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SÄURE

SÄURE

Titel: SÄURE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Bursche.«
    »Mal so, mal so?«
    Er lächelte. »Ist alles schon vorgekommen.«
    Ich hatte die ganze Zeit gestanden, seit wir ins Zimmer hineingekommen waren. Ich merkte es und setzte mich in einen Sessel. »Geld, Eifersucht und Leidenschaft«, philosophierte ich, »ein ganzer Sumpf klassischer Motive zum Freundschaftspreis. Erinnerst du dich, wie Melissa sagte, Gina hätte ihr erzählt, an einem Mann schätze sie Freundlichkeit und Toleranz? Was sie an Ramp gemocht hat, war vielleicht, daß er noch mehr als ihre Phobie tolerierte. Vielleicht meinte sie damit, daß er auch gegen ihr Verhältnis mit Nyquist und/oder einige andere sexuelle Abenteuer nichts einzuwenden hatte. Aber was ist, wenn diese Duldsamkeit nicht gegenseitig war? Untreue ist eine Sache, die Überschreitung der Grenzen sexueller Präferenzen eine andere. Wenn Gina festgestellt hat, daß sie Todd mit Ramp teilte, kann sie durchgedreht sein.«
    »Sogar wenn zwischen ihr und Nyquist nichts war, kann sie durchgedreht sein, als sie erfuhr, daß Ramp schwul oder bisexuell war«, sagte Milo.
    »Wie es auch immer genau gewesen sein mag, sie erfuhr etwas, das bei ihr den Entschluß auslöste: ›Es reicht!‹ - Zeit, ihre Flucht auszuführen, psychologisch und körperlich, mit einem Riesenschritt durch die offene Tür.«
    »Herbe Veränderung für Ramp, wenn sie ihn rausschmeißt.«
    Ich nickte. »Kein Herrenhaus mehr, kein Strandhaus mehr, kein Tennisplatz mehr, die Leute gewöhnen sich an einen gewissen Lebensstandard. Und wenn ihr Grund dafür, daß sie sich von ihm scheiden läßt, herauskäme, würde er noch viel mehr als nur das bißchen Luxus verlieren. In San Labrador wäre er dann erledigt.«
    »Sie wollte ihn outen«, sagte er leise. »Wie?«
    »Bloßstellen, aus seinem Wandschrank herausholen, ob’s ihm nun paßte oder nicht. Wütende Leute tun so etwas, und die Hölle ist nichts dagegen.«
    »Stimmt«, sagte ich, »nur habe ich keine außergewöhnliche Feindseligkeit zwischen Gina und Ramp festgestellt. Melissa ebenfalls nicht, und du kannst Gift darauf nehmen, daß sie so etwas gemerkt hätte.«
    »Yeah«, sagte Milo, »aber beide waren früher mal Schauspieler, stimmt’s? Sie würden so ein Eheglück leicht vorspielen können. Ist das nicht üblich in San Labrador? Immer schön die Fassade wahren?«
    »Stimmt, also was nun?«
    »Ja was?« sagte er. »Wenn du mich fragst, ob ich Chickering oder die Sheriffs überzeugen könnte, daß sie sich Ramp aufgrund seines heimlichen Sexuallebens vorknöpften, dann weißt du die Antwort selbst. Sollte ich ihn und den Goldjungen mal unter die Lupe nehmen? Was könnte das schaden?«
    »Noch ein Tag am Strand?« fragte ich.
    »Erinnere mich daran, daß ich diesmal mein Boogiebrett mitbringe.«
    »Warst du noch mal bei McCloskey?«
    »Heute nachmittag. Er schlief, als ich ankam. Der Priester wollte nicht, daß ich ihn störe, aber ich bin die Hintertreppe hinaufgeschlichen und bin ihm auf die Bude gerückt. Er sah nicht mal erstaunt aus, als er mich erblickte, nur resigniert, so wie alte Knackis halt aussehen.«
    »Irgendwas erfahren?«
    Er schüttelte den Kopf. »Genau denselben religiösen Quatsch. Ich habe all meine bullenmäßigen Register gezogen. Hat ihn alles nicht gekratzt. Ich glaube allmählich, der Typ hat echt was am Kopf.« Er tippte sich an die Stirn.
    »Aber das schließt nicht aus, daß er jemanden anstiften könnte, sie zu holen.«
    Er antwortete nicht, schien nachzudenken.
    »Was ist?«
    »Du hast mich auf eine Idee gebracht, wegen Ramp. Es wäre nett zu wissen, inwieweit Gina über seine Homosexualität informiert war. Meinst du, sie hat das mit diesen Therapeuten diskutiert?«
    »Gut möglich, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß sie die Schweigepflicht verletzen.«
    »Haben Tote ein Recht auf Verschwiegenheit?«
    »Ethisch ja, ich bin nicht sicher, wie es juristisch aussieht. Wenn Verdacht auf ein Verbrechen besteht, könnte man sie wahrscheinlich zwingen, ihre Unterlagen herauszugeben. Aber ohne das glaube ich nicht, daß sie sich auf so etwas einlassen würden. Jede Art von Publizität kann ihnen nur schaden.«
    »Yeah«, sagte er. »Patientin im See bringt keinen Medizin-Nobelpreis.«
    Meine Gedanken wanderten zum schwarzen Wasser und blieben dort. Über dreißig Meter Mist. »Wenn sie unten im Reservoir liegt, wie groß ist die Chance, ihren Leichnam zu finden?«
    »Nicht sehr groß. Wie der Taucher schon sagte, die Sicht ist miserabel, das Gebiet riesig; man kann das Ding nicht

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