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Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Titel: Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waris Dirie
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Hause sind alle Frauen beschnitten. Nach der Vorführung haben wir lange über den Film und Ihre Botschaft diskutiert. Gemeinsam haben wir dann beschlossen, dass in unserer Familie kein Mädchen mehr beschnitten wird. Unsere Männer haben zum ersten Mal gesehen, wie grausam dieses Ritual ist.«
    Ein Lächeln zuckte um meine Mundwinkel, als ich ihre Worte hörte, und ich nickte ihr zu, damit sie weiterredete.
    Die dunklen Augen der Stewardess begannen zu glänzen. »Wir sind Ihnen so dankbar für alles, was Sie für uns Frauen in Afrika tun.« Dann griff sie an ihren linken Unterarm, an dem ein buntes Bändchen baumelte. »Ich habe hier ein Glücksband, das ich Ihnen gerne schenken möchte.«
    Bevor ich ihr antworten konnte, hatte sie das Armband von der Hand gezogen und überreichte es mir.
    »Bitte nehmen Sie es an, Sie würden mir damit eine sehr große Freude machen.«
    Wortlos vor Rührung griff ich nach dem Glücksbändchen und umarmte meine Leidensgenossin. Daraufhin knotete sie mir das bunte Band ums Handgelenk und lächelte mich zufrieden an.
    So einfach kann es auch sein, dachte ich, ganz ohne Vertrag, ohne Lebensmittellieferungen, ohne Sorgen. Der Film hatte letzten Endes mehr bewirkt, als ich je zu hoffen gewagt hatte. Offensichtlich hatte er zumindest einige Menschen dazu bewegt, endlich mit diesem sinnlosen Gemetzel aufzuhören.
    Die Flugbegleiterin wusste gar nicht, wie gut mir ihre Worte taten, gerade jetzt, in diesen Stunden des Zweifelns und Bangens um die kleine Safa.

[home]
    3.
    Der Film
    L ange hatte ich mich gegen die Verfilmung von
Wüstenblume
gesträubt. Schon kurz nach Erscheinen des Buches 1998 meldeten sich mehrere Produzenten aus Hollywood bei mir, die meine Lebensgeschichte auf die Kinoleinwände bringen wollten. Unzählige Konzepte wurden mir damals präsentiert, doch ein Exposé glich dem anderen. Waris Dirie als »afrikanisches Aschenputtel«, »von der Wüste auf die Catwalks«, »vom armen Nomadenmädchen zum Supermodel« – die Ansätze überzeugten mich alle nicht.
    Keine Frage, meine Flucht aus der Wüste, mein armseliges Leben in London, wo mich eines Tages in einem Fastfood-Restaurant der berühmte britische Fotograf Terence Donovan entdeckte, und die Tatsache, dass ich schließlich zu einem der bestbezahlten Models der Welt wurde – all das war genau der Stoff, aus dem Hollywoods Blockbuster gemacht wurden. Es war mir jedoch nicht genug. Denn das, worum es mir in meiner Biographie ganz besonders ging, wollte niemand thematisieren: FGM . Weibliche Genitalverstümmelung galt in der glamourösen Traumfabrik nicht gerade als Kassenschlager. Zwar wollten sie alle meine Erfolgsgeschichte verfilmen, aber die unvorstellbare Grausamkeit, die untrennbar mit meinem Leben verbunden war, die wollte niemand zeigen. Zum Unverständnis vieler lehnte ich aus diesem Grund jahrelang sämtliche Filmangebote ab.
    Eines Tages trat der britische Popstar Elton John an mich heran, der sich ebenfalls der Verfilmung von
Wüstenblume
annehmen wollte. Ich vertraute ihm und unterschrieb zunächst einen Vorvertrag mit seiner Filmproduktionsfirma Rocket Productions. Elton bemühte sich höchstpersönlich darum, ein Drehbuch nach meinen Vorstellungen schreiben zu lassen. Er lud mich sogar in sein Schloss nach London ein, wo mehrere Drehbuchautoren gemeinsam mit mir das Skript erarbeiten sollten. Sei es aufgrund meiner Sensibilität, wenn es um das weltweit tabuisierte Thema FGM geht, oder weil die Chemie zwischen mir und den Autoren einfach nicht stimmte, jedenfalls scheiterte das Projekt.
    Erst einige Zeit später begegnete ich mit dem deutschen Produzenten Peter Hermann und der Regisseurin Sherry Hormann zwei Menschen, die bereit waren, einen Film über mein Leben zu produzieren, der das wichtige Thema weibliche Genitalverstümmelung nicht ausklammert. Monatelang arbeitete Sherry Hormann an dem Drehbuch. Dank des Einfühlungsvermögens aller Beteiligten und meinem Mitspracherecht entstand so ein Film, mit dem – nein, für den – ich die nächsten Jahre leben konnte.
    Nach Fertigstellung des Streifens folgte die Promotion-Tour, die für mich einem seelischen Spießrutenlauf gleichkam. Kein Interview, in dem ich nicht über meine eigene Genitalverstümmelung sprechen musste. Keine Talkshow, in der man mich nicht über mein Sexualleben befragte. Natürlich war mir klar, dass es wichtig war, weltweit auf den Film und damit auf meinen Kampf gegen FGM aufmerksam zu machen. Dennoch saß ich im Anschluss

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