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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich von Kleist
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Kriege spricht, erzählen will.
Ich brenne, zu berichten, wie man bei
Pharissa eingehauen; und mein Lebtag
Hatt ich noch so wolfmäßgen Hunger nicht.
     

Achte Szene
     
    Merkur. Sosias.
     
    Merkur: Wohin? Ich glaub, du steckst die Nase auch hierher?
Durchschnüffler, unverschämter, du, der Küchen?
     
    Sosias: Nein! – Mit Erlaubnis!
     
    Merkur: Fort! Hinweg dort, sag ich!
Soll ich die Haube dir zurechte setzen?
     
    Sosias: Wie? Was? Großmütiges und edles Ich,
Faß dich! Verschon ein wenig den Sosias,
Sosias! Wer wollte immer bitterlich
Erpicht sein, auf sich selber loszuschlagen?
     
    Merkur: Du fällst in deine alten Tücken wieder?
Du nimmst, Nichtswürdiger, den Namen mir?
Den Namen des Sosias mir?
     
    Sosias: Ei, was! Behüt mich Gott, mein wackres Selbst,
Werd ich so karg dir, so mißgünstig sein?
Nimm ihn, zur Hälfte, diesen Namen hin,
Nimm ihn, den Plunder, willst dus, nimm ihn ganz.
Und wärs der Name Kastor oder Pollux,
Was teilt ich gern nicht mit dir, Bruderherz?
Ich dulde dich in meines Herren Hause,
Duld auch du mich in brüderlicher Liebe,
Und während jene beiden eifersüchtgen
Amphitryonen sich die Hälse brechen,
Laß die Sosias einverständig beide
Zu Tische sitzen, und die Becher heiter
Zusammenstoßen, daß sie leben sollen!
     
    Merkur: Nichts, nichts! – Der aberwitzge Vorschlag der!
Soll ich inzwischen Hungerpfoten saugen?
Es ist für einen nur gedeckt.
     
    Sosias: Gleichviel! Ein mütterlicher Schoß hat uns
Geboren, eine Hütte uns beschirmt,
In einem Bette haben wir geschlafen,
Ein Kleid ward brüderlich, ein Los uns beiden,
So laß uns auch aus einer Schüssel essen.
     
    Merkur: Von der Gemeinschaft weiß ich nichts. Ich bin
Von Jugend mutterseel’ allein gewesen,
Und weder Bette hab ich je, noch Kleid,
Noch einen Bissen Brot geteilt.
     
    Sosias: Besinne dich. Wir sind zwei Zwillingsbrüder.
Du bist der ältre, ich bescheide mich.
Du wirst in jedem Stück voran mir gehen.
Den ersten nimmst du, und die ungeraden,
Den zweiten Löffel, und die graden, ich.
     
    Merkur: Nicht. Meine volle Portion gebrauch ich,
Und was mir übrig bleibt, das heb ich auf.
Den wollt ich lehren, bei den großen Göttern,
Der mit der Hand mir auf den Teller käme.
     
    Sosias: So dulde mich als deinen Schatten mindstens,
Der hintern Stuhl entlang fällt, wo du ißt.
     
    Merkur: Auch nicht als meine Spur im Sande! Fort!
     
    Sosias: O du barbarisch Herz! Du Mensch von Erz,
Auf einem Amboß keilend ausgeprägt!
     
    Merkur: Was denkst du, soll ich wie ein wandernder
Geselle vor dem Tor ins Gras mich legen,
Und von der blauen Luft des Himmels leben?
Ein reichlich zugemeßnes Mahl hat heut
Bei Gott! kein Pferd so gut verdient, als ich.
Kam ich zu Nacht nicht aus dem Lager an?
Mußt ich zurück nicht wieder mit dem Morgen,
Um Gäste für die Tafel aufzutreiben?
Hab ich auf diesen Teufelsreisen mir
Nich die geschäftgen alten Beine fast
Bis auf die Hüften tretend abgelaufen?
Wurst gibt es heut, und aufgewärmten Kohl.
Und die just brauch ich, um mich herzustellen.
     
    Sosias: Da hast dur recht. Und über die verfluchten
Kienwurzeln, die den ganzen Weg durchflechten,
Bricht man die Beine fast sich, und den Hals.
     
    Merkur: Nun also!
     
    Sosias: – Ich Verlaßner von den Göttern!
Wurst also hat die Charis –?
     
    Merkur: Frische, ja.
Doch nicht für dich. Man hat ein Schwein geschlachtet.
Und Charis hab ich wieder gut gemacht.
     
    Sosias: Gut, gut. Ich lege mich ins Grab. Und Kohl?
     
    Merkur: Kohl, aufgewärmten, ja. Und wem das Wasser
Im Mund etwa zusammenläuft, der hat
Von mir und Charis sich in acht zu nehmen.
     
    Sosias: Vor mir freßt euren Kohl, daß ihr dran stickt.
Was brauch ich eure Würste? Wen den Vögeln
Im Himmel Speisung reicht, wird auch, so denk ich,
Den alten ehrlichen Sosias speisen.
     
    Merkur: Du gibst, Verräter, dir den Namen noch?
Du wagst, Hund, niederträchtger –!
     
    Sosias: Ei was! Ich sprach von mir nicht.
Ich sprach von einem alten Anverwandten
Sosias, der hier sonst in Diensten stand –
Und der die andern Diener sonst zerbleute,
Bis eines Tags ein Kerl, der wie aus den Wolken fiel,
Ihn aus dem Haus warf, just zur Essenszeit.
     
    Merkur: Nimm dich in acht, sag ich, und weiter nichts.
Nimm dich in acht, rat ich dir, willst du länger
Zur Zahl noch der Lebendigen dich zählen.
     
    Sosias für sich: Wie ich dich schmeißen würde, hätt ich Herz,
Du von der Bank gefallner Gauner, du,
Von zuviel Hochmut aufgebläht.
     
    Merkur: Was sagst du?
     
    Sosias:

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