Sag, dass du eine von ihnen bist
ist jünger als Papa, weil Papa spät geheiratet hat«, sagten wir.
» D'accord … einer nach dem anderen … Mary?«
»Mama ist jünger als Papa, weil Papa spät geheiratet hat.«
»Bon … Pascal?«
»Mama ist jünger als Papa, weil er spät geheiratet hat.«
»Du sollst nix ändern, dummer Junge!«
»Mama ist jünger als Papa, weil Papa spät geheiratet hat.«
»Nicht gut genug. Du sollst lächeln, wenn du das sagst … so wie Mary.« Er ging zu Yewa, wischte ihr den Schweiß von der Stirn und fächelte ihr ein bisschen Luft mit dem Handtuch zu, ehe er wieder zur Lampe ging. »Gutes Mädchen, braves Mädchen«, lobte er sie.
Yewa tippte mir auf die Schulter und sagte: »Mach es mir einfach nach.« Ich wiederholte die Zeile, lächelte, und beide waren zufrieden. Fofo fummelte am Lampendocht herum, um die sterbende Flamme wieder anzufachen. Ich ging ins Hinterzimmer und holte den Reservekanister Petroleum.
»Ah, merci beaucoup , Söhnchen«, sagte er. »Willst uns wohl zeigen, dass wir die Armut vergessen können?« Er bezog sich auf jene Tage vor der Ankunft der Nanfang, als wir uns die Ration Petroleum mit einer Lucozadeflasche genau einteilen und uns mit den Hausaufgaben beeilen mussten, damit die Flamme nicht ausging, ehe wir damit fertig waren. Jetzt aber goss er den Ölbehälter voll, bis die Flamme zischte und flackerte und ordentlich aufloderte. Während er Petroleum nachschenkte, hielten Yewa und ich unsere Hände unter die Lampe und fingen ein paar Tropfen auf, kühle Spritzer der Wonne in dieser Hitze.
»Okay, weiter geht's mit Schule«, sagte Fofo Kpee. »›Wir wohnen in der Rue de Franceville, nombre douze, Port-Gentil, Gabun.‹«
»Wir wohnen in der Rue de Franceville, nombre douze , Port-Gentil, Gabun«, sagten wir und wiederholten es dann einzeln.
»›Unsere Eltern leiten die kleine NGO : Grace Earth.‹«
»Unsere Eltern leiten die kleine NGO : Grace Earth«, sagten wir.
»Wie heißt die NGO , mes enfants ?«
»Grace Earth«, wiederholten wir.
»›In unserer Familie sind wir vier Kinder … Wir wurden alle in Port-Gentil geboren … Manche unserer fofos leben in Benin und Nigeria … Wir waren bei ihnen auf Besuch … Es war ein schöner Besuch. Wir fahren jedes Jahr hin.‹«
Wieder und immer wieder sagten wir diese Zeilen auf, bis wir trotz der Hitze fast eindösten. Fofo schien zufrieden zu sein und erklärte den Unterricht für beendet, der für uns wie Medizin gewesen war, die wir zum Schlafen brauchten.
Am nächsten Morgen saßen wir träge und müde in der Schule, und unsere Nasen liefen, als hätten wir Schnupfen. Selbst auf dem Fußballplatz war ich so langsam und unkonzentriert, dass unser Sportlehrer, Monsieur Abraham, mich als kreativen Mittelspieler auf die Ersatzbank setzte und meine Freunde damit drohten, mich nicht mehr Jay Jay Okocha zu rufen. Nach dem Spiel fragte mich Monsieur Abraham, ein hochgewachsener, fröhlicher, athletischer Mann, noch einmal ernstlich nach dem Grund für mein mangelndes Durchhaltevermögen. Er wollte wissen, ob Fofo Kpee mich gut behandelte und ob ich genügend Schlaf und reichlich zu essen bekam. Ich verriet nichts, aber er gab nicht auf und behielt mich im Auge, denn ich sei, wie er behauptete, für seine Mannschaft sehr wichtig. Außerdem, sagte er, hätte er ähnliche Symptome bei meiner Schwester bemerkt. Er lächelte oft zu uns herüber, und meine Schwester begann, Gefallen an seinen prächtigen Zähnen zu finden. Jeden Nachmittag holte er uns und gab uns Glukose, um uns aufzupäppeln. Wir fragten uns, womit wir so viel Aufmerksamkeit verdient hatten.
Abends kaute Fofo Kpee jede Menge Kolanüsse, um länger wach bleiben und unsere Fortschritte prüfen zu können. Immer wieder stellte er uns Fragen über Gabun, doch wir wussten die Antworten. Irgendwann schlief er ein, sah am nächsten
Morgen aber übernächtigt und verdrießlich aus, die Lippen rot gefärbt, in den Mundwinkeln Kolanussreste.
Manchmal brauchten wir uns morgens vor der Schule nicht zu duschen, weil Fofo uns ständig mit einem feuchten Handtuch abrieb. Einmal konnten wir auch nicht zur Schule gehen, weil sich überall an unserem Körper ein Ausschlag wie feine Gänsehaut gebildet hatte. Fofo Kpee besorgte uns efun , die ortsübliche in Wasser aufgelöste Zinksalbe, mit der er uns von oben bis unten begoss. Wie kleine weiße Gespenster liefen wir durchs Haus. Tagsüber ermunterte uns Fofo, außer Haus zu spielen, da er meinte, draußen würde die
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