briefe an Ulrike schrieb, daß sie es vor den Augen des ganzen Hofes zu Thränen gerührt habe. So erwartete der an neue Hoffnungen sich Klammernde sogar eine „Hofcharge“ und bat deshalb die Schwester dringend, sich auf einige Zeit in Berlin, wo sie ihm namentlich bei den Altensteinischen Damen sehr nützen konnte, niederzulasscn. Ulrike widerstand, der Prinz von Homburg fand in den Kreisen, die Kenntniß davon bekamen, keinen Beifall, er wurde bei Lebzeiten des Dichters weder gedruckt noch öffentlich aufgeführt und etwa vier Monate nach ihrem von K. mitgefeierten 35. Geburtstag starb die Königin in Hohenzieritz. Man muß sich diese und die noch folgenden Schicksalsschläge, die K. nacheinander trafen, vergegenwärtigen, um die eingetretene Verzweiflung des von der Natur zum Tiefsinn Angelegten zu begreifen. Der Tod der Königin war für ihn nicht blos in realer Beziehung der härteste Schlag: er stellte ihn direct wieder vor das Lebensräthsel, von dessen Lösungsversuchen die Wirklichkeit mit ihren Erfordernissen ihn befreien zu wollen schien. Für ihn war es mit der göttlichen Vergeltung gegen den Erbfeind um so sicherer aus, als die welche am meisten berechtigt war sie zu erleben, der Sphäre ihres Leidens und geträumten Triumphes entrückt wurde.
Auch mit dem „Käthchen von Heilbronn“, das inzwischen im Theater an der Wien aufgeführt worden war, machte K. in Berlin schlechte Erfahrungen. Iffland ließ ihn lange auf Antwort warten und wies das Stück zuletzt zurück, wobei es zu einem unerquicklichen Austausch von Briefen kam. Dieses Drama und ein Band Erzählungen erschienen hierauf in der Berliner Realschulbuchhandlung, aber für Kleist’s Existenz war hiermit nicht besser gesorgt. So entschloß er sich zur Herausgabe einer neuen Zeitschrift, der „Berliner Abendblätter“, die wieder mit Unterstützung des in Berlin eine Anstellung suchenden Adam Müller, außerdem aber einiger anderer Schriftsteller, wie Fouqué, Achim v. Arnim, Brentano, Friedrich Schulze, vom 1. October an zu erscheinen begannen. Dieses auch äußerlich schlecht ausgestattete Organ führte im Ganzen ein kümmerliches Dasein, aber es brachte außer der Novelle „Die heilige Cäcilie“ doch noch eine so stattliche Anzahl von Aufsätzen aus der Feder unseres Dichters, daß Rudolf Köpke, obgleich ihm nur 75 Nummern, die vom 1. October bis 28. December 1810 vorlagen, während die bis in den Februar 1811 hineinreichenden unauffindbar zu sein scheinen, eine immerhin bedeutende Nachlese daraus halten konnte. An das Erscheinen der
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