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SÄURE

SÄURE

Titel: SÄURE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Unternehmertum.«

30
    Ich bezahlte die Rechnung, und Milo plauderte mit Joyce, machte ihr weitere Komplimente hinsichtlich ihres Essens, erwies ihr sein Mitgefühl in Anbetracht der Probleme, die der Betrieb eines solchen Geschäfts mit sich bringe, und kam dann irgendwie auf Kathy Moriarty zu sprechen, als wäre das der nächste logische Schritt. Sie hatte keine neuen Tatsachen anzubieten, außer daß sie ihm die Erscheinung der Reporterin noch einmal beschrieb: Mitte bis Ende Dreißig, mittelgroß, Figur ohne besondere Merkmale, kurzgeschnittenes braunes Haar, rosige Gesichtsfarbe (»Wie Sie sich ein irisches Mädchen vorstellen würden«), helle Augen - entweder blau oder grün. Dann, als würde ihr plötzlich klar, daß sie mehr gegeben als bekommen hatte, kreuzte sie die Arme über der Brust und sagte: »Wieso wollen Sie das alles denn wissen?«
    Milo deutete mit dem Kopf zum rückwärtigen Teil des Restaurants, zog sich mit ihr dorthin zurück, um sie einzuweihen - eine überflüssige Vorsichtsmaßnahme, da wir die einzigen Gäste waren. Er zeigte ihr seine inzwischen nicht mehr gültige LAPD-Bronzemarke. Sie machte den Mund auf, aber sagte nichts. Er sagte: »Es ist wichtig, daß Sie niemandem etwas erzählen, bitte!«
    »Na klar. Ist irgend etwas…?«
    »Ihnen oder irgendwem anders droht keine Gefahr. Unsere Nachforschungen sind reine Routine.«
    »Ist es - wegen des Hauses, der Klinik?«
    »Bereitet Ihnen etwas an dem Haus Kopfzerbrechen?«
    »Nun«, sagte sie, »wie ich diesem Gentleman ja schon erzählt habe, ist es sonderbar, daß so wenige Leute hineingehen und herauskommen. Da fängt man schon an zu überlegen, was die da eigentlich machen, - in diesen Zeiten muß man sich ja solche Fragen stellen.«
    »Ja, das stimmt.«
    Sie fröstelte, aber die Geheimnistuerei schien ihr zu gefallen. Sie mußte noch einmal versprechen, daß sie nicht darüber reden würde. Wir verließen das Restaurant und fuhren zurück in Richtung Sussex Knoll.
    »Meinst du, daß sie den Mund halten wird?« fragte ich.
    »Wer weiß?«
    »Nicht so wichtig?«
    Er zuckte die Achseln. »Was kann schlimmstenfalls passieren? Die Gabneys bekommen davon Wind, daß jemand Fragen stellt. Wenn sie nichts planen, spielt es keine Rolle. Wenn doch, dann kriegen sie es vielleicht mit der Angst zu tun und machen irgendeinen Fehler.«
    »Zum Beispiel?«
    »Sie verkaufen den Cassatt, versilbern irgend etwas anderes auf die Schnelle, so daß wir erfahren, daß sie sich noch mehr von Ginas Sachen unter den Nagel gerissen haben.«
    Gina - er sprach ihren Namen inzwischen mit einer solchen Selbstverständlichkeit aus, obwohl er sie nie gesehen hatte. Die Intimität eines Bullen von der Mordkommission. Ich dachte an all die anderen, denen er auch nie begegnet war, die er aber so gut kannte…
    »…also«, fragte er, »bist du einverstanden?«
    »Einverstanden womit?«
    Er lachte. »Du bist schon nicht mehr ganz da.«
    »Wieso?«
    »Fahr nach Haus und hau dich hin!«
    »Mir geht’s wunderbar. Was hast du gesagt?«
    »Daß du dich aufs Ohr legen, dir eine Mütze voll Schlaf holen und morgen früh bei der Adresse von Kathy Moriarty vorbeischauen sollst. Wenn es ein Apartmenthaus ist, sprich mit dem Besitzer oder mit dem Hausmeister, wenn du ihn auftreiben kannst. Auch mit anderen Mietern.«
    »Was ist meine Prämisse?«
    »Deine was?«
    »Mein Grund dafür, nach ihr zu fragen, ich habe keine Polizeimarke!«
    »Kauf dir eine«, sagte er. »Am Hollywood Boulevard, in einem der Kostümläden. Die ist genauso legal wie die, die ich benutze.«
    »Also, wenn das kein Zynismus ist.«
    Er grinste böse. »Okay, du möchtest eine Prämisse: Sag, du bist ein alter Freund von ihr, der gerade von der Ostküste herübergekommen ist. Du möchtest sie mal wiedersehen und über die alten Zeiten quatschen. Oder du bist ihr Vetter, bald ist ja das große Familientreffen der Moriartys, und irgendwie weiß keiner so recht, wo die gute alte Kathy gerade mal wieder steckt. Denk dir etwas aus. Du hast doch ihre Schwester kennengelernt, da sollte es dir leichtfallen, das Ganze überzeugend rüberzubringen.«
    »Es geht nichts über einen kleinen Täuschungsversuch, damit der Morgen einen gewissen Pfiff bekommt, was?«
    »Hey«, sagte er, »daraus besteht doch das ganze Leben.«
    Als ich vor dem Haus parkte, kam Noel Drucker mit einem großen blauen Koffer, der sich durch den Namenszug eines bekannten Designers auszeichnete, aus dem Haus. Er sagte: »Sie ist oben in ihrem

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