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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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Eindruck einer Todesberührung, und ihre gewaltige Kraft steht mit einer inneren Überwindung des Todesschreckens im Zusammenhang.
    Gustav, der auf seinen fünftägigen, periodisch wiederkehrenden Reisen offenbar mit Ottomar bekannt geworden ist, sucht den Auferstandenen in seinem Schloß Ruhestatt auf. Mit Symbolen der Vergänglichkeit hat sich der Rastlose umgeben. Darunter gehört, daß er sich nur von Kindern, diesen Verkörperungen einer vorüberfliegenden Jugend, bedienen läßt. In einem Saal stehen aus Wachs nachgebildet die Gestalten seiner Lieben. Wer gestorben ist, bekommt einen schwarzen Strauß in die Hand. »Auch die Wachsfiguren reden ewig nimmer«, sagt Ottomar. »Sie sind nicht einmal bei uns – wir selber sind nicht beisammen – Fleisch- und Bein-Gitter stehen zwischen den Menschenseelen, und doch kann der Mensch wähnen, es gäbe auf der Erde eine Umarmung, da nur Gitter zusammenstoßen und hinter ihnen die eine Seele die andere nur denkt?« Diese verzweifelnde trostlose Stimmung liegt über dem Schloß. Auch Fenks Anwesenheit, des immer lustigen, kann den traurigen Geist des Ortes nicht verscheuchen.
    Gustavs Fall, den Gustav selbst dem »Einbein« mitteilt, hat alle Verbindungen zwischen den Liebenden zerrissen. Ein trostloser Winter liegt über der Stadt. Gustav verbrachte ihn in Hoppedizels Haus mit seinen Eltern. »Er mattete seinen Kopf ab, um sein Herz abzumatten und ein anderes zu vergessen… . und zehrte durch Einsperren, Denken, Sehnen seine Lebensblüten ab, die kaum der Frühling wieder nachtreiben oder übermalen kann.« Auch Beate hat bei ihren Eltern in Maußenbach einen Winter voller Trostlosigkeit und Traurigkeit hinter sich. Im Frühling geht sie auf Betreiben Dr. Fenks nach Lilienbad, um dort zu baden. Dort lebt sie allein mit einem Kammermädchen, und sucht die Rosen auf ihren hingemordeten Wangen vergeblich wieder zum Blühen zu bringen.
    Es ist der Dr. Fenk, der die ganze Gesellschaft in Lilienbad zusammenbringt. Er selbst mit dem »Einbein« will dorthin gehen, und ihnen soll Gustav sich anschließen. In kaum eingestandener Hoffnung, Beate dort wiederzusehen, willigt Gustav ein. Nach der verzweifelten Stimmung des Winters blüht ein unsagbar herrlicher Frühling auf, als die drei Freunde in Lilienbad einrücken. Wir ahnen voraus: dort werden die Liebenden sich wiederfinden, und alles wird in ein Meer der Wonne münden. An der Schilderung dieses Frühlings in Lilienbad und dieses Wiedersehens zwischen Gustav und Beate erweist sich die ganze hohe Kunst Jean Pauls. Kein geschickt geschürzter »Knoten« ist aufzulösen. Beate wird ihm, der sie aufs Herzblut verwundet hat, verzeihen. Wie könnte sie anders! Wiedersehen und Versöhnung werden zusammenfallen. Aber wie wird dieses Wiedersehen vorgetragen! Durch welche Himmel wird das Motiv sich verzehrender und verzeihender Liebe getrieben! »Der heutige Morgen hatte die ganze Auenthaler Gegend unter ein Nebelmeer gesetzt. Der Wolkenhimmel ruhte auf unsern tiefen Blumen aus. Wir brachen auf und gingen in diesen fließenden Himmel hinein, in welchen uns sonst nur die Alpen heben. An dieser Dunstkugel oben zeichnete sich die Sonne wie eine erblassende Nebensonne hinein; endlich verlief sich der weiße Ozean in lange Ströme – auf den Wäldern lagen hangende Berge, jede Tiefe deckten glimmende Wolken zu, über uns lief der blaue Himmelzirkel immer weiter auseinander, bis endlich die Erde dem Himmel seinen zitternden Schleier abnahm und ihm frei ins große ewige Angesicht schaute.« Ohne jedes handwerkliche Spannungsmotiv geht die Schilderung weiter. Die Sonne war hinabgerückt, als die Freunde in Lilienbad ankommen. Still liegen die kleinen Hütten nebeneinander. Auch an Beatens Hütte gehen sie vorüber, »an deren Fenster ein Blumentopf mit einem einzigen Vergißmeinnicht noch vom Begießen tröpfelte.« Wir spüren die Nähe des geliebten Wesens und daß jetzt alles sich zum besten wenden muß. Beate und Gustav begegnen sich am Brunnen, vermeiden aber alles, was über höfliche Anrede hinausgeht. Am nächsten Sonntag wird ein gemeinsamer Spaziergang nach Ruhestatt beschlossen, weil dort in der Gutskirche, in der vor kurzem Ottomar aufgebahrt lag, ein berühmter Kanzelredner predigen soll. Fenk, das »Einbein«, Philippine und Beate und Gustav machen sich auf den Weg. »Als jetzt die Mühle der Schöpfung mit allen Rädern und Strömen rauschte und stürmte, wollten wir in süßer Betäubung kaum gehen, es war uns überall

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