Saemtliche Werke von Karl May - Band 01
Savanne. Nun konnten sich die Reiter zusammenhalten, und Rollins fragte nach dem Gloomy-water und allen Verhältnissen desselben. Buttler und Poller erfüllten seine Neugierde in einer Weise, welche seine Erwartung noch mehr steigerte und ihn in die größte Aufregung versetzte. Als er behauptete, den Augenblick der Ankunft kaum erwarten zu können, beruhigte ihn Buttler durch die Mitteilung:
»Was das betrifft, so wird Eure Geduld nicht mehr lange auf die Probe gestellt werden, denn wir haben höchstens noch anderthalb Stunden zu reiten.«
»Anderthalb? Und vor einer halben Stunde haben wir euch getroffen; das macht zwei ganze. So habt ihr den Petroleumsee erst seit zwei Stunden verlassen?«
»So ungefähr.«
»Warum nicht eher? Eine Botschaft wie die, welche ihr mir brachtet, kann man nicht früh genug erfahren.«
Diese Frage kam höchst ungelegen, denn er durfte doch nicht erfahren, welche langwierige Arbeit sie am Gloomy-water zu verrichten gehabt hatten, doch Poller brachte sich aus der Verlegenheit, indem er die Auskunft gab:
»Es war unsre Aufgabe, für eure Sicherheit zu sorgen. Dazu gehörte vor allen Dingen auch, daß wir die ganze Umgegend des Sees absuchten. Das war nicht leicht, denn das Terrain ist ein schwieriges, und wir konnten nur langsam verfahren, weil wir vorsichtig sein mußten. Darum sind wir erst vor einigen Stunden fertig geworden.«
»Und ihr habt nichts gefunden, was auf eine Gefahr für uns schließen läßt?«
»Nichts, gar nichts. Ihr braucht nicht die mindeste Sorge zu haben, Sir.«
Rollins fühlte sich nicht nur beruhigt, sondern so froh und zuversichtlich gestimmt, wie noch selten in seinem Leben. An dem Orte, den er in der Zeit von nicht viel über einer Stunde erreichen würde, lag für ihn ein Kapital in der Höhe von vielen, vielen Millionen! Er hätte seine Begleiter alle umarmen mögen, begnügte sich aber damit, seinem Buchhalter die Hand zu drücken und zu ihm zu sagen:
»Endlich, endlich am Ziele! Und endlich, endlich nun aus den Ungewißheiten heraus! Seid Ihr nicht auch darüber froh?«
»Natürlich, Sir,« lautete die einfache Antwort.
»Natürlich, Sir!« wiederholte Rollins, indem er mit dem Kopfe schüttelte. »Das klingt so kalt, so teilnahmlos, als ob die Sache Euch gar nichts anginge!«
»Denkt das nicht! Ihr wißt ja, daß ich in allen Euern Angelegenheiten stets so sorge, als ob es die meinigen wären. Ich freue mich auch, pflege aber so etwas gewöhnlich nicht übermäßig laut zu äußern.«
»Well, kenne Euch ja, Mr. Baumgarten. Hier aber könnt Ihr schon etwas lauter sein. Habe Euch noch nichts gesagt, doch konntet Ihr wohl denken, daß ich, da ich Euch mitgenommen habe, mit Euch gewisse Absichten verfolge. Ihr sollt an diesem neuen Unternehmen mehr beteiligt sein, als Ihr bis jetzt gedacht habt. Meint Ihr, daß ich die Absicht habe, mit meiner Familie Arkansas zu verlassen und mich hier im wilden Westen anzusiedeln? Kann mir nicht einfallen. Werde zunächst freilich alles thun, was hier nötig ist; mein fester und eigentlicher Wohnsitz aber wird doch unser Brownsville bleiben. Werde Ingenieure anstellen müssen und über ihnen einen geschäftlichen Direktor, auf den ich mich verlassen kann. Wer meint Ihr wohl, wer dieser Mann sein wird?«
Er blickte dabei den Buchhalter mit bezeichnendem Schmunzeln von der Seite an und fuhr, als dieser nicht gleich antwortete, fort:
»Oder habt Ihr die Absicht, auch Zeit Eures Lebens in Brownsville zu bleiben?«
»Ueber diese Frage nachzudenken, habe ich bisher noch keine Veranlassung gehabt, Mr. Rollins.«
»Well, so habt die Güte, jetzt darüber nachzudenken! Wie nun, wenn der Direktor, von welchem ich sprach, Mr. Baumgarten heißen soll?«
Da richtete sich der Deutsche scharf im Sattel auf und fragte:
»Ist das Euer Ernst, Sir?«
»Yes! Ihr wißt, daß ich in so wichtigen Angelegenheiten keinen Scherz zu treiben pflege. Die Stelle ist eine verantwortliche und schwierige. Darum würde ich Euch neben dem Gehalte mit an dem Gewinne beteiligen. Wollt Ihr sie annehmen?«
»Von ganzem Herzen gern!«
»So schlagt ein! Hier ist meine Hand.«
Baumgarten gab ihm die seinige und sagte:
»Ich will keine vielen, überflüssigen Worte machen, Mr. Rollins; Ihr kennt mich und wißt, daß ich nicht undankbar bin. Mein größter Wunsch jetzt ist, der Stellung, die ich bekleiden soll, gewachsen zu sein.«
»Das seid Ihr; ich weiß es.«
»Und ich möchte dies weniger zuversichtlich behaupten. Es ist ja wahr, was
Weitere Kostenlose Bücher