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Sag, dass du eine von ihnen bist

Sag, dass du eine von ihnen bist

Titel: Sag, dass du eine von ihnen bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwem Akpan
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entgegen.
    »Entschuldigung, tut mir leid«, wimmerte Emeka. »Ich sag kein Wort mehr. Bestimmt.«
    »Halten Sie einfach die Klappe!«, sagte die Polizei und stellte die TV -Geräte lauter. »Der Fernseher läuft wieder.«
    »… Im Namen unseres Volkes«, sagte Yohanna Tijani gerade, »möchte ich euch Christen danken. Wärt ihr nicht gewesen, die ihr uns versteckt habt und für uns gestorben seid, und wäret ihr nicht, die vielen, die mit uns hier in diesen Kasernen sind, wäre alles noch viel schlimmer gekommen … Ich möchte mich insbesondere bei der Familie bedanken, die mich unter dem Altar des Herz Jesu versteckt und den Rosenkranz gebetet hat, als die Bakassi Boys ihr Haus stürmten … Meine Frau, eine Ibo der Pfingstkirche, die mit ihrer Familie zu Besuch war, hat nicht so viel Glück gehabt. Sie wurde von ihren eigenen Leuten ermordet, weil sie Muslime versteckt hielt, zu denen auch unser eigener Sohn gehörte … Alle behaupten, unsere Generäle im Norden, die euer Ölgeld gestohlen haben, seien verantwortlich für diesen Verrat an der nationalen Einheit, für die extreme Armut im Land. Tatsächlich aber sind die meisten von uns weder mit Generälen bekannt noch verwandt. Wäre dem so, wären wir auch reich, und unsere Kinder würden im Ausland studieren. Was immer die Generäle tun, was immer die Politiker auch sagen, wir flehen euch an, folgt eurem Herzen und verschont einander. Die da oben verlieren keine Frauen und Kinder, nur wir. Ihr Geld ist sicher angelegt und wirft Zinsen ab in Europa, Amerika, Asien oder im Nahen Osten, doch woher sollen wir das Geld nehmen, um unser Leben neu aufzubauen?« Ton und Bild brachen erneut zusammen, die Bildschirme wurden schwarz.
    Mit wummerndem Herzen saß Jubril im Dämmerlicht des
Busses, überwältigt von der Bitte des Mannes und dem Wunder des Fernsehens. Er hatte gehofft, dem Töten in Khamfi, dem Anblick von Blut entronnen zu sein, doch nach dem, was er gerade gesehen und von Yohanna Tijani gehört hatte, breitete sich der Irrsinn längst bis in den Süden aus. Seine Gedanken wanderten zurück zu dem Mob um Lukman und Musa, zu dem Mob, der in Mallam Abdullahis Haus eingedrungen war. Er presste die Zunge an die Zähne, bis es schmerzte, und hoffte gegen sein besseres Wissen, dass die Fernsehbilder gestellt gewesen waren.
    Im Halbdunkel war gut zu erkennen, dass die Flüchtlinge – bis auf den schlafenden, verrückten Soldaten – ziemlich nervös waren. Es berührte sie, was der Mann aus dem Norden gesagt hatte, aber sie wollten das genaue Ausmaß der Schäden wissen. Würden sie es bis in den Süden schaffen? Oder würden sie vom Militär aufgehalten werden, da man sie für eine Busladung Leichen hielt? Sie machten sich Sorgen; seit dem Krieg zwischen Nigeria und Biafra hatte ihr Volk die wiederholten Massaker an ihren Landsleuten im Norden nicht vergolten, und alle hatten Angst. Ihnen war klar, dass die Lokalsender nicht bereit waren, umfassend über die Aufstände im Süden zu berichten. Also bedrängten sie die Polizeibeamten, das Satellitenprogramm wieder einzuschalten, da niemand glaubte, dass die Lokalsender allzu viel preisgaben.
    »Keine Sorge«, erwiderte die Polizei, »wir sind schließlich kein Luxusleichenwagen, okay? Die halten uns schon nicht an.«
    »Wir wollen Satellitenfernsehen!«
    »Als Abacha Saro-Wiwa wegen unseres Öls umbrachte, haben wir zuerst übers ausländische Fernsehen davon erfahren!«
    »Und als Abacha starb, hat die ausländische Presse zuerst darüber berichtet!«
    Die Polizei wies den Fahrer an, die Warnblinkanlage abzustellen und die Innenbeleuchtung einzuschalten, damit der Bus
nicht mit einem Leichenwagen verwechselt wurde. Der Fahrer gehorchte. Die Aufregung der Passagiere stieg und fiel mit jeder Kurve, die der Bus nahm, doch drängten einige Passagiere darauf, das Tempo noch zu erhöhen: Tod durch Unfall schien ihnen wünschenswerter als eine der Todesarten, die sie bei den ethnischen Säuberungen an den beiden Enden des Landes erwarten mochten.
    Als ihnen die ersten Fahrzeuge in umgekehrter Richtung entgegenkamen – vor allem Traktorgespanne und die Sorte kleinerer LKW s, die sonst Kühe vom Norden in den Süden transportierten –, wollten selbst die Polizisten wissen, wie nun die Lage im Süden genau war. Sämtliche Fahrzeuge schienen unterwegs nach Norden zu sein, strahlend hell leuchtend, dazu Dauerhupe gedrückt und Warnblinker an. Auch Luxusleichenwagen waren auf dem Weg nach Norden.
     
    Da er die

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