Saemtliche Werke von Jean Paul
Herrn!« – Januar wars – es ist aber den ästhetischen Kunstgriffen, womit ein Autor die Erwartung seiner Leser so außerordentlich anspannt, ganz gemäß, daß ichs nicht eher eröffne, was von Jenner in der springenden Sänfte saß, als in dem folgenden Wort.
Sein Bild wars. Das Bruststück reisete allemal vor der Braut voraus, um bei Zeiten in ihrem Schlafzimmer anzukommen und sich an die Wand an einen Nagel zu begeben. Auf der ganzen empfindsamen Reise hatte der Kubikinhalt der Braut in lauter Zimmern geschlafen, an denen der Flächeninhalt des Bräutigams wie eine Kreuzspinne die ganze Nacht herunterhing…
Da ich mir durch den Barrieren-Traktat, den ich mit dem Vetter Leser abgeschlossen, das Recht auf keine Weise abgeschnitten haben will, außer den Schalttagen auch noch Extrablätter – Extrablättchen – und Pseudo-Extrablätter zu machen, indem ich mirs vielmehr durch gewisse geheime Separatartikel, die ich bloß im Kopfe gemacht, wie der Papst gewisse Kardinäle, erst erteilt habe: so will ich das Recht, das mir mein von mir gemachter Neben-Rezeß anbeut, auf der Stelle ausüben.
Extrablättchen über obige Bruststücke
»Ich behaupte,« – sagt’ ich auf dem Billard in Scheerau, als ich gerade nicht stieß – »daß Herzoge, Mark- und andre Grafen und viele vom hohen Adel dumm wären, wenn sie in unsern Tagen – oder gar in den künftigen –, wo die Scheitelhaare sich fortmachen, eh’ die Barthaare ankommen – wo manchem Gesicht zur Brille nichts fehlt als der Sattel dazu – wo besonders der Mann von Stande froh ist, statt eines Abgusses doch ein Abriß von einem Menschen zu sein – nicht weise wären sie,« rekapituliert’ ich, »wenn sie kein besseres Beilager hielten als ein wahres, kein gemaltes nämlich; wenn ihre Brustbilder auf nichts Besseres – an keine Brust nämlich – gedrückt würden als auf zinnerne Deckel von Bierkrügen, so daß sie auf keine andre Art berauschten als auf die letzte; und wenn sie, da sie überall durch Bevollmächtigte handeln, auf Reichbänken, in Sessionstühlen, in Brautbetten (bei der Vermählung durch Gesandte), dächten, es gäbe in der Sache einen treuern und unschuldigern Prinzipalkommissarius als eine Elle Leinwand, worauf sie selber hingefärbt sind.« .. Da wir gerade in Menge spielten und ich eben König war und im Feuer so fortfuhr: »Was Teufel! wir Könige wissen die in der Tugend und in der Ehe bildenden Künste gescheit genug durch die zeichnenden zu ersetzen; und nicht bloß im Billard steht ein König ganz müßig da mit seinem Zepter-Queue!« so sollte und konnte das Feuer wenig auffallen.
Ende des Extrablättchens über obige Bruststücke
Beim Grafen von O – so hieß im Siebenjährigen Kriege auch ein berühmter Offizier und bei Shakespeare die Erde; und das ganze Gebet einer alten Frau; und nach Bruce liebten die Hebräer diesen Vokal vorzüglich; das ist aber im Grunde hier unnütze Gelehrsamkeit – stieg die Prinzessin und der gemalte Eheherr ab. Viktor wollte sich mit seinem heutigen Anzug und seinem heutigen Herzen nicht in den Taumel der Welt mischen – und wäre doch gern bei allem gewesen.
Aus Kussewitz drängte sich ein rot und weißes kleines Häuschen hervor, so rot wie ein Eichhornbauer und so fröhlich wie ein Gartenhaus. Er trat hinan und an dessen widerscheinende Fenster – aber wieder davon zurück; er wollte ein altes Menschenpaar, für das die Glocke die Orgel gewesen, gar hinausbeten lassen. Als er mit seinem vom Widerschein der heutigen Verklärung erhöhten Gesichte hineintrat: wandte ein alter Mann einen Silberkopf, der wie ein lichter Mond über dem Abend seines Lebens stand, mit lächelnden Runzeln gegen den Gast. Nur ein Heuchler – der Agioteur der Tugend – ist nach dem Beten nicht sanfter und gefälliger. Die alte Frau legte zuerst die Miene der Andacht ab. Viktor begehrte mit seiner siegenden Unbefangenheit – ein Nachtquartier. Es ihm bewilligen – das konnten nur so zufriedne Leute wie diese; es verlangen – das konnte nur einer, der so wie er die Wirte floh, weil ihre mit jedem Gast ankommende und abgehende eigensüchtige kalte Teilnahme und Liebe seiner warmen Seele zu sehr zuwider war. Zweitens zog ihn die Reinlichkeit an, die sogar der Schmutzfink in fremden Stuben liebt und die darin ein Beweis der Zufriedenheit und der – Kinderlosigkeit ist. Drittens wollt’ er im Inkognito und aus dem Gassen-Gewühle heute mit seiner von der Natur geweihten Seele bleiben.
Er wurde bald
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