Sag, dass du eine von ihnen bist
kommt sonst immer viel fröhlicher nach Hause.«
Der Fahrer brach gleich in angsterfülltes Flehen aus: » Mzee , ich heiße Karume. Paul Kinyanjui wa Karume … Ich bin ein ehrlicher, gottesfürchtiger Kenianer.«
»Und warum willst du dann die Tüten meiner Tochter stehlen?«
»Nein, bitte, nehmt die Tüten. Bitte«, wimmerte der Mann und versuchte, Baba daran zu hindern, dass er ihm in die Reifen stach.
» Aiie , Baba. Halt den Mund und mach uns keine Schande«, sagte Maisha kraftlos und schob dem Fahrer das Geld zu.
Baba sammelte die Tüten ein und ging von der Straße, lauter gute Gerüche in der Nase, als er plötzlich zu rennen begann, um den Koffer loszubinden, ehe Maisha in den Verschlag kam.
Der Fahrer stieg in seinen Wagen und wollte sich gerade das Geld in die Brusttasche stecken, als er plötzlich anfing, sich abzutasten. Baba stand in der Tür zum Verschlag und schaute zu. Fast hätte man meinen können, der Fahrer sei von Wan
derameisen befallen worden. Er öffnete die Reißverschlüsse seiner Taschen, nur um sie schnell wieder zu schließen, als lauerte der Dieb noch in der Nähe. Er zog den Mantel aus, dann sein Hemd, durchsuchte seine Sachen, zählte dem Firmament mit geschlossenen Augen auf, wo er zuletzt gewesen war, drohte unsichtbaren Sternen mit dem Zeigefinger. Er suchte in seinen Socken, kniete sich auf alle viere, suchte den nassen Boden ab und wischte sich die Schweißtropfen, die Tränen aus dem Gesicht. »Wo ist mein Geld?«, fragte er Maisha schließlich, als er endlich seine Stimme wiederfand. » Haki , eben gerade war es noch in meiner Tasche.«
Maisha rannte los und fiel kreischend über Baba her, bis dessen ernste Miene einem dümmlichen Grinsen wich. Kichernd wie die Zwillinge gab er das dicke Bündel Banknoten zurück. Der Fahrer dankte unwirsch und strich sich mit zitternden Händen die Kleider glatt. Sobald er die Zündkabel angeschlossen und den Motor gestartet hatte, röhrte er mit brüllender Hupe davon, der Scheinwerfer stierte wie ein schielendes Auge nach links oben in den Himmel.
Maisha taumelte in den Verschlag, die gefährlich hohen Stöckelschuhe über die Schulter geschwungen. Mama hatte Platz für sie und die Tüten gemacht und in unserem Heim Insektenvernichtungsmittel gegen Mücken versprüht. Meine Geschwister begannen zu husten. Als Maisha hereinkam, hielt sich Mama wie eine Putzfrau im Hintergrund und rang die Hände. Ich konnte Maisha nicht in die Augen blicken und wusste auch nicht, was ich sagen sollte.
»Guten Abend, Maisha«, platzte es schließlich aus mir heraus.
Sie blieb stehen, ihr müder Körper wie vor Schreck erstarrt. Sie suchte die Gesichter ihrer Eltern ab, ehe sie meine Stimme erkannte.
»Wer hat denn gesagt, dass du reden darfst?«
»Wenn du Vollzeit machst, hau ich ab. Keine Schule mehr.«
»Du gehst zur Schule«, erwiderte Maisha. »Ich hab das Schulgeld zusammen.«
»Abhauen? Ach, halt die Klappe, Jigana«, sagte Baba. »Bist du jetzt das Familienoberhaupt? Wenn plötzlich jeder bestimmt, gibt das nur Ärger. Unsinn, mtu dufu! Keiner läuft hier weg.«
Maisha funkelte uns wütend an, und wir drehten ihr alle den Rücken zu, als sie den Koffer aufmachte, um eine Decke herauszuholen. Der liebliche Geruch ihrer Jaguarabenteuer durchzog den Verschlag, überdeckte den schweren Geruch des Insektizids. Obwohl uns ihre Rückkehr stets daran erinnerte, dass das Leben besser sein konnte, hasste ich heute Abend ihr Parfüm.
»Ich und deine Mama wollen nicht, dass du Vollzeit machst, Maisha«, sagte Baba, der am Dreck unter seinen Fingernägeln herumkratzte. »Wir verbieten es.«
»Die Dinge bessern sich, Tochter«, sagte Mama. »Und danke, dass du unsere Schulden bezahlt hast.«
»Gern geschehen, Mama«, erwiderte Maisha.
Mama war es so gewohnt, nicht beachtet zu werden, dass ihr Gesicht überrascht aufleuchtete. Sie öffnete den Mund und wollte etwas sagen, aber nichts kam heraus. Schließlich schluchzte sie » Asante , Maisha, danke für alles!«, verbeugte sich mehrmals und hielt dabei die Hände wie zum Gebet gefaltet. Die Frauen schauten sich auf eine Weise an, wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte. Sie umarmten sich und hielten sich umklammert, als wären ihre Hände Seile, die beide Leiber aneinanderfesselten. Trotz der Kälte traten Mama Schweißperlen auf die Stirn, und ihre Finger zitterten, als sie Maisha half, Ohrringe und Halskette abzunehmen. Behutsam legte Mama sie beiseite.
Ich traute Mama zu, dass sie Maisha
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