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SÄURE

SÄURE

Titel: SÄURE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Grundstücks Efeu lichtete, und fragte ihn, wo Gina sei. In irgendeinem Krankenhaus in Santa Barbara, sagte er. Nein, er wüßte nicht, in welchem. Ich glaubte ihm, versuchte es aber trotzdem noch einmal an der Tür. Als ich wegfuhr, warf er mir einen traurigen Blick zu - oder vielleicht war es Mitleid, weil ich ihm nicht geglaubt hatte.
    Ich kam gerade die Einfahrt herunter auf die Straße, als ich von Süden her den braunen Chevrolet kommen sah. Er fuhr so langsam, daß er stillzustehen schien. Ich setzte zurück und wartete, und als er in die Auffahrt einbog, war ich bereit, sah aus dem Fenster und grüßte die erschrockene Bethel Drucker.
    »Tut mir leid«, sagte sie und legte den Rückwärtsgang ein. »Nein«, sagte ich, »bitte! Es ist niemand da, aber ich würde gern mit Ihnen reden.«
    »Gibt nichts zu bereden.«
    »Warum sind Sie dann hier?«
    »Weiß nicht«, sagte sie. Sie trug ein einfaches braunes Kleid, Modeschmuck, sehr wenig Make-up. Ihre Figur ließ sich nicht unterdrücken. Ich empfand kein Vergnügen dabei, sie anzusehen. »Ich weiß es wirklich nicht«, wiederholte sie. Ihre Hand blieb auf der Gangschaltung liegen.
    »Sie sind gekommen, um Ihre Aufwartung zu machen«, sagte ich. »Das ist sehr nett von Ihnen.«
    Sie sah mich an, als ob ich chinesisch geredet hätte. Ich ging vorn um den Wagen herum, stieg ein und setzte mich neben sie. Sie wollte protestieren, dann, mit einer Leichtigkeit, die eine lebenslange Ergebenheit verriet, nahmen ihre Gesichtszüge einen resignierten Ausdruck an. »Was ist?« fragte sie.
    »Wissen Sie, was geschehen ist?«
    Nicken. »Noel hat es mir gesagt.«
    »Wo ist Noel?«
    »Heute früh weggefahren, um bei ihnen zu sein.«
    Die unausgesprochenen Worte: ›wie üblich‹.
    Ich sagte: »Er ist ein großartiger Junge, Sie haben einen wunderbaren Sohn.«
    Ihr Gesicht zitterte. »Er’s so verdammt schlau, manchmal denke ich, er ist nicht von mir. Zum Glück erinnere ich mich an den Schmerz, als ich ihn rausgedrückt habe. Sie würden’s nicht glauben, wenn Sie ihn sehen, aber er war ein Brocken; neun Pfund, achtundfünfzig Zentimeter. Sie haben mir gesagt, er würde mal ein Fußballer. Keiner ahnte, wie schlau er werden würde.«
    »Geht er nach Harvard?«
    »Er sagt mir nicht alles, was er tun wird. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden, ich muß los, saubermachen.«
    »Das Tankard?«
    »Im Augenblick hab’ ich nichts sonst.«
    »Hat Don vor, es in nächster Zeit wieder zu eröffnen?«
    Achselzucken. »Er sagt mir auch nicht, was er vorhat. Ich will’s nur saubermachen, bevor der Dreck sich ansammelt.«
    »Gut«, lenkte ich ein, »kann ich Sie nur noch eins frag: etwas Persönliches?«
    Ihre Augen füllten sich.
    »Nur eine Frage, Bethel.«
    »Klar - warum nicht, was soll’s? Reden, Tanzen, für tos posieren, - alle kriegen sie von mir, was sie wollen.«
    »Ich wußte nicht, daß Sie ein Modell waren«, log ich. »Oh, ja, klar. Ha! Klar, ich war das große berühmte Mannequin, mit denen hier.« Sie strich sich mit den Händen über den Busen und lachte. »Ja, ich war eine ziemlich tolle Nummer, genau wie Gina. Wir beide paßten gut zusammen. Nur, es waren eben nicht Damen, die Kleider kaufen wollten, die mich angeguckt haben.«
    »Hat Joel diese Photos gemacht?«
    Pause. Ihre Hände lagen klein und weiß auf dem Lenkrad, preßten es, ein billiger Kameenring am Ringfinger.
    »Er und andere, na und? Ich war auf einer Menge Photos. Ich war ein Photo-Star. Sogar als ich schwanger war und bis hier - manche Leute sind auf die Art krank, sehen gern schwangere Frauen.«
    »Für jeden etwas«, sagte ich.
    Sie drehte sich abrupt zu mir um, aber ihr Ton war resigniert: »Sie machen sich über mich lustig.«
    »Nein«, sagte ich, »tue ich nicht.«
    »Sie haben mich gesehen«, sagte sie, »als ich gestern wegfuhr. Und jetzt wollen Sie wissen, warum.«
    Ich setzte an zu reden, aber sie brachte mich mit einem Schütteln ihrer Hand zum Schweigen.
    »Vielleicht finden Sie es dumm, daß man sich wegen so einem wie ihm aufregt, und ich bin mir auch selbst dumm vorgekommen, richtig dumm. Aber ich bin daran gewöhnt, dumm zu sein. Also was soll’s? Vielleicht fanden Sie es richtig schwachsinnig, geistig zurückgeblieben, weil Sie denken, er war totaler Schrott. - Nein, Moment, lassen Sie mich ausreden! Er war ein richtiger Scheißkerl, er hatte überhaupt kein Herz. Über alles wurde er wütend und drehte durch. Es mußte immer alles so laufen, wie er es haben wollte. Zum Teil kam

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