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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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wird zum erstenmal gewahr, daß eine Braut oder Frau andere Ansprüche an ihn zu stellen berechtigt ist als eine Freundin. Er läßt Emilie von Berlepsch fallen, zieht in einem Brief eine unzarte Parallele zwischen ihren letzten Erlebnissen in Schottland und den Leipziger Auftritten.
    Nur eine, Josephine von Sydow, fühlt sich durch die Verlobung nicht berührt. Diese Südfranzösin scheidet mit der Klarheit ihrer Rasse die Liebe des Freundes und die des Bräutigams. Zur Frühjahrsmesse 1800 will Jean Paul nach Leipzig und von dort nach Berlin fahren, um Josephine endlich kennenzulernen. Die beiden malen sich ihr Zusammentreffen in glühenden Farben aus.
    Unterdessen hat Caroline den Hauptwiderstand ihrer Familie besiegt. Die Mutter wenigstens hat zu der Verlobung ihre Einwilligung gegeben. Aber sie lehnt es ab, den Bräutigam in Hildburghausen zu empfangen. Wenn das Paar einige Jahre verheiratet ist, will sie einmal zum Besuch hinfahren. Nicht mehr. Jean Paul kann also nicht aus der Hand der Mutter die Braut entgegennehmen. Ein Umstand, der ihn schmerzlich berührt. Hildburghausen ist ihm seit dieser Zeit verschlossen. Wir können die Wirkung dieser Widerstände auf den Dichter nicht hoch genug anschlagen. Die ganze Welt überbietet sich in Liebesbezeugungen zu ihm. Er hat die Erlaubnis erhalten, »den vier schönen und guten Schwestern auf dem Thron« den »Titan« zu widmen, ja die Königin Luise von Preußen hat ihn ausdrücklich auffordern lassen, nach Berlin zu kommen. Fürsten und Prinzessinnen bemühen sich um seine Freundschaft, die schönsten und reichsten Frauen liegen ihm zu Füßen. Nur die eine adelsstolze Familie von Feuchtersleben verschließt sich ihm, da er Caroline ehelichen will. Es kann gar nicht anders sein, als daß ihn dieses Verhältnis im höchsten Grade verstimmen muß.
    Jean Paul fühlt selbst, daß ihm eine baldige Verheiratung notwendig ist. Seine Nerven sind bis zum Reißen gespannt. Unter den unerhörten Anspannungen des Schaffens hat seine Gesundheit empfindlich gelitten. Er hat sich an Stimulantien gewöhnt. Der übermäßige Kaffeegenuß ist vom Biertrinken abgelöst worden. Er äußert selbst, daß er in einem Jahr tot sein wird, wenn er länger das schwere englische Bier trinkt, wie es in Weimar allein zu haben ist. Durch Otto und durch Emanuel läßt er sich von Baireuth das Bier aus dem Dorf St. Johannis bei Baireuth kommen, das er besser verträgt. Die jugendliche Geschmeidigkeit des Jünglingskörpers ist dahin. Er setzt den Bauch des an den Schreibtisch gefesselten geistigen Arbeiters an. Sein Gesicht wird rund, sein Körper ungefüge. Diese Wandlung geht im Lauf weniger Jahre vor sich. Man deutet dieses Fettwerden gewöhnlich falsch, faßt es als bürgerliche Behäbigkeit auf. Nichts falscher als das! Es ist die beginnende Auflösung eines dem Schaffen zum Opfer gebrachten Körpers. Das Herz, von den Erregungen des Schreibens mitgenommen, kann den immer mehr anschwellenden Körper nicht mehr durchpumpen, arbeitet immer mühevoller gegen die sich ansetzenden Massen an. Nicht Alltagsbehäbigkeit bestimmt diesen Prozeß, sondern das Aufsaugen des Bluts und der Kräfte durch das Gehirn.
    Dabei scheint die Arbeit der letzten Jahre ergebnislos. Für die Leserwelt ist er immer noch der Verfasser des »Hesperus«. Selbst der unendlich reifere und größere »Siebenkäs« hat sich neben dem den Instinkten der Zeit entgegenkommenden »Hesperus« nicht durchsetzen können. Die dazwischenliegenden Arbeiten sollten das Interesse für den »Titan« wachhalten, aber sie hatten das Publikum ermüdet. Jean Paul befand sich seit der ersten Rückkehr aus Weimar in einer Krisis, die ihm seine Verlobung mit Caroline erst recht deutlich machte.
    Dazu kamen Bedenken, vor allem von den Herders, ob es ratsam sei, allein auf schriftstellerische Einnahmen hin einen Familienstand zu gründen. Gleim versuchte, dem Dichter in Berlin eine Präbende zu erwirken, aber vergeblich. Wenigstens übersandte er aus eigenen Mitteln dem Bräutigam die Summe von 500 Talern als Beihilfe für die Ausstattung, auch hier wieder sich als echter »Dichtervater« bewährend. Vielleicht aber lenkte diese Gabe erst Jean Pauls Aufmerksamkeit auf das Unsichere seiner Lage.
    Caroline hatte währenddessen ihr ganzes Selbst aufgegeben und sich mit allen Gedanken und Träumen in den Dienst des Geliebten gestellt. Sie war es auch, die eine Zusammenkunft in Ilmenau ins Werk setzte, um Jean Paul endlich wieder von Angesicht zu

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