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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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Unsterblichkeit. »Ich richtete mich wieder auf,« trug er am nächsten Tag in das Tagebuch ein, »daß der Tod das Geschenk einer neuen Welt sei und die unwahrscheinliche Vernichtung ein Schlaf.« So steht der Gedanke der Auferstehung an den Toren seines Schaffens, und nicht nur in dem Sinne, daß er nach dem wirklichen Tode ein neues Leben zu gewinnen hoffte, sondern auch in der Auffassung des Lebens als eines fortwährenden Sterbens und Wiedergeborenwerdens. Ottomar in der »Unsichtbaren Loge« läßt er lebendig das Entsetzen des Sterbens erfahren. »Ich bin seitdem lebendig begraben worden«, schreibt Ottomar an Fenk. »Ich habe mit dem Tode geredet, und er hat mich versichert, es gebe weiter nichts als ihn.« Und ähnlich, wenn auch nicht geradezu in dieser krassen Gestalt, läßt er den Quintus Fixlein mit dem Tode ringen und auferstehen. Der Gedanke des Todes war so mächtig in Jean Paul, bricht immer wieder mit so elementarer Gewalt in seinen Dichtungen durch, daß wir wissen, es war für ihn kein anderer Weg, ihn zu überwinden, als sich mit ihm vertraut zu machen.
    Die großen Ideen treten in seinen Dichtungen zurück hinter die Urerlebnisse des bloßen Daseins. Es hing das aufs engste mit seiner entbehrungsreichen Jugend zusammen. Das primitive Dasein umgab ihn in solcher Stärke, daß er ihm zeitlebens verhaftet blieb. Nicht durch eine überpersönliche Idee war der Todesgedanke von ihm zu überwinden, nur durch das Elementarerlebnis von der Einsicht seiner Notwendigkeit. Durch einen Aberglauben ließ er den Quintus Fixlein die Grenze des Todes streifen. Im »Siebenkäs«, der das Gegenstück dazu bilden sollte, mochte er Ähnliches von vornherein vorgesehen haben. Aber unter den Händen wuchs ihm das Werk weit darüber hinaus. Er hatte wohl von Anfang an eine Verwickelung entworfen, die nur durch den Scheintod des Helden gelöst werden konnte. Nun aber wurde dieses »Mittelstück« der eigentliche Drehpunkt des Ganzen. Das Scheinsterben des Helden steht für sich da, ja es ist sogar nachher unnötig, da Lenette im Kindbett stirbt. Worauf es ankommt, ist dieses: das Abschütteln des alten Lebens und das Auferstehen zu einem neuen in Freiheit und Liebe.
    Nie hat ein Dichter seine Seelenlage deutlicher zum Ausdruck gebracht als Jean Paul im »Siebenkäs«. Er steht wirklich im Begriff, Hof zu verlassen und sich in Baireuth festzusetzen, von wo ihn ein neues höheres Leben herüberwinkt. »Die frohen Wirbel der Freundschaft und der Natur allda ziehen mich in immer engere Kreise und endlich gar in den Mittelpunkt hinein nach Baireuth«, schreibt er im August 1795 an Emanuel. Wir kennen die schwelgerischen Tage, die er dort verlebt hatte und deren Zauber ihn immer wieder aufs neue in diese Stadt ziehen mußte. So spielt auch der Roman zwischen Hof und Baireuth. Den Namen Hof muß er freilich in der Dichtung in Kuhschnappel verwandeln und nach Schwaben verlegen, aber Baireuth stellt er unter seinem richtigen Namen und mit seinem ganzen wundervollen Lokalkolorit dar. Die Eremitage und die Fantaisie erblühen unter seiner Darstellung, sogar des Dörfchens Johannis neben der Eremitage wird Erwähnung getan. In Hof steigen die Freunde in dem heute noch bestehenden Gasthof »Zur Sonne« ab, und so genau ist Jean Paul in der Beschreibung der Örtlichkeiten, daß er, da er Kuhschnappel nach Schwaben verlegt, den Helden über Bamberg nach Baireuth führt. Als Leibgeber und Siebenkäs nach der Katastrophe sich trennen müssen und noch ein Stück Weges miteinander gehen, läßt er sie ihren Weg von Baireuth über Hof nehmen, und ihren endgültigen Abschied verlegt er auf die kahle Höhe von Töpen, jenem Ort, der mit dem Leben des Verfassers der »Teufelspapiere« aufs engste verknüpft ist. Wohl mochte er bei diesem Abschied der Freunde, der ein ewiger ist, an den Tod Adam von Oerthels denken, das erste erschütternde Ereignis, das ihn aus dem Satirenschreiben auferweckte. Der Abschied der Freunde ist von einer herzzerreißenden Traurigkeit. Hier erst offenbart sich die tiefe Ethik des Scheinsterbens und das Unerbittliche auch des Scheintodes, weil er die verbundenen Herzen auf ewig auseinanderreißt.
    In Lenette, der Frau des Armenadvokaten, hat Jean Paul seinen lebenswahrsten Frauencharakter geschaffen. Das Urbild Lenettens ist seine Mutter, und das Zusammenleben des armen Siebenkäs mit seiner jungen Frau ist genau dem Zusammenleben der Frau Richter mit ihrem nach bürgerlicher Auffassung aus der Bahn geratenen Sohn

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