Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SÄURE

SÄURE

Titel: SÄURE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
»Ich hab’ nichts zu erzählen. Es war ein Jammer, a fucking waste.«
    »Warum hat sie es getan, Sally?«
    »Warum wohl? Weil sie nicht sein wollte, was sie war - nach all dem…«
    »All dem was?«
    »All the fucking time! All den Stunden und Aberstunden Herumgelabere mit Seelenklempnern, Psychologen, was auch immer. Ich dachte, wir hätten den fucking shit hinter uns. I fucking thought she was happy. Ich hab’ doch geglaubt, verdammt noch mal, sie wäre endlich davon überzeugt, daß sie okay war, so wie Gott sie in seiner unendlichen Gnade geschaffen hatte. God damn her!«
    »Vielleicht hat ihr jemand das Gegenteil gesagt. Vielleicht hat jemand sie zu ändern versucht.«
    Zehn Takte Brown. Der Titel des Songs fiel mir plötzlich ein: »Baby, Please Don’t Go.‹«
    Sie sagte: »Vielleicht, ich weiß es nicht, verdammt!«
    »Kate Moriarty hat das geglaubt, Sally. Sie hat etwas über Eileens Therapeuten herausgefunden, nicht wahr? Und deshalb ist sie hierher nach Kalifornien gekommen?«
    »Ich weiß es nicht«, wiederholte sie, »ich weiß es nicht. Alles, was sie getan hat, war Fragen stellen. Sie hat nie viel über das gesprochen, was sie getan hat. Sie dachte, ich müßte mit ihr reden, weil sie lesbisch war.«
    »Wie ist sie mit Ihnen in Kontakt gekommen?«
    »Durch GALA. Ich hab’ die ganzen Leitungen in ihrem verdammten Büro gelegt, hab’ den Mund aufgemacht und ihr von Eileen erzählt. Sie hat sofort gestrahlt wie ein Weihnachtsbaum. Sofort waren wir Waffenschwestern. Aber sie selbst hat nie geredet, nur immer gefragt. Sie hatte lauter so Regeln, worüber sie reden durfte und worüber nicht. Ich dachte, wir wären - Aber sie - Oh, fuck this! Fuck this whole thing! Es ist zu fucking lange her, und ich mache das nicht noch einmal mit, also fucking vergessen Sie es und fuck you!«
    Totenstille, keine Musik.
    Ich wartete einen Augenblick und wählte noch einmal. Besetzt. Versuchte es fünf Minuten später wieder, dasselbe Ergebnis. Ich saß da, stellte Zusammenhänge her und sah die Dinge in einem anderen Licht, in einem anderen Kontext, in dem alles plötzlich einen Sinn ergab.
    Es war Zeit, eine andere Nummer anzurufen, eine andere Vorwahl. Diesmal stand der Teilnehmer drin, nur der Nachname und ein Buchstabe davor. Ich schrieb die Nummer auf, wählte, hörte es fünfmal läuten, bis jemand abhob und »Hallo« sagte.
    Ich legte auf, ohne den Gruß zu erwidern. Es kam keine Luft mehr durch die Klimaanlage herein, aber der Raum fühlte sich mit einemmal noch kälter an. Nachdem ich Ramp ein zweites Tischtuch um die Schultern gelegt hatte, ging ich fort.

35
    Fünf Minuten Studium des Thomas Guide, hundertzwanzig Minuten auf der Schnellstraße 101 nach Norden, immer geradeaus. Auf halbem Wege brach die Dämmerung herein. Als ich Santa Barbara erreichte, war der Himmel schwarz. Ich fuhr auf die 154 nahe Golete, fand ziemlich leicht den San Marcos Pass und fuhr durch die Berge, immer weiter bis Lake Cachuma.
    Das zu finden, was ich suchte, war etwas schwieriger. Hier befanden sich überall nur Ranches, es gab weder Straßenschilder noch Lampen noch Geschäfte. Ich fuhr beim ersten Mal daran vorbei, merkte es aber erst, als ich in die Stadt, nach Ballard, kam. Ich drehte um und ließ den Wagen langsam rollen. Obwohl ich meine Augen anstrengte und den Fuß fest auf der Bremse hatte, fuhr ich wieder dran vorbei. Aber meine Scheinwerfer erfaßten gerade lange genug ein hölzernes Schild, das ich im Vorbeifahren in mich aufnehmen konnte: Incentive Ranch, Private Property - ›Ansporn-Ranch, Privatbesitze Ich schaltete die Scheinwerfer aus, setzte zurück und steckte den Kopf aus dem Fenster. Es war kühler hier oben, eine Brise, die nach Staub und trockenem Gras roch. Schild - es war handgemacht, Nagelkopfbuchstaben auf Kiefernholz - schaukelte sanft über einem niedrigen breiten Holzbalkentor, mit einem Holzzaun verbunden, der den Zugang versperrte.
    Ich ließ den Motor laufen, stieg aus dem Seville und ging auf das Tor zu. Es gab lediglich ein wenig nach, als ich dagegendrückte, blieb aber verschlossen. Nach ein paar vergeblichen Versuchen fanden meine Zehen einen Halt zwischen den Planken, ich zog mich hoch und tastete mit der Hand die Innenseite des Tors ab: Metallriegel, großes Vorhängeschloß. Was dahinterlag, kaum zu unterscheiden im Sternenlicht: unten ein schmaler, unbefestigter Weg, der zwischen etwas durchführte, das wie große, hohe Bäume aussah. Berge im Hintergrund, scharf und schwarz wie

Weitere Kostenlose Bücher