Saemtliche Werke von Jean Paul
Wetter, und er verrät hierbei solche Kenntnisse, daß der Reisemarschall den Kandidaten, dessen Buch er mit Entzücken gelesen, als Hofwetterpropheten verpflichtet. Enthusiastisch schließt der Kandidat sich dem Fürsten an, an dessen hoher Geburt ihm nicht der mindeste Zweifel kommt. Mit wahrer Wollust malt hier Jean Paul seine eigene Jugendgestalt mit ihrem traurigen Schicksal. »Der arme Kandidat Richter,« schreibt er, »der auf einmal, nachdem er so viele Jahre in Hof unter Kaufleuten und Juristen mit seinem aufgedeckten Halse und langen Flatterhaare bestaubt und unscheinbar hingeschlichen…«
Mit dem Auftreten Jean Pauls ist der zweite Band des Romans beendet. Der dritte bringt die Fortsetzung der Reise, Abenteuer auf den einzelnen Stationen, bis der Zug sich in dem Dörfchen Liebenau wiederum vervollständigen kann. Hier begegnet der fürstlichen Karawane eine Judenschar, die eine ganze zusammenlegbare Stadt mit sich führt. Nikolaus hat nichts Eiligeres zu tun, als diese Stadt zu kaufen, der er den Namen Nikopolis gibt. Gleich in Liebenau wird Nikopolis ausgepackt und zusammengesetzt, und aus seiner eigenen Residenz schreibt der Fürst nunmehr den ersten Brief an Prinzessin Amanda, die immer noch heißgeliebte, deren Wachsbild ihn immerdar begleitet. Zwar weiß er noch nicht, wie sein Schreiben die Prinzessin erreichen soll, aber er setzt seine Hoffnung auf die nahe Residenzstadt Lukasstadt, der man sich nähert und wo er mit einem richtigen Hof in Berührung zu kommen hofft. Noch bevor man die Residenz erreicht, kann der Hofstaat wiederum vervollständigt werden. In einer mondhellen Mondnacht hört der Fürst ein Waldhorn erklingen. Freudig geht er den Tönen nach, aber es ist schließlich kein richtiges Waldhorn, das ihn in romantische Stimmung versetzt hat, sondern ein Schornsteinfeger, der mit dem Munde die Klänge eines Waldhorns täuschend nachmachen kann. Dieser Schornsteinfeger ist durch gutes Essen so dick geworden, daß er in keinem Kamin mehr Platz hat und infolgedessen in Gefahr gerät, zu verhungern. Gern schließt er sich dem Zuge an, der nun endlich am nächsten Tag vor Lukasstadt ankommt. Nikopolis wird ausgepackt und in ganzer Pracht aufgestellt. Bevor man aber in die Residenz hineingeht, bedarf es langer Beratungen, in welchem Inkognito Nikolaus sich darstellen soll. Denn es ist klar, daß es ein Inkognito sein soll, um in Beziehung auf den Lukasstädter Hof lästigen Förmlichkeiten aus dem Wege zu gehen. Endlich entschließt sich der Fürst, den Namen eines Grafen von Hazenkoppen anzunehmen. Der Reisemarschall hat die schwierige Paßfrage bereits in Rom gelöst. Mit Libette war er dort zu dem Paßbureau gegangen und hatte angegeben, daß er den geisteskranken Apotheker auf Reisen geleite, der den Wahn habe, ein Fürst zu sein, und sich als Graf von Hazenkoppen ausgeben werde. Es ist also ein Narrenpaß, der dem Apotheker nun auch die Tore von Lukasstadt öffnet. Nikolaus selbst will nicht lange in Nikopolis wohnen bleiben, sondern mietet das ganze Gasthaus »Römischer Hof«. In Nikopolis sollen nur die unteren Chargen wohnen. Der eigentliche Hofstaat bezieht das vornehme und teure Hotel. Beim Einzug tritt ein furchtbarer Nebel auf, so daß die einzelnen Mitglieder des Hofes sich aus den Augen verlieren. Worble benützt die Gelegenheit, alle ihm begegnenden schönen Mädchen abzuküssen und in den Nebel unterzutauchen, wenn sie um Hilfe rufen. Der Zufall will es, daß gerade während des Einzugs im fürstlichen Palast ein Prinz geboren ist. Die Stadt jubelt und flaggt. Leider geht alles im Nebel unter, aber der Graf Hazenkoppen muß die Ovationen, die man dem neugeborenen Prinzen darbringt, auf sich beziehen. Immerhin findet er es taktvoll, daß der Hof von Lukasstadt diesen Ausweg findet, ihn einerseits standesgemäß zu begrüßen, andererseits sein Inkognito zu wahren.
In dem Nebel aber ist auch eine sonderbare Gestalt aufgetaucht, die allen noch viel zu schaffen machen soll. Ein ganz in Leder gekleideter Mann mit dem Zeichen Kains, der roten Schlange, auf der Stirn. Die Kopfhaare sträuben sich ihm zu Hörnern. Mehrmals taucht er aus dem Nebel auf und stellt sich dem Apotheker gegenüber. Ein vorüberschießender Mann ruft aus: »Es lebe der Prinz!« Der Ledermann aber sagt langsam: »Es lebe kein Prinz; Menschen sollen nicht regieren, sondern der Fürst der Welt.« Ein paar Mädchen gehen vorüber und sprechen: »Wie schön ist der neue Prinz!« Ihnen ruft der Ledermann mit
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