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Sag, dass du eine von ihnen bist

Sag, dass du eine von ihnen bist

Titel: Sag, dass du eine von ihnen bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwem Akpan
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Glühbirne an einem Weihnachtsbaum. Das linke Auge wirkte größer als das rechte, weil die Narbe das untere Lid verzog. Dies zusammengenommen war auch der Grund, warum ihn manche Leute Smiley Kpee nannten.
    Ein zweifarbiges, blausilbernes Motorrad, eine 125er-Nanfang, war die letzte größere Anschaffung, die Fofo Kpee in jenem Monat machte, in dem unser Leben sich zum Besseren wenden und das Gabun-Geschäft Formen annehmen sollte. Er hatte vor, mit dem Motorrad Flüchtlinge über die Grenze zwischen Benin und Nigeria zu bringen, um unser Familieneinkommen ein wenig aufzubessern.
    Nie habe ich jenen windigen Dienstagabend vergessen, an dem ihn ein drahtiger Mann auf dem neuen Motorrad zu unserem Zweizimmerhaus mit Meeresblick brachte. Ich lief hinter dem Haus hervor, wo ich abakaliki -Reis gekocht hatte, um Fofo Kpee zu begrüßen. Sein Lachen war lauter als das leise Brummen der neuen Maschine. Unser Haus lag ein wenig abseits von einer viel befahrenen Sandpiste, zu der ein schmaler, staubiger Pfad führte. Links und rechts vom Pfad und rund ums Haus erstreckte sich eine Maniokfarm, ein flacher Keil zwischen hohem, dichtem Gebüsch, Bananenstauden und Pisangfeigen, und unserer Unterkunft. Bis zum nächsten Nachbarn war es ein halber Kilometer die Piste hinunter.
    Ich war barfuß, mein Oberkörper nackt, und ich trug die meergrünen Shorts, die Fofo mir gerade erst gekauft hatte; meine Füße waren noch schmutzig vom Fußballspielen. Als das Motorrad kam, baute Yewa Sandburgen unter dem Mangobaum vorm Haus.
    »Nur zwei, Smiley Kpee?«, rief der Mann enttäuscht, der uns Fofo zurückbrachte. »Nix da, iro o ! Wo ist der Rest?«
    »Ah, non , Big Guy, siehst sie schon noch … beaucoup «, sagte Fofo, und ein leises Glucksen entwich seinem schiefen Mund. Er wandte sich zu uns um: » Mes enfants , he, sagt hallo zu Big Guy!«
    »Guten Abend, monsieur !«, riefen wir und verbeugten uns bis auf den Boden.
    Der Mann schenkte uns keine Beachtung, wandte sich ab, zog die schmale Stirn in Falten und suchte mit großen Augen die Piste ab. Er hatte eine kleine, spitze Nase. Der Kopf war frisch rasiert, die Wangenknochen aber überzog schütterer Bartwuchs. Er trug enge Jeans und Sandalen, dazu ein zu großes, schmutzigweißes Kordhemd, das ihm trotz des heftigen Windes wie ein aufgerolltes Segel schlaff um die dürre Gestalt hing. Wäre nicht seine Körpergröße und diese eindrucksvolle Präsenz gewesen, hätte er irgendeiner der vielen agbero sein können.
    »Komm, lass uns reingehen, mein Freund, abeg «, bat ihn Fofo Kpee. »Setz dich und trink was. Ein Heineken, Star, Guinness?« Er wandte sich an mich: » Va acheter , Kotchikpa, hol ihm zu trinken.«
    » Rien  … nix!«, erwiderte Bug Guy langsam und bestimmt mit einer über dem fernen Meeresgemurmel kaum zu vernehmenden Stimme.
    Bis auf die Aufforderung, doch etwas zu trinken, konnten wir nicht verstehen, worüber geredet wurde. Aber das kümmerte uns nicht. Mit einem agbero als Onkel waren wir Leute gewohnt, die zu jeder Tageszeit kamen und ihn mit irgendwas behelligten. Deshalb wussten wir auch, dass er auf das Drängen des Fremden nur mit einem Lachen antworten würde.
    »Wir haben nie von zwei geredet, immer von fünf«, sagte Big Guy und wedelte dabei mit seiner Hand vor Fofos Gesicht herum; einige Finger endeten in dunkel verfärbten Nägeln. »Wo sind die jetzt, die anderen Kinder?«
    Fofo wich vor den Fingern zurück und sagte: »Weißt du nicht, was ich mit deinen Leuten abgemacht hab?«
    » Quel peuple? «, höhnte Big Guy.
    »Deinem Boss«, sagte Fofo Kpee.
    »Aber tu dois mit mir zu tun – directement !«
    »Ach, non, abeg , lass uns erst ein bisschen feiern. Gbòjé  … relax.«
    »Nein, ich mein das verdammt ernst. Just moi .«
    »Du? Du willst mir sagen, wie's läuft?«
    »Ich betrüg dich nicht und mach dir keine Angst, aber so läuft's nun mal bei unsren Geschäften … Und ich warne dich, spiel nicht mit dem Feuer.«
    »Keine Panik«, beschwichtigte ihn Fofo. »Dieses Geschäft machen wir zusammen. Alles unter Kontrolle.«
    Big Guy zuckte die Achseln und musterte seine Umgebung, der Blick so misstrauisch wie der eines Reisenden, den man an der Grenze übervorteilt hat. Angewidert betrachtete er erst mich, dann meine Schwester und wandte schließlich den Blick ab. In der Ferne hing die Sonne wie ein goldener Ball im Laub der Kokosnussplantage, als bewachte sie den Zugang zum Atlantischen Ozean. Das wilde, grau schäumende Wasser, das uns ins

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