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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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und in das sie – weil das harte Steinobst schon ausgekernt und innen nichts ist – nicht nur ebensoviel, sondern sechs Lot mehr Seidenfaden und Seidenabschnitzel legen können als in die gedruckte Ausgabe. Allwills Briefwechsel – ein schweres zweidotteriges Straußenei des Autors, das ich vom Buchbinder auf diese Weise habe ausblasen lassen, weil die meisten Leserinnen zu kalt sind, es auszubrüten – ist jetzo ganz leicht . Aber von den deutschen Romanen werd’ ich niemals eine solche Futteral-Ausgabe von leeren Zeremonienwagen des Musen- und Sonnengottes veranstalten, weil ich befahre, der Buchhandel schreie über Nachdruck . – Ich wäre ein glücklicher Mann, wenn sich die Mitleserinnen meiner Leih-Kapselbibliothek nur zweimal in einigen italienischen und portugiesischen Büchereien hätten herumführen lassen; sie würden in diesen, wo oft nur die Titel der Werke – und noch dazu der dümmsten – an die Wand geschmieret sind, erstaunet sein, welche schlechte Figur solche unbrauchbare Bibliotheken neben meiner Bücherei von ordentlichen Vexierbüchern, die ich aus so vielen Fächern und mit einigem Eigensinn wähle, nicht anders als machen können. – So werden freilich deutsche Kapselleserinnen von euch Portugieserinnen nimmermehr eingeholet! Vielmehr kommen jene sogar den Männern, den Advokaten und Geschäftleuten nach, die ähnliche Kapsel-Journalistika mithalten und die Futterale der besten deutschen Journale – letztere werden oft als curiosa sogar den Kapseln angebogen und füttern diese aus – mitlesen und weitergeben…. Das ist mein Plan und Entwurf; Schafe aber würden mutmaßen, ich spaßte mich hier bloß herum, wenn ichs nicht wirklich durchsetzte.
    M
     
    Mädchen . Junge Mädchen sind wie junge Truthühner, die schlecht gedeihen, wenn man sie oft anrührt; und die Mütter halten diese weichen, aus Blumenstaub zusammengeflossenen Geschöpfe wie Pastellgemälde so lange unter Fensterglas – weil sich alles vor uns Prinzessinnenräubern und Obstdieben scheuet –, bis sie fixieret sind. Indessen ist weder Einsamkeit – welche nur zu einer ungeprüften Unschuld führt, die zwar nicht vor dem Wüstling, aber doch vor dem Heuchler fällt – die rechte Kronwache um ein weibliches Herz, noch Gesellschaft, noch Arbeitsamkeit – sonst sänke kein Landmädchen –, noch gute Lehren – denn diese sind in jedem Mund und in jeder Lesebibliothek zu haben –: sondern diese vier ersten und letzten Dinge auf einmal tuns, die sich sämtlich entbehren, vereinigen und ersetzen lassen durch eine tugendhafte weise Mutter.
    N
     
    Namen der Großen . Wenn ich so sehe, daß sie ihre außerehelichen Meß-Produkte, Gelegenheitschriften und pièces fugitives so namenlos, als wärens Rezensionen, verteilen: so sag’ ich: »Hieran erkenn’ ich echte Bescheidenheit.« Denn natürliche Kinder sind gerade ihre besten und ihre eignen und können noch dazu vom Fürsten für echt erklärt werden – indes ihre übernatürlichen in der Ehe das Echtmachen entbehren müssen –: und doch wollen sie der Welt den Namen des Wohltäters nicht wissen lassen, sondern schaffen ebensooft (ja öfter) heimlich Leute in sie hinein , als aus ihr hinaus . Was das Kind sonst zuerst aussprechen lernt, sagen ihm solche Eltern zuletzt – ihren Namen. Mich dünkt, sie folgen hierin Goethes feinem Ohre; denn sie verstecken sich selber ebenso – wenn sie das Orchester der Welt mit Kinderstimmen und mit vingt-quatre und mit Weck- und Repetierwerken (welche unähnliche Zusammenstellungen!) füllen –, wie Goethe vom spielenden Tonkünstler begehrt, daß er für die Ohren arbeite, aber zur Schonung der Augen sich selber verberge. Ebenso schön handeln sie, wenn sie ihre Kinder der 30sten Ehe am Ende (oft nach der 5- oder 20jährigen Verjährung) doch an Kindes Statt annehmen und der Welt zeigen und so den Zeisigen nachahmen, die, wie man sagt, ihrem Neste und dessen Insassen durch den sogenannten Zeisigstein so lange Unsichtbarkeit erteilen, bis sie flügge sind.
    O
     
    Ostrazismus. Er war bekanntlich bei den Griechen keine Strafe: nur Leute von großen Verdiensten errangen ihn, und sobald man diese Landesverweisung an schlechte Menschen verschwendete, ging sie völlig ein. Beklagen muß es ein Reichsbürger, daß wir, da wir eine ähnliche öffentliche Erziehanstalt, nämlich die Landesverweisung, haben, diese oft an die allerelendesten Schelme verschleudern und daher – in der Absicht, einen Kreis oder ein Land zum Spucknapf

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