Safer (S)EX (German Edition)
„Was ist los?“, wollte Jared wissen.
„Ich glaube, das ist er.“ Sie raschelte mit einem zusammengehefteten Papierstapel. „Hört euch das an:
Liebe Miss Jayne,
Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf dass du lange lebest in dem Lande, das dir der Herr, dein Gott, gibt.
Es ist sehr schön, die Musik einer jungen Frau zu hören, die jene Botschaft aus dem zweiten Buch Mose versteht. Offensichtlich leben Sie nach guten, gesunden Wertvorstellungen. Ich vertraue darauf, dass Sie in diesem Sinne mit Ihrer Arbeit und Ihrem Leben fortfahren.
Gott segne Sie.
Ihr größter Bewunderer
Luther Menks
Sie sah zu den anderen auf. „Der kommt aus Tipton, Iowa.“
„Bingo“, murmelte Jared und streckte eine Hand nach den Briefen aus.
P.J. reichte sie ihm.
Nell zog die Stirn kraus. „Ich sehe eine Verbindung zu der Botschaft, die bei der Schlange lag, dass sie ihre Mutter nicht geehrt hat und so weiter“, sagte sie. „Und der Wohnort passt zur Ausstrahlung des Interviews, in dem du Marvin erwähnt hast. Aber das hier ist nicht gerade ein Drohbrief. Warum hat Colleen ihn zu der Post gelegt, die sie als bedenklich einstuft?“
„Das liegt an den Briefen, die dieser Menks nachfolgend schrieb“, erwiderte er.
P.J. nickte. „Colleen hat diesen Briefen Notizen beigefügt, in denen sie ihre Gründe erläutert. Das hier war der erste Brief von dem Typen, und sie haben ihn erst einmal in einen Ordner sortiert, in dem sie die Post einen Monat liegen lassen, bevor sie antworten. Wenn dann ein weiterer Brief kommt, den sie als bedenklich einstuft, sieht sie nach, ob von derselben Person schon andere Briefe vorliegen.“
„Was steht denn im zweiten Brief?“, wollte Hank wissen.
„Der klingt ähnlich wie dieser“, sagte Jared. „Er bewundert sie, sie ist eine der wenigen, die im heutigen Zeitalter der Respektlosigkeit noch das Vierte Gebot achtet, blablabla. Erst im dritten Brief wirft er ihr vor, dass sie die ersten beiden nicht beantwortet hat und dass sie es ihrer Mutter gegenüber wohl doch an Respekt mangeln lässt.“ Er sah zu P.J. und stellte fest, dass die Farbe, die sie beim Lesen der weniger beunruhigenden Briefe wiedererlangt hatte, erneut aus ihrem Gesicht gewichen war. „Ich weiß, dass das alles jetzt beängstigend ist, aber eigentlich sind es gute Neuigkeiten.“
„Ach ja?“, meinte sie kühl. „Ich habe den Stapel vorhin durchgeblättert und empfand seine Bemerkung, dass alle Männer der Stadt mich zu Tode steinigen sollten, als eher schlechte Neuigkeit.“
„Wie bitte?“, fragte Nell entsetzt.
„Das fünfte Buch Mose?“, hakte Hank nach, und als Jared nickte, erklärte er Neil: „Das Übertreten des Vierten Gebots war im Alten Testament eine Todsünde. Die Bibel nimmt in verschiedenen Büchern Bezug darauf. Allerdings war das nicht einseitig zu verstehen – in seinem Brief an die Epheser schreibt Paulus zum Beispiel, dass Eltern sich der Ehrerbietung ihrer Kinder auch würdig erweisen sollen. Unser Typ hier scheint jedoch selektiv zu lesen und nur die Passagen auszuwählen, die seinen eigenen Glauben stützen.“
„Was ihn zu einem Fanatiker macht, und das klingt gefährlich“, kommentierte Nell. „Und du findest, dass es gute Neuigkeiten sind? Warum?“
„Weil wir jetzt wissen, mit wem wir es zu tun haben“, entgegnete Jared ruhig. „Ich habe einen Namen und kann mehr Information beschaffen. Und Wissen ist Macht.“ Er sah wieder zu P.J. und wartete, bis sie seinen Blick erwiderte. „Die Macht, diesen Perversling aufzuhalten und einzusperren.“
P.J. schloss hinter Nell und ihren Musikern die Tür und lehnte sich erschöpft dagegen. Sie hatte das Gefühl, gerade aus einem dieser herumwirbelnden Jahrmarkt-Karussells gestiegen zu sein. In ihrem Kopf drehte sich alles, und ihr Magen fühlte sich ganz flau an. Am heutigen Tag hatte sie den anstrengenden Tourneealltag eigentlich unterbrechen wollen, aber stattdessen hatte sie ihn damit verbracht, unangenehme Briefe von sogenannten Fans zu lesen. Was konnte nun noch Schlimmeres kommen?
Da schrillte im Wohnzimmer ihr Handy.
P.J. zuckte zusammen, dann gemahnte sie sich zur Ruhe. Reiß dich zusammen, befahl sie sich selbst. Es kann ja nicht nur schlechte Nachrichten geben.
„Soll ich das Gespräch annehmen?“, fragte Jared.
„Nein.“ Sie stieß sich von der Tür ab und ging ins Wohnzimmer, wo sie ihr Mobiltelefon zum Laden an die Steckdose angeschlossen hatte. Auf der Anzeige sah sie, dass es ihr Manager war, der
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