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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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genommen hatte. Bei einer Beate von Spangenberg und einer Karoline von Flotow verlief die Grenze, die er seinem Empfindungsleben setzte. Dennoch hat der Verkehr mit der Fürstin sicher einen gewissen Eindruck auf ihn gemacht. Er, der verarmt und unerkannt in äußerster Bedrängnis seine Jugend verlebt hatte, mußte das gesellschaftliche Steigen als Sieg seiner Persönlichkeit betrachten, auf den er stolz war. Und wenn er seinen Armenadvokaten in Baireuth sich mit der adligen Natalie verbinden läßt, so war dies ein Nachzeichnen der eigenen Lebenskurve, die er durch den Verkehr mit der Fürstin aufs neue als aufsteigend empfand.
    Schon bei der Übersendung des ersten Manuskriptteils des »Hesperus« im Sommer 1793 an Otto schrieb Jean Paul, daß sein drittes Buch »in der Groschengallerei und auf dem Parterre« spielen werde. Damals also dachte er bereits an seinen »Quintus Fixlein«, den »Wuz in einem höhern Stande«, wie er ihn einmal nennt. Als er wieder mit der Mutter und den Brüdern in der ärmlichen Stube hauste, mußte ihn das Thema eines solchen ärmlichen Lebens von neuem reizen. Der Sommer ging mit mancherlei Zerstreuungen vorüber, brachte die Zuspitzung des Verhältnisses mit Karoline; der Herbst noch einmal herrliche Baireuther Tage. Erst der Winter mit seiner Not ließ ihn wieder an die Arbeit gehen. Am 15. Januar 1795 starb Pfarrer Völkel in Schwarzenbach. »Das Totenbild des armen Pfarrers stand den ganzen Nachmittag vor meinem Schreibtisch,« schreibt er an Otto, und dieses »Totenbild« mochte nicht wenig dazu beitragen, seine Gedanken auf das armselige Leben eines kleinen Landpfarrers zu konzentrieren und dem »Quintus Fixlein« neue Farben beizumischen. Vierzehn Tage später schon schickt er an Otto das Manuskript. »Hier ist wieder ein Geschichtchen, worüber ich hier weniger anzumerken habe als Du vielleicht… Es ist eilig und unter ungewohnten Störungen gemacht und unter meinem Zudrängen auf meine allerneueste Biographie, nach der ich ordentlich lechze.« Ende März schickte er dann das vollendete und durch die Beigaben und Mußteile ergänzte Manuskript. Er hatte gefürchtet, in der kleinen Idylle »dümmer und matter« zu erscheinen im Vergleich zu dem gewaltigen Stoff des »Hesperus«. Aus dieser Befürchtung heraus hatte er die ursprünglich reine Idylle erweitert und namentlich im zweiten Teil, in Fixleins Ringen mit dem Tode, vielleicht unter dem Eindruck von Völkels Sterben, ernstere Töne angeschlagen, als er ursprünglich beabsichtigt haben mochte.
    Der Vertrag über den »Hesperus« konnte ihn kaum locken, auch den »Quintus Fixlein« an Matzdorff zu geben. Dennoch räumte er dem Berliner Verleger in Dankbarkeit das Vorkaufsrecht ein. »Sie haben daher allzeit das Vorkaufsrecht bei allen meinen künftigen Manuskripten: nehmen Sie sie nicht, so haben wir nur weniger Geschäfte, nicht weniger Liebe. Ich werde Ihnen nächstens ein kleines leichter geschriebenes Bändchen wieder anbieten: ich bin nur heute zu eilig.« Es war Jean Paul nicht unlieb, daß Matzdorff diese Aufforderung im Drange der Meßgeschäfte übersah. Er wandte sich im Mai durch Vermittelung des Hofrats Schäfer an den Baireuther Buchhändler Lübeck. Lübeck erklärte sich zur Übernahme bereit, zahlte 200 Gulden, und im November konnte Jean Paul die Dedikationsexemplare verschicken.
    So sehr auch der Plan des »Titan« zum sofortigen Ausarbeiten hindrängte, Jean Paul hielt sich mit dem Beginn dieses Werkes, das sein größtes werden sollte, zurück und mochte es vielleicht nicht ungern sehen, daß andere Arbeiten sich dazwischendrängten. Am 8. Mai schrieb er an Otto über den Plan einer neuen Arbeit, die ihm unterm Spazierengehen aufgegangen war. Wir entsinnen uns, wie er nach hartem innerem Kampf den Gedanken, Hermanns Schriften herauszugeben, abgewiesen hatte. Noch immer peinigte ihn das Gefühl, dem Schatten des toten Freundes eine Ehrenpflicht nicht erfüllt zu haben. Aus diesem Schuldbewußtsein stieg der neue Plan auf. »Eben komm’ ich von einem Spaziergang, wo mir etwas Kühnes durch den Kopf gefahren ist, wozu ich Dein Ja bedarf, dessen Verweigerung mir der größte Tort wäre. Es betrifft den Hermann. Du weißt, daß sein größter Gehalt nicht in den paar von ihm abgesprungenen Goldglimmern seiner Schriften, sondern in der ganzen Textur und Kristallisation seines Wesens und Charakters besteht. Um ihn also darzustellen, muß man weder bloß jene geben noch diesen bloß beschreiben. Denn kein

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