Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)
hat aus einer dicht bewaldeten Gegend knapp einen Kilometer nördlich des Konferenzzentrums angerufen. Der Fehlerbereich beträgt etwa zweihundert Meter, weil das Signal von den Bäumen abgelenkt werden könnte. Ich bin jetzt auf dem Weg dorthin.« Er ruft irgendwem zu, dass er den Fahrstuhl aufhalten soll. »Wo sind Sie?«
»Im Haus der Martinez.« Ich blicke zu Ruiz. »Emily Martinez ist heute nicht in der Apotheke aufgetaucht, wo sie hin und wieder aushilft, und in der Küche liegt zerbrochenes Geschirr. Vielleicht wollen Sie ein Team der Spurensicherung vorbei schicken.«
»Wo ist Phillip Martinez?«
»Er ist nicht hier.«
Es entsteht eine Pause. Drury ist stehen geblieben. »Was sollte ich wissen, Professor?«
»Piper hat gesagt, dass George ein Foto von Emily in der Brieftasche hatte.«
»Und Sie denken an Phillip Martinez?«
»Ich glaube, wir sprechen von derselben Person.«
»Warum hat Piper das nicht gesagt?«
»Ich bezweifle, dass sie Phillip Martinez je getroffen hat oder weiß, wie er aussieht. Martinez ist erst nach der Scheidung nach Abingdon gezogen. Er hat erst nach dem Zusammenbruch seiner Frau um das Sorgerecht für seine Tochter gekämpft.«
»Warum sollte er Piper und Natasha entführt haben?«
»Er hat zwei Jahre um das Sorgerecht für Emily gestritten. Er hätte sie sich bestimmt nicht von irgendjemandem wegnehmen lassen. Er behandelt sie wie seinen persönlichen Besitz. Als ob sie ihm gehören würde.«
»Aber Sie haben gesagt …«
»Er entspricht dem psychologischen Profil. Er hat eine medizinische Ausbildung. Er war auch zu Hause, als Piper am letzten Abend der Kirmes vorbeigekommen ist. Er könnte ihre Unterhaltung mit Emily belauscht haben. Deshalb wusste er, dass sie vorhatten abzuhauen.«
»Sie haben gesagt, die Entführung wäre wahrscheinlich im Voraus geplant gewesen.«
»Ich habe gesagt, er hat die Mädchen aus einem bestimmten Grund ausgewählt. Es war nicht zufällig.«
»Was ist mit den Briefen an Emily und Aiden Foster?«
»Das hätte Martinez organisieren können. Er hat damit gerechnet, dass die Briefe der Polizei übergeben würden. Er wollte Sie auf eine falsche Fährte locken.«
»Aber er hat Emilys Brief selbst aufs Revier gebracht.«
»Das war ein Test. Er wollte herausfinden, wie viel Sie wissen.«
Ich höre Drury durch das Telefon atmen. Dann schirmt er den Hörer ab und ruft den Flur hinunter. » Geben Sie eine Vermisstenmeldung für Emily Martinez heraus .«
Es ist dunkel.
Solange ich den harten Boden unter meinen Füßen spüre, weiß ich, dass ich noch auf der Straße bin, doch den Pfützen kann ich nicht ausweichen. Der Regen hat nachgelassen. In der Ferne sehe ich Blitze über den Bäumen zucken, gefolgt von rollendem Donner.
Das Handy ist immer noch in meiner Tasche. Das Display leuchtet auf.
Ich rufe die letzte Nummer an.
»Daddy?«
»Piper! Gott sei Dank! Wir haben uns Sorgen gemacht.«
»Ich hab das Telefon fallen lassen. Meine Hände waren so kalt.«
»Ist alles in Ordnung? Wo bist du?«
»Auf einem Feldweg.«
»Kannst du Lichter sehen?«
»Nein. Sag ihnen, sie sollen sich beeilen.«
»Mach ich.«
»Haben sie Tash gefunden?«
Daddy antwortet nicht. Joe übernimmt das Telefon.
»Was ist los?«, frage ich.
»Dein Vater braucht einen Moment. Er ist ein wenig überwältigt. Ich muss dir ein paar Fragen stellen.«
»Okay.«
»Bist du weit gelaufen, seit wir zuletzt miteinander gesprochen haben?«
»Es fühlt sich weit an, weil meine Füße wehtun, aber ich glaube, das stimmt eigentlich nicht.«
»Wo bist du jetzt?«
»Auf einem Feldweg. Ich bin an einem alten verlassenen Haus und einer Scheune vorbeigekommen.«
»Okay, bleib einfach dran, ich gebe diese Informationen an die Polizei weiter.«
Ich höre, wie er mit jemandem spricht.
»Okay, Piper, was kannst du von der Straße aus sonst noch sehen?«
»Jetzt gar nichts mehr, es ist zu dunkel. Vorher einen Strommast auf einem Feld.«
»Hast du den Fluss gesehen?«
»Nein.«
»Und die Eisenbahngleise?«
»Als ich in dem Keller war, habe ich immer Züge gehört.«
»Das ist eine gute Information, Piper. Noch eine Sache: Hast du jemals Emilys Vater getroffen?«
»Nein.«
»Weißt du, wie er aussieht?«
»Nein. Wieso?«
»Der Mann, den du George nennst – hattest du den vorher schon einmal gesehen?«
»Ich glaube nicht. Aber er wusste Dinge über uns. Er wusste, dass wir bei Aiden Fosters Prozess ausgesagt haben. Er wusste, dass Daddy in der City arbeitet und dass
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