SÄURE
Leichen loszuwerden.«
»Ich wußte nicht, daß du so gut zuhörst.«
»Klar, immer.«
Er knüllte noch ein paar Blätter zusammen und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Alex, nach all den Jahren in dem Job brauchst du mir nicht zu sagen, was die Menschen alles fertigbringen. Aber soweit ich sehe, deutet nichts auf ein Verbrechen. Nenne mir einen Verdächtigen und sein Motiv.«
»Wen verdächtigst du gewöhnlich zuerst, wenn eine reiche Frau stirbt?«
»Den Ehemann. Aber dieser hat keinen Gewinn davon, was sollte er also für ein Motiv haben?«
»Vielleicht hat er einen Gewinn davon. Trotz dessen, was Anger und sein Anwalt gesagt haben, können voreheliche Vereinbarungen angefochten werden. Bei einem Besitz von dieser Größe würde es sich schon lohnen, wenn er nur ein oder zwei Prozent herausschlüge. Und Lebensversicherungen kann man sich ausstellen lassen, ohne daß Anwälte, Buchhalter oder der Versicherte es wissen. Er hat auch noch ein anderes Geheimnis.« Ich erzählte ihm, was ich in Malibu erfahren hatte.
Er schob den Sessel bis zum Bücherregal zurück und streckte sich, ohne offensichtlich eine bequeme Position zu finden. »Der alte Macho Don. Spielt den Ehemann und ist schwul.«
Ich sagte: »Das könnte der Grund sein, weshalb er sich dir gegenüber so abwehrend verhalten hat, als er dich das erstemal sah. Vielleicht kannte er dich schon vom Fernsehen her und befürchtete, du könntest über ihn Bescheid wissen.«
»Wieso sollte ich?«
»Allgemeine Kontakte aus der Schwulenszene?«
»Yeah, das bin ich«, sagte er. »Mr. Aktivist, mit direktem Draht zu allen Schwulenorganisationen.«
»Er könnte es von dir nur wissen, wenn er wirklich mit der Schwulenszene zu tun hat. In Anbetracht der Tatsache, daß er den Leuten in San Labrador Essen serviert, halte ich das für unwahrscheinlich. Oder vielleicht war es eine irrationale Reaktion, - er hat es gespürt: dein Auftauchen war ein Gefahrensignal für ihn, erinnerte ihn an sein Geheimnis.«
»Ein Gefahrensignal für ihn«, sinnierte er. »Weißt du, der Gedanke war mir auch gekommen, daß er etwas über mich wußte. Ich dachte allerdings, er wäre nur ein homophober Faschist. Einen Augenblick lang hätte ich beinahe ›fuck you‹ gesagt und wäre gegangen. Dann schien er es zu vergessen, und genau das habe ich auch getan.«
»Sobald er sah, daß du dich auf Gina konzentriertest und nicht auf ihn, hegte er sein Geheimnis in Sicherheit.«
Er schenkte mir ein säuerliches Lächeln. »Hat nicht lange gedauert, sein Geheimnis zu entdecken.«
»Jetzt, wo ich darüber nachdenke - wahrscheinlich ist ihm das von Anfang an im Kopf herumgegangen. Er hat als erster das Strandhaus erwähnt, hat selbst dort angerufen, zweimal. Dachte, damit wäre das erledigt. Er hatte keine Ahnung, daß ich hinausfahren würde. Auch als ich da war, kam ich nur durch einen Zufall darauf. Wenn Nyquist es mit diesen beiden Mädchen nicht übertrieben hätte und wenn ich ihnen später nicht wieder begegnet wäre, hätte ich es nie im Leben erfahren.«
»Was ist dieser Nyquist für einer, außer daß er es übertreibt?«
»Blond, gutaussehend, Gewichtheber, Surfer. Die Mädchen erzählten, es kämen andauernd Jungens zu ihm. Er behauptet, mit ihnen zu trainieren.«
»Toller Stricher, auf die Millionen scharf«, sagte er. »Was für ein Klischee!«
»Genau das habe ich auch gedacht«, sagte ich, »als ich allerdings noch Gina verdächtigte, mit ihm was zu haben.«
Er zog die Augenbrauen hoch. »Wann war das denn?«
»Gleich zu Anfang, aber ich habe mich erst gestern wieder daran erinnert. Als ich zum erstenmal hier war, waren Gina und ich unten, wir suchten Melissa nach ihrem Wutanfall. Ramp und Nyquist kamen herein, sie hatten Tennis gespielt. Dann ging Ramp sich duschen, und Nyquist hing ohne offensichtlichen Grund herum. War irgendwie sehr lässig, fast ein bißchen patzig. Er bat Gina um etwas zu trinken, und irgendwie klang es anzüglich. Nichts Direktes, es war die Art, wie er es sagte. Sie muß es auch bemerkt haben, denn sie hat ihn sofort in seine Schranken verwiesen. Das hat ihm nicht gepaßt, aber er hielt den Mund. Der ganze Wortwechsel dauerte keine Minute, - ich hatte das Ganze vergessen, bis ich Nyquist mit den Strandmiezen den tollen Hecht spielen sah.
Dann erzählten mir die Mädchen von ihm und Ramp, und ich begriff, daß das nur seine Fassade war.«
»Vielleicht war es das gar nicht.«
»Was meinst du?«
»Vielleicht ist Todd ein kreativer
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