Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
Vom Netzwerk:
Sorgen. Es wurde bereits im vorletzten Kapitel angedeutet, mit welcher Begeisterung Moritz Jean Pauls Brief und das Manuskript seines ersten Romans aufnahm. Nur schwer war er von seinen Angehörigen zur Lektüre bewogen worden. Als er aber endlich Richters Brief aufmachte, so heißt es in der Schilderung dieses Vorgangs von seinem Bruder, da hellte sich bei den ersten Zeilen sein Auge auf. Kaum konnte er das Manuskript von der Post erwarten, so tief hatte ihn die innere Verwandtschaft mit dem Briefschreiber gleich bei den ersten Worten gepackt. Das sei kein unbekannter Gelehrter, meinte er, das sei Goethe, Herder oder Wieland, irgendeiner, der ihn durch eine fremde Hand in Versuchung führen wolle. Und als er einige Blätter des Romans gelesen hatte, rief er enthusiastisch aus. das begreife er nicht; das sei noch über Goethe; es sei ganz etwas Neues! Zwei Tage brachte er über der Lektüre zu und las am dritten, dem ersten Pfingstfeiertage, auf dem Observatorium, das er sich auf dem Dach seines Hauses hatte anbringen lassen, mit begeisterter und gerührter Stimme die Auferstehungsszene Gustavs seinen Brüdern und seiner Braut vor.
    Jean Paul hatte, als er das Manuskript an Moritz schickte, nicht ahnen können, daß Moritz sich gerade mit der Schwester des bekannten Buchhändlers und Verlegers Matzdorff verlobt hatte und so in der Lage war, seiner Begeisterung sogleich durch Vermittlung eines glänzenden Verlagsangebotes Ausdruck zu geben. Im August sandte Jean Paul dem neugewonnenen Freunde den »Wuz« nach, der dem Roman in der Buchausgabe angehängt werden sollte. Moritz antwortete begeistert: »Der Wutz’ Geschichte verfaßt hat, ist nicht sterblich! – wir werden und müssen uns bald sehen! – Ihnen sind hier mehr Herzen eröffnet, als Sie wissen und glauben!« Zugleich sandte Moritz im Auftrag seines Schwagers die ersten 30 Dukaten von den 100, die dieser als Honorar angewiesen hatte.
    Die »Grönländischen Prozesse« wie die »Teufelspapiere« waren anonym erschienen. Der Verfasser hatte sich gescheut, seinen Namen mit den witzigen Büchern, die ihm persönlich den Vorwurf der Herzlosigkeit eintragen konnten, in Verbindung zu bringen. Oder hatte er in intuitiver Voraussicht des Kommenden den endgültigen Schriftstellernamen für die Bücher aufgespart, in denen er in endgültiger Gestalt dem Publikum unter die Augen treten würde? Er fühlte, daß die »Unsichtbare Loge« das erste der Bücher einer langen Reihe war, die seinen Namen unsterblich machen würden. Unter welchem Namen wollte er in diese Unsterblichkeit eingehen? Er wählte: »Jean Paul«. Bereits im Mai 1792, noch ehe er also das Buch an Moritz abgesandt, hatte er sich in einer Gelegenheitsarbeit, einem Hochzeitsgedicht für eine Freundin von Friederike Otto, der Schwester Christians, als »Jean Paul« bezeichnet. Es war der Gleichklang mit den Vornamen Rousseaus, der unter der abgekürzten Bezeichnung Jean Jacques über die Herzen Europas wie ein Sturm dahingefahren war. Kein größeres Vorbild konnte er wählen als den großen Franzosen, den einzigen »großen Menschen« der Zeit, den sein Herz groß macht über die Gewalt seines Geistes hinaus, wie Jean Paul es bereits in der Leipziger Zeit formuliert hatte. Wie Rousseau wollte er als Sturmwind über die Erde dahinbrausen, an den Herzen und den menschlichen und staatlichen Institutionen rüttelnd. Sein bürgerlicher Name Richter schien ihm nicht zweckentsprechend, jedenfalls konnte er ihn sich nicht mehr vorstellen ohne in Verbindung mit dem vorgesetzten »Jean Paul«. Als Jean Paul bezeichnete er sich also auf dem Titelblatt seines ersten Romans, und nur die Vorrede mit der Unterschrift »Jean Paul Friedrich Richter« und der Ortsbezeichnung »Auf dem Fichtelgebirg« lüfteten den Schleier der Anonymität. Jean Paul wollte also wohl zunächst seinen Schriftstellernamen französisch ausgesprochen wissen, aber bald bürgerte sich das gut deutsche »Paul« ein, und es ist bezeugt, daß in des Dichters eigener Familie die Aussprache »Paul« und nicht etwa »Poll« üblich war.
    Mit einer ungleich größeren Gewalt als vor einigen Jahren durch Karoline Herder sah sich der Dichter durch Moritz in der Gemeinschaft der großen Geister der Zeit willkommen geheißen. Weit sprang sein Herz auf und rief der eigentlichen Heimat des Genies den Gruß zu. Es war, als sänken alle lästigen Bande, die ihn an untergeordnete Menschen gebunden hatten, zurück. Mit einem Schlage sah er sich in höhere

Weitere Kostenlose Bücher