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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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Anfal wird mich — Was wird aus mir werden? Sieht Got nicht meinen Jammer? ist’s Sünde, empfindlich und trostlos bei Beraubung der Freuden zu sein? Wenn nicht - so ist mein Zustand nicht zu verdammen; aber wol zu bedauern. Von Woge zu Woge werd’ ich getrieben - und endlich — scheitern.
     
     
    am 30 Dez.
    Wenig hat gefeit, so wäre mein voriger Brief an dich mein lezter gewesen - wenig, so schlummerte dein Freund schon in der külen Erde. - Ich war wieder in Gefar - in Sturm. Alles macht sich auf, mein Herz in den grösten Jammer zu versenken. Ich habe sogar das lezte nicht, was nie einem Unglüklichen versagt war - den Tod. Ich kan ihn nicht erbeten - er flieht mich - Ich flehe - er achtet mein nicht - ich brauche Gewalt - er verlacht mich. Gestern war ich unbeklemter; heute fieng’s wieder an aufzuwallen, tief braust’ es ein Brausen des Sturms, der Wut in mir - wie Ätna’s Lavaglut kocht’ es aus dem eingeengten Herzen herauf. Den ganzen Tag heut war ich einsam. Nur abends gieng ich spazzieren, mer meinem Kummer neue Narung zu verschaffen, als ihn zu lindern. Spät kam ich zurük. Es war schauernde Kälte. Der Mond schien hei. Ich erblikte von ungefär den Gottesakker. Mit unaufhaltbarer Gewalt ris es mich hin zu demselben. Hinein. - Ich erinnerte mich al dessen, was die Verstorbene mir in ihrem lezten Brief geschrieben hatte. Hin zum Grabe. Ich stand in stiller Einsamkeit zwischen den einsamen, dampfenden Gräbern, als ich mich erinnert’ ihrer Wort’ im Brief, vom Himmel herab auf ihren Abelard zu schauen, mir in glorienvoller Gestalt zu erscheinen, als ich mich aller meiner Freuden mit ihr, erinnerte, meiner Heloise mich erinnerte, die Stil unter mir staubte, nicht hörte Lerchengesang und Nachtigallenlied, nicht sahe Sonnenglanz und Mondsdämmerung — als ich um mich her in meiner sel’ al dies wie in Reihen gestelt, versamlet hatte — und ein ungefärer Wind durch die nakten Gipfel der Bäume wisperte, und meine glühende Wang’ anschauerte, und die erhizte Phantasie aus den schwimmenden, weissen Wölkgen sich die erblaste Heloise in duftiger, glänzender Luftgestalt webte, und sie mir zu winken schien wie al dies so in mich drang — da fiel ich zur Erde, auf ihr Grab - erwog - beschlos, zu sterben, und mich durch die Kälte des Nachtgeistes töden zu lassen. Ich warf mich hin in den Sehne. Hu! wie war’s aussen so kül! und in mir so brennend! Ich wolte langsam einschlafen und so erfrieren. Aber die Einbildung, vol der lebendigsten, glühendsten Bilder, lies keinen Schlummer die matten Augen schliessen. Endlich war ich fast schon on’ Empfindung. Der Schlaf drükte mir endlich die Augen zu. Lang lag ich so da; eine Stund’ ungefär. Ach! nun schlug ich die Augen wieder auf. Der Mondsstral fur in dieselben. Ich war erstart, fülte nichts mer. Das Stürmen meines Herzens hatte nachgelassen, und die Bilder der glühenden Phantasie waren ausgelöscht. Ich wuste nicht, we ich war. Ha! sagt’ ich endlich mit erfrorner Lippe, lebst du noch? ist dies um mich her, Erde, oder Himmel, oder Hölle? - Ach Unglüklicher! der Tod komt nicht. Du must ihn oft rufen. Er läst dich wieder erwachen, damit er’s Vergnügen habe, dich zwei [mal] zu töden.
    - — Nun gieng ich wieder so durstend, so unbefriedigt nach Haus, wie ich gekommen war. Ach! Got, du must es wollen, daß ich noch atme - meine Ur mus noch nicht ausgelaufen sein.
    Ich wil warten — Übermorgen ist das neue Jar. Das alte ist herlich angefangen, elend verlebt, und erbärmlich geschlossen worden. Mut — dieser feit; ach! wenn’s vorbei wäre. Leb’ wol! Die Gründe wider den Selbstmord, die du mir unfelbar entgegensezzen wirst, kanst du bei dir behalten. Ich weis sie alle; sie helfen mir aber zu nichts. Sie martern mich blos, machen mir meinen Tod schwerer. Begeh’ ich den Selbstmord nicht; so werd’ ich grössere Feier begehen. Ich wil also lieber den kleinern —
     
     
    am 31 Dezemb.
    Dank Got! es ist beschlossen. Ich wil sterben. Lieber Wilhelm! es ist nicht mer Wut des übermässigen Schmerzens, die dazu mich drängt; es ist kalter Entschlus - On’ Überspannung sol ein Schus durch’s Gehirn den iammernden Geist von seiner Hütte trennen. Und der Grund dieser iälingen Veränderung? ist dieser. Heut’ abend, da ich nichts wüste zu tun, zu denken, zu empfinden - so ser hatte der immerwärende Gedank’ an die Verewigte alle Kräft’ abgespant - abend geh’ ich wieder hinaus in’s freie Feld, und hinein in’s

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