Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
Vom Netzwerk:
auszuweichen. »Wuz«, die »Mondfinsternis«, die phantasierende Geschichte: »Der Mond«, »Rektor Fälbel«, »Amtsvogt Freudel« – es waren alles Anzeichen des schweren Ringens gewesen. Nach welcher Seite hin später Jean Paul sein Werk ausbauen mochte, in jenen anderthalb Jahren, da er mit der»Unsichtbaren Loge« rang, war der Grund dazu gelegt worden. In dieser Zeitspanne, da ihm die Berührung mit der Kinderseele immer neue Kräfte zuführte und hinwegnahm, wurde der Umkreis seiner Welt zum erstenmal völlig durchmessen. Sein Drang nach weltumfassenden Riesenentwürfen setzte sich gegen das eng umfriedete »altfränkische« Element in ihm ab. Rein auf zarteste Empfindung gestellte romantisierende Poesie gegen den gestrafften epischen Stil. Aufklärung, Sturm und Drang, beginnende Romantik wirbelten in seinem Innern durcheinander. Was sich später in drei Seiten des deutschen Geistes zerlegte, bei ihm war es noch verbunden und verschmolzen und suchte nach dem angemessenen Stil in Leben und Werk. Fülle und Zucht spannten sich als Pole gegeneinander.
    Am 25. Februar, als das Manuskript noch Lücken aufwies, übersandte er es an Otto. Wahrscheinlich fehlte noch der Schluß, der durch Fenks Brief über Gustavs Gefangennahme und Ottomars heroischen Entschluß zu den nächsten Teilen hinüberleiten sollte, die dann nie mehr geschrieben wurden. Der Brief an Otto vom 25. zeigt jedenfalls, daß Jean Paul die Arbeit für beendet ansah. »Endlich ist nach einem Jahr die konvulsivische Geburtszeit meines Romans vorüber. Ich wollte Dir tausend Dinge sagen; folglich kann ich gar keines. – Wo fang ich an? – In der künftigen Woche, wo ich nichts zu tun habe, will ich über meinen und alle Romane reden. – Apropos: auf dem Titel des meinigen steht mit »romantische Biographie«. – Ich konnte es nimmer erwarten, ihn Dir zu geben – also bekömmst Du ihn mit allen Lücken, mit allen Mängeln, die ich selber sehe und aus Minuten-Armut stehen lassen muß, und mit leeren Seiten und ohne satirische und philosophasterische Depressionen. Ich will es doch noch einmal sagen: daß ich ihn noch nicht korrigiert habe und daß die letzten – der erste Ausbruch aus meiner Konzeptfeder sind. – Wie ein Vieh habe ich diese Woche geschrieben – der Appetit ist längst fort – je näher man dem Ende kömmt, desto krampfhafter schreibt man und ich, der ich sonst alle 2 Tage schrieb, brütete täglich 2 mal daran.«
    In rasender Spannung wartet er auf das Urteil des Freundes, hofft, daß Otto ihm bis zum nächsten Sonnabend geschrieben haben werde. Zwei Tage später setzt er den Brief fort. »Ich wollte noch 1000 Dinge sagen – meine unvorteilhafte Lage für einen Romanschreiber – daß ich ferner keinen einzigen lebenden Charakter brauchen können, kaum etwas vom alten Oerthel ausgenommen – daß ich leider die obersten Stände, die ich selber nicht gesehen, zu schildern mich erfrecht… und daß ich alle Szenen, sie mögen immer meine Kräfte überstiegen haben, doch geschildert, anstatt daß andre darüber wegspringen. Denn es gibt eine Menge Mittel, den Leser um die Schilderung mißlicher Szenen zu bringen. – Übrigens ist dieses Pack ein corpus vile , an dem ich das Romanenmachen lernte: ich habe jetzt etwas besseres im Kopfe! – ist an den auf anderes Papier geschriebenen Szenen nichts – dem Eintritt aus der Erde in die Erde – an der Szene auf einem Berg in einem Park während eine Orgel geht – an denen mit der Residentin, die mich die meiste Mühe gekostet und noch größere kosten werden – an der Badzeit, an dem Tage auf der Molukke Teidor – so ist der ganze Bettel nichts wert. – Bloß die zwei Hauptcharaktere hatt ich darin zu entwickeln Zeit. Behandle mich mit Strenge, aber doch nur mit so vieler als der Wert des Buches aushält: hält er gar keine aus, so mußt Du mich loben. – Wenn nur die – Tage weg wären! Ich versichere Dich, ich werde zu Hause ordentlich erröten wenn ich mir denke, jetzt ist er da, jetzt da!« Wenige Tage darauf legte er die Feder aus der Hand. »29. Februar«, heißt es im Tagebuch. »Am Tage nach dem Schaltjahr war das letzte Blatt meines Romans geboren, dessen Bildung ein Jahr dauerte.«
    Noch einmal waren während des Briefes an Otto die Hauptszenen des Romans an ihm vorübergezogen, von Gustavs romantischem Eintritt auf die Oberfläche der Erde an der Hand des freundlichen Genius bis zu jener Sommernacht in Dr. Fenks Häuschen in der künstlichen Südsee. Man sieht,

Weitere Kostenlose Bücher