SÄURE
Zimmer. Sie schreibt.«
»Schreibt was?«
»Etwas über den Kerl von der Bank und den Anwalt, glaube ich. Sie ist richtig aufgedreht, sie will sie verklagen.« Milo zeigte auf den Koffer. »Für den Boß?« Noel nickte.
»Weiß er schon, wo er hinzieht?«
»Ich nehme an, er wird bei uns wohnen, bis er etwas findet. Bei meiner Mutter und mir, im ersten Stock über dem Restaurant. Es gehört ihm sowieso.«
»Haben Sie die Räume von ihm gemietet?«
»Nein, er läßt uns dort kostenlos wohnen.«
»Nett von ihm.«
Noel nickte. »Er ist wirklich nett. Ich wollte…« Er warf eine Hand hoch und sagte: »Egal!«
»Muß schwer für Sie sein«, sagte ich, »mitten drin in alledem.«
Er zuckte die Achseln. »Ich betrachte es als eine Art Übung.«
»Eine gute Übung für die internationalen Beziehungen?«
»Für die wirkliche Welt.«
Er stieg in den roten Celica und fuhr weg.
Milo sah den Rücklichtern nach, bis sie verschwanden. »Netter Kerl!« als spräche er über eine vom Aussterben bedrohte Tierart. Er schlug sich mit seiner Aktentasche gegen das Bein und warf einen Blick auf seine Timex. »Halb zehn, ich muß jetzt erstmal telefonieren. Dann tanze ich meinen Boogie zur Mission runter und zieht mir den hirnlosen Alten rein.«
»Wenn Melissa mich nicht braucht, komme ich mit.« Er runzelte die Stirn. »Und was ist mit Schlaf?«
»Bin viel zu aufgedreht.«
Er sagte einen Augenblick lang nichts, dann: »Okay, der Kerl ist verrückt, vielleicht ist deine Ausbildung da ganz nützlich. Aber dann tu mir einen Gefallen und geh nach Haus und mach dich lang. Fahr nicht so aufgekratzt weiter, sonst brennt der Motor aus.«
»Ja, Mom.«
Melissa war in dem fensterlosen Raum. Sie saß hinter dem Schreibtisch, vor ihr ein riesiger Blätterstapel. Sie machte ein erschrockenes Gesicht, als wir hereinkamen, sprang auf und wischte versehentlich ein paar Blätter vom Tisch. »Strategische Planung«, sagte sie, »ich überlege, wie ich die Hundesöhne packe.«
Milo hob die Blätter auf, warf einen Blick darauf und legte sie auf den Schreibtisch. »Haben Sie schon eine Methode gefunden?«
»So in etwa. Ich glaube, das beste ist, ich prüfe jeden einzelnen ihrer Schritte nach, von Anfang an. Ich werde sie zwingen, all ihre Papiere vorzulegen und mir jede einzelne Zeile und jede einzelne Zahl zu erklären. Zumindest werde ich ihnen damit so viel Angst einjagen, daß sie es nicht mehr wagen werden, mich auszuplündern. Und dann kann ich mich darauf konzentrieren, wie ich sie packe!«
Ich sagte: »Ein guter Angriff ist die beste Verteidigung.«
»Genau!« Sie klatschte in die Hände. Ihre Wangen waren gerötet und ihre Augen leuchteten, aber es sah nicht gerade gesund aus. Milo betrachtete sie aufmerksam, aber sie bemerkte es nicht.
»Haben Sie schon Gelegenheit gehabt, mit irgendwelchen Anwälten zu reden, Dr. Delaware?«
»Noch nicht.«
»Okay, aber sobald wie möglich, ja? Bitte!«
»Ich könnte es jetzt sofort versuchen.«
»Das wäre toll, danke.« Sie hob das Telefon vom Schreibtisch auf und warf es mir zu.
Milo sagte: »Ich könnte einen Drink gebrauchen.«
Sie sah ihn an, dann mich: »Klar, lassen Sie uns etwas aus der Küche holen.«
Als ich allein war, wählte ich Mal Worthys Privatnummer in Brentwood. Ein Anrufbeantworter mit der Stimme seiner dritten Frau war dran. Ich war dabei, eine Nachricht zu hinterlassen, als er sich plötzlich meldete.
»Alex, ich wollte dich anrufen, hab’ demnächst einen saftigen Fall für dich. Ein Psychologenehepaar läßt sich scheiden, sie haben drei total verkorkste Panzen. Ich hab’ die Frau, und es sieht so aus, als ob es einer der fiesesten Vormundschaftskämpfe wird, die du je zu sehen kriegst.«
»Klingt ganz lustig.«
»Ist es auch garantiert. Wie sieht’s auf deinem Terminkalender in - sagen wir sechs Wochen aus?«
»Ich habe ihn nicht vor mir, aber so weit voraus sehe ich keine Probleme.«
»Gut, du wirst begeistert sein, es sind zwei der verrücktesten Leute, die du je kennenlernen wirst. Der Gedanke, daß sie andere Leute behandeln… Was macht eigentlich dein Beruf, sag mal?«
»Laß uns lieber über deinen Beruf reden«, antwortete ich. »Ich brauche eine Empfehlung.«
»Wofür?«
»Vermögen und Steuern.«
»Nur Formsache oder Rechtsstreit?«
»Könnte beides sein.« Ich beschrieb ihm Melissas Situation, ließ Namen, Summen, Identitätsmerkmale aus.
Er sagte: »Suzy LaFamiglia, wenn dein Patient nichts gegen eine Frau hat.«
»Eine Frau wäre
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